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Zorn

Zorn

Titel: Zorn
Autoren: John Sandford
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Lucas inzwischen. »Und was sollen wir deiner Ansicht nach tun?«
    »Da oben nachsehen«, antwortete Carter und deutete die Uferböschung hinauf. »Die Mädchen sind an mehreren Häusern mit jeder Menge schrägen Typen drin vorbeigekommen. Die sollten wir uns vornehmen.«
    »Das macht sicher schon jemand«, sagte Lucas.
    »Das sollten alle machen«, betonte Carter.
    Die anderen beiden Polizisten, die flussaufwärts gegangen waren, kehrten ohne Resultat zurück. »Seid ihr unten bei den Schwulen gewesen?«, fragte einer von ihnen Carter.
    »Ja, denen ist nichts aufgefallen«, antwortete Carter. »Scheißperverse …«
    Sie unterhielten sich gerade unter der I-94-Brücke mit einem Obdachlosen, als ein schlanker rothaariger Mann mit Sommersprossen die Böschung heruntereilte und rief: »Haben Sie sie gefunden? Hat jemand sie gesehen?«
    »Wer sind Sie?«, fragte Lucas.
    »George Jones, ihr Dad. Hat irgendjemand sie gesehen?«, wiederholte er keuchend. Der Mann war Mitte bis Ende dreißig, trug eine militärgrüne Baseballkappe mit Infanterieabzeichen, und sein ärmelloses Sweatshirt roch nach Schweiß.
    Einer der anderen Polizisten sagte: »Immer mit der Ruhe – wir werden sie finden.«
    »Das haben sie noch nie gemacht«, flüsterte Jones. »Wirklich noch nie. Sonst kommen sie immer pünktlich nach Hause. Sie sind drei Stunden über der Zeit, und niemand hat sie gesehen …«
    »Ich glaube nicht, dass sie hier unten sind, Mr Jones«, erklärte Carter. »Wir haben mit den meisten Leuten am Fluss geredet. An einem heißen Samstag wie heute sind ziemlich viele Leute unterwegs; die Mädchen wären ihnen aufgefallen.«
    »Okay, danke«, sagte Jones. »Wahrscheinlich sind sie … verdammt, ich werde ihnen den Hintern versohlen, wenn sie heimkommen. Wahrscheinlich sind sie bei irgendeiner Freundin.« Vor sich hin redend, joggte er die Böschung wieder hinauf, und sie hörten, wie er jemandem zurief: »Da unten sind sie nicht … Niemand hat sie gesehen.«
    Einer der anderen Cops bemerkte mit einem Blick auf den dunklen, träge dahintreibenden Fluss: »Vielleicht sind sie in ein Loch getreten und unter Wasser gezogen worden …«
    Carter schüttelte den Kopf. »Sie sind nicht hier unten«, wiederholte er. »Wir vergeuden unsere Zeit.«
    George Jones, der Vater der Mädchen, der einer linksgerichteten Veteranenvereinigung angehörte, hatte einen Hilferuf ausgesandt. Gegen sieben Uhr, es war noch nicht dunkel, tauchten die ersten Mitglieder der Vietnam Veterans Against the War auf: ein bunter Haufen gehetzt wirkender Männer in geflickten Uniformjacken oder -hemden, daran Antikriegs-Buttons. Mehrere Dutzend begannen sich im Umkreis von einem knappen Kilometer um das Haus der Familie Jones durch Straßen und Hinterhöfe zu arbeiten.
    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit winkte einer der Veteranen Lucas und Carter an der Thirty-fourth Street heran, beugte sich zu ihrem Autofenster herunter und sagte: »Wir haben eine Mädchenbluse gefunden, sie aber nicht angefasst. Jemand sollte einen Blick darauf werfen.«
    Lucas und Carter parkten den Wagen und gaben in der Zentrale Bescheid, dann gesellten sie sich zu den Veteranen. Diese standen um etwas herum, das aussah wie ein Putzlappen. Das Ding lag neben einer Hecke, als hätte jemand es aus dem Autofenster geworfen. Lucas ging daneben in die Hocke und richtete den Strahl seiner Taschenlampe darauf. Ja, tatsächlich: eine Mädchenbluse, blau mit kleinen weißen Tupfen. Er meldete sich noch einmal über Funk bei der Zentrale, bevor er sich aufrichtete und sagte: »Gleich kommt Verstärkung. Keine Ahnung, ob der Fund uns weiterbringt, aber gute Arbeit, Jungs.«
    »Hoffentlich gehört die Bluse nicht ihnen«, bemerkte ein schmaler Mann mit Sechstagebart und Uniformhemd, dessen Ärmel knapp unterhalb der Rangabzeichen abgetrennt waren. »Wissen Sie, ich hab selber Töchter …«
    Ein Wagen näherte sich, und ein Mann stieg aus: Harrison Sloan, ein junger Detective, der kurz zuvor noch Streife gefahren war. Lucas deutete auf die Bluse, Sloan ging in die Hocke wie Lucas vor ihm, und Lucas richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf die Bluse. Sloan betrachtete sie eine Weile, bevor er »Scheiße« sagte.
    »Gehört sie einem von den Mädchen?«, fragte ein Veteran.
    »Gut möglich«, antwortete Sloan, erhob sich und sah sich um. »Wer hat die Bluse gefunden?«
    Einer der Veteranen hob die Hand.
    Sloan befragte die Gruppe und machte sich Notizen, bis zwei weitere Beamte in Zivil sowie Quentin
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