Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde
Autoren: Cassy Fox
Vom Netzwerk:
Zerkratzt mir die Kehle und zerreißt die Luft in meinen Lungen. Die Zeit ist vorbei, das Rad verändert seinen Lauf.
    Endlich geschieht etwas in diesem abgeschlossenen Raum. Endlich sieht man, dass Leben in ihren Leibern steckt.
    Die Tür öffnet sich und ich bin endlich frei. Man nennt mich den Bruder der Moiren. Ich bin das Bekannte, ich bin die Geschichte … Ich bin das Einzige, das überlebt …

1. VII – Der Wagen
    Mitten in der Nacht. Der Mond stand am Himmel, die Sterne funkelten. Alles schien friedlich. Sanftes Rauschen, Wind, der in den Wipfeln von dichten Bäumen spielte und einen beruhigenden Klang erschuf. Wie eine leise Melodie des Waldes, die den Bewohnern eine ruhige Nacht zusäuselte. Schatten von Tieren huschten umher. Schlüpften aus einem Erdloch, quiekten, tollten durch die Nacht, verschwanden, näherten sich wieder, wurden gejagt oder jagten. Dann eroberte Stille den Ort, nicht einmal mehr ein Schleichen war zu hören. Alle Bewohner schienen den Atem anzuhalten, mitten in der Bewegung erstarrt.
    Etwas näherte sich!
    Schritte, schnell und kraftvoll, rannten über das Gras, brachen durch das Unterholz und fegten über Wurzeln hinweg. Schweres Atmen begleitet von einem rasselnden Keuchen. Die letzten Tiere der Nacht flüchteten erschrocken in die hintersten Winkel.
    Die Gestalt brach hervor. Gekleidet in einen weiten, schwarzen Umhang. Mit einem weiteren Sprung verkantete sich ihr Fuß im Unterholz und sie fiel mit einem halb unterdrückten Schrei zu Boden. Im letzten Augenblick rollte sie sich über die Schulter ab und blieb keuchend liegen. Etwas hatte sich bei dem Sturz in ihre Rippen gebohrt und ihre Haut schmerzhaft an einigen Steinen aufgeschürft. Ihre Hände krallten sich um etwas, das sie dicht an die Brust gedrückt hielt. Unhandlich, in etliche Stofflagen gehüllt. Sie würde es nicht loslassen! Es musste von hier weggebracht, gerettet werden!
    Einen kurzen Augenblick schien das Bild einzufrieren. Nichts regte sich, selbst der Wind schien innezuhalten. Dann rappelte sich die Gestalt wieder auf, die Schmerzen ignorierend.
    Die wilde Hatz ging weiter. Quer durch den Wald. Ein kleiner Fluss. Wasser spritzte auf, sie strauchelte, fand ihr Gleichgewicht wieder. Weiter! Den Wegen folgend und wieder davon abweichend. Äste und Dornen hatten sich durch die Kleidung in ihre Haut gebohrt. Sie spürte das leichte Brennen, hatte jedoch keine Zeit dafür. Später. Sie würde sich später darum kümmern.
    Sie nahm einen sanften Schein wahr, taumelte auf das Licht zu. Feuer! Ein Feuer auf einem großen Platz. Mit letzter Anstrengung brach sie durch das Unterholz und kam direkt auf eine Lichtung, brach durch eine unsichtbare Mauer. Geräusche erfüllten die Luft. Musik, Gelächter, Klatschen und freudige Rufe beherrschten die Nacht.
    Ihre Augen waren aufgerissen, ihr Atem immer noch schwer. Das Lager schien für sie der Inbegriff des Paradieses zu sein. Die bunten Wagen standen in einem lockeren Kreis um die Lichtquelle, bildeten fast eine kleine Festung. Schutz! Endlich wieder in Sicherheit.
    Die Kapuze fiel nach hinten und gab ihr Antlitz frei. Lange hellblonde Haare, fast schon weiß, wallten ihr über die Schultern. Allmählich kam die Verfolgte wieder zur Besinnung.
    Sie war gerannt, die letzten Minuten einfach nur gerannt. Oder waren es gar Stunden gewesen? Was war mit der Zeit geschehen? Es war egal. Mit letzter Kraft schwankte sie auf die Ansammlung der Wesen hinzu.
    „Geschafft“, keuchte sie leise und stützte sich ab. Niemand kam näher, niemand schien sie überhaupt zu bemerken. Ihr Blick schweifte einen Augenblick über die Anwesenden. So viele waren hier. Feuerkünstler und Magier, Tänzer und Jongleure. Entstellte Wesen und himmlische Schönheiten. Einen Augenblick, nur noch diesen einen Augenblick, um alles zu genießen.
    Es war ihr Werk, ihre Heimat, ihr Zirkus. Ein warmes Gefühl schien sich in ihrer Brust auszubreiten. Ihr Zuhause …
    Dann riss sie sich los. Später, sie konnte später wieder die Annehmlichkeiten ihrer Gemeinschaft genießen. Nun war etwas anderes wichtiger. Mit leicht schwankenden Schritten ging sie weiter, steuerte einen der Wagen an. Die anderen waren in ihre Abendspiele, die privaten Shows vertieft.
    Ein Klicken, die Türe öffnete sich. Mit letzter Kraft hievte sich die Frau in den engen Innenraum.
    Bücher und Schriftstücke in unterschiedlichen Sprachen lagen auf dem Schreibtisch, standen in Regalen. Sorgsam sortiert. Kerzen standen ringsum, kleine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher