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Zu Schnell

Zu Schnell

Titel: Zu Schnell
Autoren: John Boyne
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Unterlippe und nahm mir vor, von jetzt an besser aufzupassen, was ich sagte – erst überlegen, dann reden. Sarah kam mir nicht vor wie ein Mädchen, das einfach irgendwelchen Blödsinn plapperte.
    »Woher hast du eigentlich gewusst, wer ich bin?«, fragte sie mich nach einer Pause. »Als du mich vor eurem Haus gesehen hast, meine ich. Du warst gleich auf der richtigen Spur.«
    »Keine Ahnung. Aber irgendwie kam’s mir logisch vor. Und wieso bist du hierhergekommen?«
    »Ich war neugierig, sonst nichts. Vor allem wegen deiner Mam. Ich wollte wissen, wie sie aussieht. Und dann habe ich dich gesehen. Ach, das war alles so grässlich die letzten Tage.« Sie beugte sich vor und schlug die Hände vors Gesicht, so dass ich schon Angst bekam, sie könnte anfangen zu weinen – was hätte ich dann getan? Ich konnte ihr doch unmöglich den Arm um die Schulter legen, um sie zu trösten, das ging hier nicht, alle Welt konnte uns sehen. Aber als sie mich wieder anschaute, waren ihre Augen ganz trocken, und sie schüttelte den Kopf.
    »Deine Mam kann sowieso nichts dafür«, stieß sie hervor. »Das Schlimmste ist nämlich für mich, dass eigentlich ich an allem schuld bin. Aber das kann ich keinem sagen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich würde so gern machen, dass alles wieder gut wird.«
    Ich runzelte verwirrt die Stirn. Was wollte sie mir damit sagen? Ich machte gerade den Mund auf, um sie zu fragen, da kamen drei Leute auf uns zu. Das passte mir gar nicht, aber es war zu spät – wir konnten nicht mehr ausweichen. Es waren Luke Kennedy, seine Mutter und Benjamin Benson.
    »Danny«, sagte Mrs Kennedy, als sie vor uns standen. Sie warf einen kurzen Blick auf Sarah, als würde sie sich wundern, dass ich neben einem Mädchen saß – als hätte sie damit nicht gerechnet, in tausend Jahren nicht. Dabei war ich im vergangenen Vierteljahr fast fünf Zentimeter gewachsen, aber außer mir selbst schien das keiner zu merken.
    »Hallo«, brummte ich. Ich vermied es, Luke anzusehen, aber ich merkte, wie er Sarah anstarrte. »Ich wollte gerade ein Stück laufen.«
    »Wenn du nur hier rumsitzt, kommst du aber nicht besonders weit!«, rief Mr Benson fröhlich. »Bewegung, Bewegung – das ist es, was ein Junge in deinem Alter braucht. Und jeden Morgen ein reichliches Frühstück. Und natürlich einmal im Jahr ein eiskaltes Bad, ob du’s nötig hast oder nicht.«
    Ich runzelte hilflos die Stirn. Warum war Mr Benson immer so guter Laune? Ich konnte mir das nicht erklären – es sei denn, er wollte bei Mrs Kennedy Eindruck schinden.
    »Möchtest du uns nicht deiner Freundin vorstellen?«, fragte Mrs Kennedy. Ich starrte sie nur stumm an. Wie sollte ich reagieren? Die Wahrheit wollte ich ihr nicht sagen, denn ich befürchtete, sie könnte es Mam und Dad erzählen, und dann gab’s garantiert Ärger. Aber warum dachte ich das eigentlich? Ich machte doch nichts Verbotenes. Trotzdem hatte ich irgendwie das Gefühl, meine Eltern wären nicht besonders begeistert, wenn sie wüssten, dass ich mich mit Sarah unterhielt.
    »Wir sind nicht befreundet«, erklärte Sarah schnell. »Ich hab nur hier rumgehangen, sonst nichts.«
    »Oh, Entschuldigung«, sagte Mrs Kennedy. »Es sah so gemütlich aus, wie ihr zwei da nebeneinandersitzt. Ich hatte fast Hemmungen, euch zu stören.«
    Da mischte Mr Benson sich ein. »Dann hast du sie also angebaggert! Komm schon, Danny, mach nicht so ein verlegenes Gesicht. Wir müssen alle irgendwann damit anfangen.«
    »Und zu mir hast du gesagt, du hast heute was anderes vor und kannst nicht rauskommen«, meckerte Luke und zeigte mit dem Finger auf mich.
    »Ich muss los«, verkündete Sarah plötzlich und stand auf. Ich schaute sie an. Ich wollte nicht, dass sie sich verabschiedete, ich wollte, dass Luke und Mrs Kennedy und Mr Benson weitergingen und aufhörten, lustige oder peinliche Bemerkungen zu machen. Ich musste ungestört mit Sarah reden, um zu erfahren, warum meine Mutter für den Unfall nichts konnte und warum Sarah behauptete, es sei alles ihre Schuld.
    »Warte!«, rief ich. Aber sofort meldete sich Luke.
    »Komm, wir holen unsere Fahrräder«, schlug er vor. »Dann können wir irgendwo hinfahren. Aber nur wir zwei«, fügte er noch hinzu.
    »Also dann – tschüs«, rief Sarah.
    »Warte bitte noch!«, sagte ich, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Unseretwegen musst du nicht gehen«, sagte Mrs Kennedy, der es jetzt leidzutun schien, dass sie überhaupt zu uns gekommen war.
    »Tschüs!«,
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