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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche
Autoren: Martin Edwards
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Stuarts Geschmack ist zwar breit gefächert, aber ganz besonders interessiert er sich für Kinderliteratur. Er besitzt jeden Ransome als Erstausgabe. Und das, was Ransome für Erwachsene geschrieben hat, ist sogar noch seltener.«
    »Ich wusste gar nicht, dass er überhaupt für Erwachsene geschrieben hat.«
    »Seine gebundene Ausgabe der Studie über Oscar Wilde ist sagenhaft selten. Lord Alfred Douglas verklagte ihn aufgrund der Schrift wegen Beleidigung, und obwohl Ransome den Rechtsstreit gewann, wurden die entsprechenden Teile aus den späteren Ausgaben gestrichen. Und dann gibt es noch dieses Buch mit russischen Volksmärchen. Wusstest du übrigens, dass Ransome mit der Sekretärin von Trotzki verheiratet war?«
    Es klang mehr als unwahrscheinlich, aber Marc liebte es, mit den wissenswerten Kleinigkeiten anzugeben, die er sich über Bücher und Schriftsteller angelesen hatte. Hannah beschloss, ihm die Antwort zu geben, auf die er hoffte.
    »Das ist doch nicht dein Ernst!«
    »Es ist wahr. Großes Indianerehrenwort!« Er genoss es, sie zu verblüffen - vielleicht, weil sie eine so skeptische Kriminalbeamtin war. »Ein Händler, den ich ganz gut kenne, ist der Meinung, dass Ransome die Sammlung russischer Märchen seinem Kumpel Lenin gewidmet hat. Sollte dieses Buch je auftauchen, wird Stuart es um jeden Preis besitzen wollen - und er ist ein Mann, der alles daransetzt, das zu bekommen, was er will. Für dieses Buch würde er kalt lächelnd seine eigene Großmutter verkaufen.«
    »Dann ist er ja genau so, wie man sich einen Anwalt wünscht«, murmelte Hannah. »Fürsorglich und selbstlos.«
    »Tu mir den Gefallen und lass Stuart deinen Sarkasmus nicht spüren. Entspann dich und vergiss vor allen Dingen nicht, dass er nicht nur unser Gastgeber ist, sondern uns auch dabei hilft, unser Darlehen abzubezahlen.«
    »Keine Sorge.« Sie ließ den Wagen ausrollen. »Ich werde mich tadellos benehmen.«
***
    Marc hatte recht - sie sollte sich wirklich entspannen. Auch das wäre ein guter Vorsatz für das kommende Jahr. Allerdings war eine Party mit den oberen Zehntausend nicht gerade der richtige Ort für einen Neuanfang. Als ein Angestellter ihr den Mantel abnahm und sie den weitläufigen Salon von Crag Gill betrat, wurde Hannah sofort klar, dass sie sich fehl am Platz fühlte. Sie war nicht an die Lebensweise der anderen Hälfte gewöhnt.
    Ein Sänger, der das Finale der größten englischen Castingshow erreicht hatte, sang schmachtend This Guys in Love with You. Dabei wurde er von einem Pianisten begleitet, der dem verstorbenen Liberace verblüffend ähnelte. Im Vorbeigehen hörte Hannah, wie sich ein sonnenbankgebräunter Moderator bei einem Fernsehsternchen, das abseits des Bildschirms noch spärlicher bekleidet war als in seiner Sendung, über den Niedergang des Regionalfernsehens beklagte. Bei zwei muskelbepackten, ausländisch aussehenden Typen, die mit allerlei Gold und Geschmeide behängt waren, handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Fußballer der ersten Liga. Nachdem Marc in der Menschenmenge verschwunden war, wurde Hannah von einem gut aussehenden Kellner mit Champagner versorgt. Der junge Mann schenkte ihr einen flüchtigen, aber eindeutig bewundernden Blick, bevor seine Augen zu einer Gruppe hübscher Mädchen in sehr kurzen Röcken abschweiften, die man offenbar eingeladen hatte, um die Fußballer bei der Stange zu halten.
    Nun, ein halbes Glas würde sicher keinen Schaden anrichten.
    Als sie gerade einen Schluck trinken wollte, griff jemand nach ihrem Handgelenk und drückte so fest zu, dass es fast schmerzte.
    »Hannah, wie schön, Sie zu sehen! Und hübscher denn je, wenn Sie gestatten.«
    Hannah vermutete, dass Stuart Wagg als Anwalt in der Kunst geschult war, die Wahrheit zu beschönigen. Er beherrschte den Trick, seine Schmeicheleien mit einem Lächeln zu äußern, das sich selbst nicht ganz ernst nahm, und als Hannah ihm ihre Hand entzog, verspürte sie eher eine amüsierte Befriedigung als Ärger über seine aalglatte Art und seinen oberflächlichen Charme. Das Neckholder-Top war eine gute Idee gewesen, und sie freute sich, dass sie sich für die langen Ohrringe und das Bettelarmband entschieden hatte. Marc hatte ihr den Schmuck zusammen mit einem Flacon erstaunlich raffinierten Parfüms ebenfalls zu Weihnachten geschenkt, sodass Hannah sich für die nuttige Unterwäsche mehr als entschädigt fühlte.
    »Wie geht es Ihnen?«
    Er bedachte sie mit einem ironischen Lächeln.
    »Na ja, ich
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