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Zu viele Flueche

Zu viele Flueche

Titel: Zu viele Flueche
Autoren: A. Lee Martinez
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Stimme genommen. Da ihr jegliche Gestalt fehlte, konnte sie zumindest frei im Schloss herumstreifen.
    »Er ist wieder da.«
    Nessy spitzte ihre großen, flauschigen Ohren. Sie hörte ein entferntes Donnern, das stets die Rückkehr ihres Meisters anzeigte. »Danke, Echo.«
    Die Stimme antwortete nicht. Oder sie war schon wieder fort. Es war unmöglich zu wissen, aber in Margles Schloss war man niemals wirklich allein. Nessy sprang auf den Boden hinunter.
    »Du bist noch nicht fertig!«, protestierte Gareth.
    »Ich komme wieder. Dann kannst du mir alles darüber erzählen, wie du gestorben bist und mit den Herren der Unterwelt ringen musstest, um aus dem Grab zurückzukehren.«
    »Das ist eine gute Geschichte. Pass auf, ich war gerade im Kampf gegen eine Armee von Eidechsenmenschen abgeschlachtet worden. Ich hatte sie besiegt, aber um den Preis meines eigenen Lebens …«
    Nessy ging, während er weiterredete. Gareth hörte seinen eigenen Geschichten lieber zu als jeder andere. Ein Publikum war im Prinzip nur eine Formsache.
    »Wie langweilig«, sagte Echo irgendwo über Nessys rechter Schulter.
    »Du könntest ihm gelegentlich zuhören«, sagte Nessy. »Er ist einsam.«
    »Das tu ich doch. Ich frage ihn nach einer seiner Abenteuergeschichten, und dann such ich mir etwas zur Unterhaltung und lass ihn plappern.«
    »Das ist nicht nett.«
    »Tja, ich bin eben unsichtbar. Man weiß nur, ob ich da bin, wenn ich rede. Und er lässt ja nie jemanden zu Wort kommen. Also kann er es nicht wissen. Manchmal komme ich später wieder und er redet immer noch. Dann tu ich so, als hätte ich die ganze Zeit über zugehört. Wenn ich es richtig mache, kann ich ihn sogar tagelang bei Laune halten, ohne ihm je wirklich zuhören zu müssen.«
    Das kam Nessy ein kleines bisschen unmoralisch vor, auch wenn sie nichts Schlimmes darin erkennen konnte. Aber sie musste zugeben, dass sie den Wasserspeier nicht so oft putzte, wie sie vielleicht sollte, und zwar darum, weil ihr manchmal einfach nicht danach war.
    Ein kleiner Flughund schwebte herab und landete auf ihrer Schulter. »Redet ihr Mädels gerade von dem alten grauen Angeber? Ich kann den Typ auch nicht leiden. Seine Storys sind doch nichts als jede Menge Lärm um gar nichts.«
    »Hallo, Thedeus«, sagte Echo.
    »Sir Thedeus!«, quiekte der Zehn-Zentimeter-Flughund.
    Wie alle gefallenen Helden im Schloss weigerte auch er sich stur, von seiner früheren Bedeutung abzulassen. Sie waren doch alle gleich. Gareth mochte vielleicht nur ein bisschen schlimmer sein.
    Die Fackeln im Flur loderten auf. Margle hatte es gern hell in seinem Schloss. Von Nessy wurde erwartet, dass sie ihn bei seiner Ankunft im Turm erwartete und begrüßte. Wenn nicht, hatte er gedroht, ihr den Pelz zu scheren oder sie in den Bodenlosen Abgrund tief im Inneren des Schlosses zu werfen. Das würde er aber sicher nicht tun. Wahrscheinlich nicht, korrigierte sie sich, da sie wusste, dass er sie eines Tages doch töten würde. Außerdem wusste sie, dass es, wenn es einmal so weit war, wenig mit dem zu tun haben würde, was sie getan hatte. Aber es nützte nichts, ihn wütend zu machen. Ihre stummeligen Koboldbeine ließen keinen schnellen Gang zu, also ließ sie sich auf alle viere fallen und geriet hoppelnd in einen schnellen Trab.
    Sir Thedeus gefiel der holprige Ritt gar nicht; er ergriff die Flucht. »Schon über meinen Vorschlag nachgedacht, Mädel?«
    »Nicht das schon wieder!«, stöhnte Echo. Für eine körperlose Stimme klang sie merkwürdig atemlos.
    »Aye, es ist höchste Zeit, dass wir diesen widerlichen Mistkerl umbringen.«
    »Und wie genau sollen wir das anstellen?«, fragte Echo.
    »Ich brauche nichts weiter als eine Lücke in seiner Deckung, einen einzigen Augenblick der Schwäche. Dann springe ich aus den Schatten und zerfetze ihm die Kehle.«
    »Du bist ein Flughund, du ernährst dich von Obst!«
    »Ich habe aber trotzdem Zähne, Mädchen.«
    »Nessy muss die Orangen schälen, bevor sie sie dir gibt.«
    »Bäh, hast du mal versucht, in eine Orangenschale zu beißen?«, fragte Sir Thedeus. »Ich sag dir: schlicht unmöglich.«
    »Nessy kann es.«
    »Na super! Dann kann sie dem widerlichen Bastard ja auch die Kehle rausreißen. Ist mir doch egal. Hauptsache, er stirbt und der Zauber wird gebrochen. Willst du nicht wieder ein Mensch sein?«
    Nessy eilte weiter voraus. In vollem Lauf war sie schneller als Echo und Sir Thedeus. Sie schoss durch das Labyrinth von Fluren. Margle war schon ganz in der Nähe, aber
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