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Zu viele Flueche

Zu viele Flueche

Titel: Zu viele Flueche
Autoren: A. Lee Martinez
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werden. Man muss sie dorthin zurückschicken, wo sie herkam. Als meine gütige Seite das erkannte, traf sie sie an ihrem einzigen schwachen Punkt, dem Einzigen, was sie tun konnte, um zu verhindern, dass Die Tür geöffnet wurde.«
    Die Fackeln flackerten und verdüsterten sich.
    »Es tut mir leid, Nessy.«
    Sie lächelte. »Es musste sein.«
    »Du bist wirklich eine versöhnliche Seele.« Die Fackeln flammten wieder auf. »Ich habe noch einen Zauber übrig, eine einzige Zauberformel, die von Margle in mich hineingelegt wurde. Mit ihr kann ich meinen Herrn wieder zum Leben erwecken. Mit ihr kann ich mich meiner dunklen Seite in den Weg stellen.«
    »Dann bring mich ins Leben zurück, damit ich das tun kann!«, rief Margle und klang dabei ziemlich kindlich.
    »Ich kann aber nur einen Herrn haben.« Die Stimme wurde hart und kühl. »Und wer von euch beiden das sein wird, muss noch festgelegt werden.«
    Die Fackeln flackerten. Ein Grollen rollte die Treppen herauf und Schatten krochen über die Wände.
    »Meine dunkle Seite ist zwar stärker, aber dieser Zauberspruch ist ein Zauber des Lebens und der Heilung. Dadurch fällt er in den Bereich meiner menschlicheren Seite. Und so stehe ich vor einer Art Dilemma.
    Margle besitzt als großer Zauberer die Macht und das nötige Wissen, Tiama ganz einfach in ihr Gefängnis zurückzuwerfen. Aber er ist auch eine unrettbar verdorbene Seele und besitzt keine einzige bewundernswerte Eigenschaft. Zumindest keine, die meine freundlichere Hälfte bewundernswert findet.
    Nessy dagegen ist ein wunderbares Wesen und jemand, von dem ich glaube, sie kann noch viel mehr lernen. Aber ihr fehlt die Macht, und auch wenn ich auf ihr Können vertraue, muss ich mich fragen, ob dieses Problem über ihre Fähigkeiten geht.«
    Die Wände bebten. Die Steine unter ihren Füßen verschoben sich. Ein schauriger Klagelaut erfüllte das Schloss.
    »Meine dunkle Seite wird langsam ungeduldig. Tiama könnte in ihrer blinden, unkontrollierten Wut das Schloss und alles, was darin ist, vernichten, sich selbst eingeschlossen.« Das Stöhnen kühlte die Luft ab und bösartige Schatten schlängelten sich durch die Risse in den Wänden. »Vielleicht wäre das auch das Beste.«
    Nessy trat vor, obwohl die große Seele überall um sie herum war, sodass es eher eine Geste für sich selbst als für das Schloss war. »Ich kann sie aufhalten.«
    Margle lachte. »Sei nicht albern.«
    »Ich kann sie aufhalten.«
    »Das ist lächerlich!«, schrie Margle jetzt. »Du willst das doch nicht wirklich diskutieren? Ich bin dein Meister! Ich habe dich geschaffen! Du würdest ohne mich gar nicht existieren! Was hat dieser Hund getan? Ein paar Flure gefegt? Ein paar Bücher alphabetisch geordnet? Selbst diese einfachen Aufgaben wurden kein einziges Mal zu meiner Zufriedenheit erledigt, und ich werde mich nicht mit diesem … Ding messen!« Dann trat er Nessy, die nicht darauf vorbereitet war und hinfiel. Noch zweimal trat er sie, und zwar so fest es seine dünnen Beine erlaubten. Die verzerrten, dunstigen Ghule kicherten. Er zog seinen Fuß für einen vierten Tritt zurück, als Nessy wegsprang.
    Sie biss in seinen Knöchel, er schrie. Und sie entdeckte, dass Geister tatsächlich bluten können. Sein gallebitteres Blut brannte auf ihrer Zunge und reizte ihren Gaumen. Doch sie versenkte ihre Zähne noch tiefer. Margle heulte und versuchte vergeblich, sie abzuschütteln, bis sie von sich aus losließ.
    Sie blieb auf allen vieren und knurrte, unterbrochen nur von angriffslustigem Bellen. Sie fletschte die Lippen und gab den Blick auf scharfe, blutbefleckte Reißzähne frei, die viel länger und spitzer waren, als es Margle je bewusst gewesen war. Ihre Augen, sonst leuchtend und aufgeweckt, waren jetzt zwei schwarze Perlen der Verachtung.
    »Selbst die geduldigste Seele hat ihre Grenzen, Meister«, sagte das Schloss. Seine ghulischen Schatten lachten auch darüber.
    Nessy rückte vor. Margle wich auf seinem verletzten Bein hinkend zurück. Sie war zwar nur ein kleines Wesen, aber ohne seine Zauberkunst hatte er wenig Chancen, ihre Bisse zu verhindern. Als er mit dem Rücken an der Wand stand, kauerte er sich zusammen, die Arme und Beine eng an den Körper gezogen. Und er zitterte in einer Pfütze seines eigenen Blutes.
    »Nicht. Tu mir nichts.«
    Doch sie wollte es so gern. Ein Biss für jede Beleidigung. Ein Hieb mit ihren Krallen - für jede zugefügte Verletzung. Ein Tropfen Blut für jedes fluchbelegte Opfer seiner Grausamkeit.
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