Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3]
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Gedanken zu fassen. Und er hatte das Gefühl, als müsse er sich mit Mühe über Deck schleppen, als könne er sich kaum noch auf den Beinen halten. Wie lange er die Mannschaft noch gefechtsbereit halten konnte, wusste er nicht. Das Maß des Erträglichen war längst voll. Die Männer taten ihre Pflicht, weil sie gedrillt waren oder weil sie doch noch auf eine Prise zu hoffen wagten. Andererseits, den Franzosen konnte es kaum besser ergehen. Und Hayden wusste, dass seine Crew nicht kneifen würde, solange der Feind nicht ruhte.
    Plötzlich nahm er in den Augenwinkeln etwas wahr. »Mr Hawthorne? Können Sie das Schiff dort sehen?« Hayden zeigte in die Richtung. »Ein Strich südlich der beiden Schiffe, die immer noch ihre Geschütze abfeuern?«
    »Das Schiff mit der geborstenen Fock, Kapitän?«
    »Genau das. Würden Sie einmal Ihr Fernrohr darauf ausrichten, wenn ich bitten darf? Liegt es nicht ziemlich tief im Wasser? Aber auf diese Distanz bin ich nicht sicher.«
    Hawthorne drehte sich auf seiner kleinen Bank, stützte sich mit dem Ellbogen auf der Reling ab und musterte das Schiff, das Hayden ihm beschrieben hatte.
    Der Hauptmann schaute überrascht auf und fing Haydens Blick ein. »Mir scheint, sie liegt fast bis zu den Stückpforten im Wasser, Sir.«
    »Ist es eine von uns, was glauben Sie?«
    »Das vermag ich nicht zu sagen.« Nochmals schaute der Hauptmann der Seesoldaten durch sein Fernrohr. »Ich weiß nicht – könnte sein, Sir.« Er ließ das Fernrohr indes nicht sinken.
    »Sehen Sie Schiffe, die zu Hilfe eilen?«
    »Nicht, dass ich wüsste, Sir.«
    »Kapitän …?« Es war Archer. »Sollen wir dann vor dem Wind drehen, Sir?«
    Hayden warf einen Blick zurück zu Lord Howes Schiff. »Auf jeden Fall, Mr Archer. Sofort.«
    Während die Rahen neu ausgerichtet wurden und der Wind achterlicher einfiel – die Handgriffe waren allerdings nicht mehr so sicher wie sonst –, griff Hayden sein Fernrohr und trat neben Hawthorne an die Reling.
    »Ich bin davon überzeugt, dass das Schiff dort sinkt«, stellte er in Hawthornes Beisein fest.
    »Soll vorkommen, nicht wahr?«, lautete die lapidare Antwort.
    »Aber was mag dort passiert sein, frage ich mich?«
    »Kommt denn keine Fregatte zu Hilfe?«
    »So müsste es sein. Nur wessen Fregatte? Unsere oder eine der Franzosen?«
    Hayden wandte den Blick von jenem Schiff ab, da er sich darauf konzentrieren musste, dass sich sein eigenes Schiff in die neue Linienformation eingliederte. Erneut war die Erfahrung des Masters gefragt. Die Segel wurden herumgeholt, die Männer warteten an den Brassen und Schoten und schauten in Mr Barthes Richtung. Schließlich hatte sich eine Linienformation gebildet, die jedoch kein Musterbeispiel war, denn die Entfernung zwischen den Schiffen war größer als gewöhnlich.
    In der leichten Brise trieben die britischen Schiffe in Richtung der Franzosen, aber keineswegs schnell. Alle Schiffe hatten Schäden an der Takelage zu beklagen, und daher war jedwedes Manöver schwieriger als sonst.
    Weiter nördlich hatten die Franzosen gewendet und hielten bald auf den beschädigten Dreidecker zu, den Mr Barthe für die Queen hielt. Währenddessen setzte Admiral Howe alles daran, den Gegnern den Weg abzuschneiden.
    »Ein ungleicher Kampf, Kapitän, wenn Sie mich fragen«, merkte Hawthorne an.
    »Howe ist nicht bereit, die Queen den Franzosen zu überlassen.«
    »Aber läuft er dadurch nicht Gefahr, noch mehr Schiffe zu verlieren? Ich zähle mindestens elf Franzosen, Linienschiffe, wohl gemerkt. Und wir sind nur zu fünft.«
    Ein weiteres Mal ließ Hayden seinen Blick über das Wasser ringsumher schweifen. Es gab noch eine ganze Anzahl britischer Schiffe mit intakten Masten, die momentan in kein Gefecht verwickelt waren. »Wenn es schlecht für uns läuft, werden die anderen Kommandanten das bemerken und uns zu Hilfe eilen, denke ich.«
    »Sofern sie sich von den verlockenden Prisen losreißen können …« Hawthorne schaute sich um. Sein Gesicht war bleich unter den Ablagerungen des Pulverdampfes. Hayden ahnte, dass sein Hauptmann Schmerzen litt. Dass Hawthorne dennoch an Deck gekommen war, um sich mit einer Muskete am Geschehen zu beteiligen, berührte Hayden eigenartig. Als Kapitän durfte er sich wahrlich glücklich schätzen, mit Offizieren wie Hawthorne gesegnet zu sein.
    Doch dann richtete Hayden sein Augenmerk wieder auf die elf feindlichen Schiffe, die es auf die angeschlagene Queen abgesehen hatten. Die fünf Schiffe im Kielwasser von Lord Howes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher