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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition)
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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den Zugang zu Hlebniks Tunnel frei.
    »Und wie konntest du wissen, dass der Bulibascha nichts von Hlebniks Bücherwand wusste?«
    Tutunaru legt den Goldbarren in die Kiste zurück.
    »Kennst du das Sprichwort: ›Wer nichts riskiert, trinkt keinen Champagner‹? Das ist einer von diesen Fällen, wo am Ende Champagner getrunken wird!«, sagt Pitirim und gibt der Italienischlehrerin Nadja Pilipciuc einen Kuss. »Und jetzt lass uns lieber die Kisten runtertragen. Das sind immerhin 62   Kilogramm Gold, beim jetzigen Goldpreis mindestens 50   000 US -Dollar pro Goldbarren! Wir haben hier 62 italienische Staatsbürgerschaften, mindestens. Und das ist ein Grund zur Freude! Tante Agnieszkas Begräbnis in Krakau wartet auf uns, Vadim. Italien wartet auf uns, Vadim. Das Speditionsunternehmen wartet auf uns, Vadim! Und unser Speditionsunternehmen zwischen Italien und Moldawien wird der Dreh- und Angelpunkt der künftigen moldawischen Diaspora in Italien sein. Wir werden vielen Mitmoldawiern helfen können, Vadim! Und das ist ebenfalls ein Grund zur Freude! Deswegen wär ein bisschen mehr Enthusiasmus deinerseits durchaus angebracht, Vadim …«
    Pitirim Tutunaru, Nadja Pilipciuc und Vadim der Maler schieben den Stechkarren durch die Bücherwand und verschwinden in Hlebniks Tunnel.

BULIBASCHAS BEICHTE
    1991. DONDUȘENI, REPUBLIK MOLDOVA
    Schuld
    In Bulibaschas Geländewagen sitzen Nichifor der Reine, der den Wagen lenkt, sowie Tudorel-Deomid Balmus selbst. Mihailytsch der Major befindet sich nicht im Auto – den hat der Bulibascha bereits nach Hause entlassen, zu seiner Ehefrau Swetlana.
    Die beiden Otacier Roma fahren auf der holprigen Dondușenier Frunse-Straße. Der Bulibascha sieht gedankenverloren durch die getönten Fensterscheiben auf die Häuser hinaus, die mit ihren reich verzierten Giebeln und Wänden eines nach dem anderen am Bulibascha vorbeiziehen.
    Sie erreichen die Kreuzung zum Lenin-Boulevard, der gerade erst in »Unabhängigkeitsboulevard« umbenannt wurde. Nichifor setzt den Blinker, und sie biegen ab auf den Unabhängigkeitsboulevard. Dort passieren sie zuerst das Dondușenier MOLDFELDOBSTGEMÜS -Konservenkombinat, von dessen Eingangsbereich bereits das Wappen der Moldawischen SSR heruntergerissen und durch den moldawischen Adler mit orthodoxem Kruzifix im Schnabel und jeweils Schwert respektive Morgenstern in den Krallen ersetzt wurde. Eine frische moldawische blau-gelb-rote Fahne weht auf dem Flaggenmast des Kombinats, wo noch einige Tage zuvor die sowjetische Flagge mit fünfzackigem Stern, Hammer und Sichel ihren angestammten Platz hatte.
    »Hast du ihr mein Petschaft für Tutunaru übergeben, Nichifor?«
    »Ja, aber jetzt hab ich selbst keins mehr.«
    »Ich hatte auch nur eins dabei und hab das dem Ilytsch gegeben. Keine Sorge, du kriegst ein neues, wenn wir im EL GITANO sind.«
    »Na hoffentlich.«
    »Und, was hat das Medium gesagt?«
    »Lidia Iwanowna hat gemeint, dass sich der Tutunaru über die Bombe beschwert hat.«
    »Tja, die Bombe war eine Schnapsidee. Hätte auf den Mihailytsch nicht hören sollen. Aber andererseits, 62   Kilo Gold einfach so gehen zu lassen … ist auch nicht meine Art. Wie konnten sie das eigentlich überleben? Hat die Lidia Iwanowna jetzt neuerdings so krasse Antisprengstoff-Schutzzauber oder was?«
    »Darüber haben wir nicht gesprochen. Ich meine, sie war sowieso nicht sehr erbaut wegen der Bombe. Außerdem hat Tutunaru extra darauf bestanden, dass Hlebnik dir noch drei weitere Tage erscheint …«
    »Verdammt!«
    »Danach kannst du alles so machen, wie es in der Beschreibung steht, und du wirst die Halluzinationen und das Bettnässen los.«
    »Hat das Medium sonst noch etwas gesagt?«
    »Sollte jemandem von Ilytschs oder Tutunarus Leuten, Ilytsch, Tutunaru oder Lidia Iwanowna selbst etwas passieren oder solltest du oder mit dir assoziierte Leute versuchen, die Zuckerfabrik von Dondușeni, Hlebniks Datscha oder Hlebniks Goldbarren gewaltsam zurückzunehmen, wirst du die Halluzinationen und das Bettnässen nie wieder loswerden.«
    »Also ist es in meinem Interesse, dass alles so bleibt, wie es ist, und nichts passiert?«
    »Richtig.«
    Der Bulibascha schweigt.
    So fahren sie wortlos an der Dondușenier Brotfabrik vorbei und den hügeligen Teil des Unabhängigkeitsboulevards Richtung Stadtausfahrt hoch. Und lassen nacheinander die Stadt und dann auch den Dondușenier Wald, aus dem gar nicht so selten Muffelwild und gestresste Wildsäue mit ihren gehorsamen Frischlingen
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