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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher
Autoren: Heidi Hohner
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ebenfalls ein Reizwort.
    »So ein Klostertrutscherl, das bloß rumsteht und schaut wie ein Schwaiberl, wenn’s blitzt? Das braucht’s ned! Die hab ich fei heimgschickt das letzte Mal!«
    »Ja, leider. Schau Papa, lass dir doch helfen. Oder tu’s für mich!«
    »Aber Kati – wann haben wir den letzten Zander verkauft? Und die Renken werden auch immer weniger! Des kann doch der Deifi nicht derzahlen, wie soll des denn gehen?«
    »Papa, um diese Jahreszeit ist der Fang immer so mau! Wenn die Renken noch dünn sind vom Winter, dann stehen sie lieber am Grund herum, anstatt Kalorien zu verbrennen und in die Netze zu schwimmen. Das musst du selbst doch am besten wissen!«
    Ich sage meinem Vater nicht, dass die Hauswirtschafterin Ursula heißt, aus Rumänien kommt und ich ihr längst für die komplette Saison zugesagt habe. Stattdessen schmiere ich mir Ribluba auf die Finger, um sie vor dem kalten Wasser und den Nylonschnüren der Netze zu schützen.
    »Mach dir keine Sorgen. Das Geschäft wird schon anlaufen. Basta.«
    »Basta, basta, ich geb dir gleich a basta!«, ärgert sich mein Vater. »Wia redst’n du mit mir?«
    »Entschuldigung, ich bin nur ein wenig unter Zeitdruck, Papa. Was ich noch sagen wollte: Der Lechner Sepp macht seinen Betrieb auch heute auf.«
    »Da Lechner Sepp, da Lechner Sepp, als sollt man sich nach dem richten«, brummelt mein Vater und legt weiter den Kopf schief, »ich hab nie auf die Konkurrenz gschaut, und trotzdem seids es ned verhungert.«
    »Nein, verhungert nicht. Noch nicht jedenfalls, denn du zum Beispiel hast keinen Pfennig Altersvorsorge. Ich jedenfalls will Gewinn machen, und zwar für uns beide, und nicht einfach immer nur unterm Strich eine Null haben. Der Sepp hat gesagt, er hat im Winter drei Monate nicht arbeiten müssen, so gut war sein Jahr!«
    Das will mein Vater überhaupt nicht hören und unterbricht mich:
    »Der Sepp hat dir das verzählt? Oh mei!«
    Ich seufze. Ich mag den Lechner Sepp. Tut immer brummig, ist aber in Wirklichkeit lieb wie ein Teddybär. Zu allen, nur manchmal nicht zu seiner Frau, aber das ist nicht mein Problem.
    »Der Sepp ist auf unserer Seite, der will dir nichts Böses. Der hat genug eigene Sorgen.«
    »Na gut. Wirst es schon wissen.«
    Na gut? Ich wundere mich, dass mein Vater nicht wie sonst ins Lamentieren gerät, und über die Konkurrenz unter Chiemseefischern wettert. Er steht nur da in seinem blau-rot gestreiften Flanellpyjama, der ihm in den letzten Jahren viel zu groß geworden ist, weil ihm als Witwer der Kugelbauch weggeschrumpft ist wie Wachs in der Sonne. Er wippt ein bisschen auf seinen braun karierten Filzschlappen und legt den Kopf schief wie ein Dackel, der um ein Radl Wurst bettelt.
    »Papa, hallo! Ich muss jetzt dringend raus auf den See, ich habe heut verschlafen. Oder willst du mit?«
    Mein Vater reagiert nicht auf meine Frage, sondern stiert mich weiter mit schiefem Kopf und karierter Stirn an. Ich gucke zurück und sehe, dass er seine Pantoffeln verkehrt herum trägt, linker Pantoffel am rechten Fuß und umgekehrt.
    »Ist noch was?«
    Mein Vater starrt weiter und druckst endlich heraus: »Du Kati, warst du beim Frisör?«
    Die Perücke! Ich habe die Perücke von heute Nacht noch an!
    Ich reiße Fränzis alte Faschingsverkleidung mit einer Handbewegung herunter und denke mir sofort danach, dass das ein Fehler war. Aber wie hätte ich meinem Vater erklären sollen, dass sich meine Haare über Nacht von rotblonden Finger-in-der-Steckdose-Locken in einen pechschwarzen Josephine-Baker-Bob verwandelt haben?
    »Ach die«, sage ich leichthin und stehe saudumm da mit der Perücke, die in meiner Hand hängt wie ein Staubwedel, »die hat mir die Fränzi geliehen, ich soll mal was Neues ausprobieren. Aber ich glaube, ich setze doch lieber wieder meine alte Mütze auf.«
    Ich merke an meinen Haarwurzeln, dass sich meine störrischen Haare in der Feuchtigkeit aufrichten wie eine selbstaufblasende Luftmatratze und stülpe schnell die Pudelmütze aus meiner Hosentasche drüber. In ein paar Minuten werde ich trotzdem aussehen wie Rusty der Clown. Aber mein Paps ist offensichtlich mit seinen Gedanken schon wieder woanders, er sieht gar nicht, wie ich die Perücke lieblos in den Kahn werfe, sondern schaut mit verträumtem Blick über den See, der in der Tat absolut märchenhaft aussieht vor der Bergkulisse und mit den leise schaukelnden Booten. Auf dem See liegt ein milchiger Hauch, gerade mal einen halben Meter hoch.
    »Scho schee, wenn er
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