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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher
Autoren: Heidi Hohner
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rechtzeitig fertig! Verstanden? Kartoffeln. Semmeln. Bitte!«
    Als ich eine Dreiviertelstunde später den Leiterwagen mit zwei blauen Styroporboxen und hundert ausgenommenen Renken Richtung »Wirtshaus am See« ziehe, wünsche ich mir dringend, dass mir der Zoran, der dortige Wirt, sofort ein Haferl Kaffee hinstellt. Und dann trotz der frühen Tageszeit seinen legendären Krustenschweinebraten mit Kartoffelknödel und Dunkelbiersauce. Denn ich bin nicht nur am Einschlafen, mein Kater und die getane Arbeit verlangen nach etwas Handfestem, und hinter den gekippten Milchglasscheiben des Küchentraktes zischt und duftet es.
    Direkt am See sitzen zwei Feuerwehrmänner unter einem Kastanienbaum, haben die Helme vor sich auf den Tisch gelegt, damit jeder sieht, dass sie im Auftrag des Herrn unterwegs waren, und lassen sich die leicht zerdatschten Vokuhilas von der Frühlingssonne wärmen. Jeder hat ein frisches Weißbier vor sich stehen, und einer von beiden winkt mir mit einer halb leer gesaugten Weißwursthaut zu. Der Michi. Und sein bester Freund, der Feuerwehrhauptmann Janni Kraillinger. Wenn die wüssten, dass wir uns heute Morgen schon fast einmal begegnet wären!
    Ich lasse den Leiterwagen stehen, gehe zum Tisch, küsse den Michi rechts und links auf die Backe und frage total locker in die Runde: »Was war denn vorher los? Eine Übung?«
    »Ah wo, Übung! Ein richtiger Einsatz!«, winkt der Janni lässig-wichtig ab und zuzelt kurz, aber geräuschvoll an dem Wurstlappen zwischen seinen Fingern. »So ein Großkopferter hat im Hotelzimmer sei Tschick [7] brennen lassen. Passiert is nix, aber Einsatz ist Einsatz. Dafür muss er blechen, der Gast. Der Zumsler Hans meint, er hat gar nicht gewusst, dass seine Rauchmelder so sensibel sind.«
    »Und du, Baby?«, grinst mich jetzt der Michi an, »wo gehst du hin?«
    Das Baby zeigt auf sein fischbeladenes Inseltaxi.
    »Zum Amsler und dann zum Zumsler!«
    »Wie – zu beiden?«
    »Na klar, Lieferung ist Lieferung! Mir doch egal, ob sich die Wirte hier verstehen oder nicht! Ich mach mein Business, basta.«
    Michi und Janni greifen beide reflexhaft zum Weißbier, schauen mich mit einer Mischung aus Respekt und Mitleid an und sagen unisono: »Du traust dich was!«
    Ich zucke mit den Achseln.
    »Geht mich nichts an, wenn sich die Wirte hier die Köpfe einhauen, sowohl der Hans als auch der Zoran bekommen heute von mir Renken, fangfrisch, basta.«
    Das »Wirtshaus am See« und das »Hotel zum See« sind nämlich die zwei größten Gaststätten auf der Insel. Der Lechner Sepp und ich, wir haben zwar auch unsere Fischereien, aber wir verkaufen nur Räucherfisch und Brotzeit, und über die Wintermonate sind unsere kleinen Biergärten zu. Das »Wirtshaus am See« wird hingegen 365 Tage im Jahr geführt vom Zoran, der den allerfeinsten Schweinsbraten weit und breit drauf hat, und das als Kroate. Sein Wirtshaus liegt direkt am See, wie der Name schon sagt, hat aber keine Gästezimmer. Die hat dafür das »Hotel zum See« vom Leutheuser Hans, auf der kleinen Anhöhe in der Inselmitte. Aber weil das Hotel vom Hans nicht am Ufer liegt, darf es sich nur » zum See« und nicht » am See« nennen. Beide Unternehmer, Hans und Zoran, sind eigentlich Seewirte, aber zur Unterscheidung heißt der Zoran bei uns der »am-See-ler Wirt« und der Hans der »zum-See-ler Wirt«. Kurz: der Amsler Wirt und der Zumsler Wirt. So ist das hier, die im Landesinneren sind die Zumsler, und die mit den Seegrundstücken sind die Amsler. Und weil der Zumsler Wirt, also der Hans Leutheuser, auch gern ein »am See« in seinem Namen hätte, zoffen sich die zwei in jeder Gemeinderatssitzung. Was ich nicht verstehen kann, denn ich bin der Meinung, dass er das einfach machen sollte, das mit dem Namen. Die Leute ärgern sich immer maßlos darüber, was die anderen sich so trauen, anstatt einfach ihr Ding zu machen und aus. Ich jedenfalls liefere einfach an beide, Hotel und Wirtshaus, obwohl ich weiß, dass »des ned gern gseng werd, wenn ma bei am jeden gseng werd [8] «, und häng das einfach mal nicht an die große Glocke.
    Feuerwehrhauptmann Janni nimmt einen extratiefen Weißbierschluck und fragt mich: »Wissen die Wirte das denn voneinander?«
    »Dass ich an beide liefere? Also, ich hab es ihnen nicht erzählt.«
    »Mei, dann wissen sie’s wahrscheinlich nicht, denn reden tun die zwei ja schon lang nicht mehr miteinander.«
    Der Michi verbessert ihn: »Also eigentlich ist es ja der Hans, der nicht mit dem Zoran
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