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Zu Schnell

Zu Schnell

Titel: Zu Schnell
Autoren: John Boyne
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rief Luke Sarah nach. »Man sieht sich. Oder auch nicht.«
    Sie drehte sich um und warf ihm einen kurzen Blick zu, dann ging sie weiter. Luke machte ein ganz verdattertes Gesicht, weil er keine Ahnung hatte, wie er diesen Blick deuten sollte.
    »Tut mir leid, junger Mann«, sagte Mr Benson zu mir. »So wie’s aussieht, haben wir sie vertrieben.«

    Ich blieb an dem Abend länger draußen als sonst, und als ich heimkam, saß Dad im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Er schaute auf die Uhr und schien sich zu wundern, dass es schon so spät war.
    »Es ist fast zehn, Danny!«
    »Ich weiß.«
    »Was hast du so lang gemacht?«
    Ich zuckte die Achseln und setzte mich zu ihm. »Tut mir leid«, murmelte ich. »Aber irgendwie habe ich gar nicht gemerkt, wie viel Uhr es ist.«
    »Ich auch nicht«, sagte er leise. »Sonst hätte ich mir nämlich schon Sorgen um dich gemacht.«
    »Wo ist Mam?«
    »Du hast sie gerade verpasst«, sagte er. »Sie wollte früh schlafen gehen.«
    »War sie den ganzen Tag im Bett?«, fragte ich brummig. »Als ich heute Nachmittag weggegangen bin, lag sie auch schon im Bett!«
    »Aber kurz nachdem du gegangen bist, ist sie aufgestanden. Wir haben zusammen zu Abend gegessen, danach haben wir noch ein bisschen fern-gesehen, und wenn du zu deiner üblichen Zeit heimgekommen wärst, dann hättest du sie gesehen und mit ihr reden können. Und wenn wir schon beim Thema sind – es wäre sowieso gut, wenn du ein bisschen mehr mit ihr reden würdest.«
    Ich nickte und wollte schon ins Bett gehen, aber plötzlich lachte mein Vater leise und sagte zu mir: »Dabei fällt mir ein – ich habe vorhin mit deiner Oma gesprochen. Sie und Opa kommen nächste Woche hierher. Zu deinem Geburtstag. Ich dachte, wir machen eine kleine Party.«
    »Eine Party?«, fragte ich überrascht. »Meinst du das ernst?«
    »Ja – aber nur die Familie«, sagte er schnell. »Deine Mutter und ich und deine Großeltern. Und wir können natürlich auch die Kennedys einladen, falls du das möchtest.«
    »Ich weiß nicht, ob ich eine Geburtstagsparty will.«
    »Party ist vielleicht das falsche Wort«, sagte mein Vater. »Einfach nur ein Abendessen, mehr nicht. Nächsten Donnerstag. Essen müssen wir ja sowieso. Mach kein so bekümmertes Gesicht, Danny! Es wird bestimmt schön.«
    Ich zuckte die Achseln. Eigentlich hatte ich keine Lust, darüber nachzudenken. Ich dachte nur daran, wann – und ob – ich Sarah wiedersehen würde und ob ich je herausfinden würde, warum sie dachte, sie sei an allem schuld und nicht meine Mutter. Wenn ich wusste, was sie zu sagen hatte, konnte ich es Mam weitersagen, und dann wäre Mam nicht mehr so komisch, und alles würde wieder normal.  
    Ich musste Sarahs Geheimnis erfahren.

Kapitel 7
    Um den Tisch herum standen acht Stühle, und weil es mein Geburtstag war, saß ich am Kopfende und Dad am anderen Tischende, damit er immer schnell in die Küche laufen konnte, falls er etwas vergessen hatte. Oma und Opa saßen auf der einen Seite, und zwischen ihnen war ein Stuhl frei – für Mam. Gegenüber von ihnen hatten Luke Kennedy, seine Mutter und Benjamin Benson Platz genommen. Mr Benson sorgte dafür, dass die Unterhaltung nicht ins Stocken kam.
    »Mein Vater saß den größten Teil des Kriegs im Gefängnis«, erzählte er. »Er war Kriegsdienstverweigerer und konnte dieses Gemetzel nicht ertragen. Er war ein überzeugter Pazifist, sein ganzes Leben lang.«
    »Ach, tatsächlich?«, Opa zog eine Augenbraue hoch. Irgendetwas sagte mir, dass er von den Leuten, die im Krieg nicht gekämpft hatten, nicht besonders viel hielt, aber wir hatten in der Schule etwas über diese Leute gelesen, und ich war mir nicht sicher, ob ich Opas Meinung teilte.
    »Ja, er hat sein halbes Leben auf Friedensdemonstrationen verbracht«, fuhr Mr Benson fort. »Und in den siebziger Jahren ist er wieder im Knast gelandet, als dieser alte Kriegstreiber Nixon hierherkam. Damals habe ich angefangen, mich für Jura zu interessieren. Ich wollte wissen, warum ein einfacher Mann, der niemandem weh tun wollte, vom Gesetz so behandelt wurde.«
    »Sie haben vollkommen recht«, sagte Opa freundlich. »Bestimmt wäre alles viel besser, wenn wir jetzt Deutsch reden würden und im Stechschritt über den Trafalgar Square marschieren müssten.«
    Es war inzwischen Viertel nach sieben. Seit fünfzehn Minuten warteten wir schon auf Mam, und niemand verlor ein Wort darüber.
    »Hast du was Schönes geschenkt bekommen, Danny?«, fragte mich
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