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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft
Autoren: Matthias P. Gibert
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könnten radioaktiv verstrahlt sein. Das hat sich zum Glück nicht bestätigt.«
    Lenz schluckte.
    »Wie lange muss ich hierbleiben ?«
    »Ein paar Tage werden wir schon brauchen, um Sie wieder halbwegs auf die Beine zu bekommen. Außerdem müssen Sie noch ein paar neurologische Untersuchungen über sich ergehen lassen, bevor wir Sie nach Hause schicken.«
    »Kein Problem.«
    »Und Sie sollten sich darauf vorbereiten, dass die Medien sich auf Sie stürzen werden. Auch dazu muss man fit sein.«
    »Warum das?«
    »Das erklärt Ihnen sicher Ihr junger Kollege. Er hat uns gebeten, ihn anzurufen, wenn Sie wach sind. Ist das für Sie in Ordnung?«
    »Aber ja, natürlich.«
    Der Arzt stand auf.
    »Dann veranlasse ich das gleich. Und Sie versuchen, sich in den nächsten Tagen möglichst zu schonen. Dank Ihrer guten Grundkonstitution haben Sie sich bis jetzt erstaunlich schnell erholt, aber wir sollten kein Risiko eingehen. Also: ruhig liegen, viel trinken und keine Aufregung.«
    »Danke, Herr Doktor, das werde ich machen.«

     
    20 Minuten später wurde die Tür vorsichtig geöffnet, und Thilo Hains Kopf erschien. Der junge Oberkommissar kam grinsend auf ihn zu.
    »Mein Gott, siehst du scheiße aus, Paul.«
    Lenz setzte sich mit einem Stöhnen aufrecht.
    »Ich dich auch, Thilo.«
    »Dieses Wrack hier vor meinen Augen soll der Held sein, der unserem allseits geliebten Oberbürgermeister Erich Zeislinger das Leben gerettet hat?«, schoss Hain eine rhetorische Frage ab, um die Antwort gleich hinterherzuschicken. »Schwer vorzustellen. Da bin ich ernsthaft froh, dass ich nur auf eine Stippvisite vorbeikommen kann.«
    »Was ist mit Schoppen-Erich ?«
    »Gibt ein Interview nach dem anderen. Die versammelten Medien des Landes drücken sich die Klinke seiner Bürotür in die Hand.«
    »Und was ist mit den Menschen passiert, die im Zirkus waren?«
    Hain setzte sich auf den Stuhl, den der Mediziner vor dem Bett stehen gelassen hatte.
    »Zwei haben sich leichte Verletzungen zugezogen, als sich auf ihrer halsbrecherischen Flucht vor der Radioaktivität ihre Kraftfahrzeuge ineinander verkeilt haben. Ansonsten gibt es keine Personenschäden zu vermelden.«
    »Das heißt, dieses ›Chamäleon‹ hat den Anschlag nicht bis zum Ende durchgezogen?«
    Hain schüttelte den Kopf.
    »Nein. Alle, die im Zelt waren, hatten unglaubliches Glück. Der Kerl hat im Heizungscontainer einen Zirkusmitarbeiter erschossen. Dabei ist ihm wohl der Schlüssel in die Blutlache gefallen, die er selbst verursacht hat. Wie Heini es mir erklärt hat, muss er beim Abschließen das Blut im Schloss verteilt haben, und als er wieder rein wollte, war das Schloss zugefroren, und er hat den Schlüssel abgebrochen. Damit hatte er keine Chance mehr, die Sache zu Ende zu bringen, weil er nicht mehr an den Ansaugkanal gekommen ist. Leider hat er kurz danach noch einen uniformierten Kollegen erschossen und einen weiteren lebensgefährlich verletzt. Aber der kommt durch.«
    »Heilige Scheiße. Habt ihr den Kerl erwischt?«
    Der Oberkommissar verzog angewidert das Gesicht.
    »Keine Chance. Der Typ ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich hab gestern mit diesem Dr. Jelinski aus Wiesbaden telefoniert, der geht davon aus, dass er längst in Übersee ist und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lässt. Immerhin hat sich Stefan Wahlburg in Österreich der Polizei gestellt. Ob du es glaubst oder nicht, er hatte Heimweh nach seiner Frau. Der Auslieferungsantrag ist schon gestellt.«
    Lenz hätte seinen Kollegen gerne nach Maria Zeislinger gefragt, verkniff es sich jedoch.
    »Aber es ist ja schön, dass alle Zirkusbesucher unverletzt geblieben sind.«
    »Ja, auf jeden Fall. Du bist der Einzige, der richtig was abgekriegt hat. Wie fühlst du dich denn überhaupt so?«
    »Schlechter, als ich aussehe.«
    »Das ist schwer zu glauben.«
    Die Tür ging erneut auf, und Uwe Wagner betrat vorsichtig das Zimmer. Als er Hain am Bett sitzen sah, entspannte sich sein Gesichtsausdruck.
    »Das hätte ich mir denken können. Der Meister und sein Geselle in trauter Runde.« Er gab seinem Freund die Hand und nickte Hain zu. »Wir hatten ja heute schon das Vergnügen.«
    »Stimmt. Und ich lasse euch alte Knacker jetzt auch wieder allein, weil ich meine Freundin vom Arzt abholen muss.« Er stand auf und drückte Lenz die Hand. »Wahrscheinlich komme ich später noch mal vorbei, dann erzähle ich dir den Rest der Geschichte. Den Teil, den unser Schreibtischhengst hier nicht kennt.« Er warf Uwe Wagner einen
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