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Kopf hoch, Freddie

Kopf hoch, Freddie

Titel: Kopf hoch, Freddie
Autoren: Mary Scott
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    »Da ist Mutter!« rief Freddie laut. »Wie aufregend, jemand von einem Riesenflugzeug abzuholen!«
    Ihre Schwester mißbilligte diese offenen Worte. Auch teilte sie Freddies Enthusiasmus keineswegs. Angela erwartete ihre Mutter hier aus Pflichtgefühl und nicht, weil sie sich auf sie freute. Sie konnte dieser Situation leider nur peinliche Seiten abgewinnen. Vor drei Monaten hatte ein kurzer Urlaub vier Mitglieder der Familie Standish in Tainui vereint, einem kleinen Ort am Meer, wo ihnen ein altes Haus gehörte. Dort hatten sie gewohnt, ehe die Eltern sich in mehr als gegenseitigem Einverständnis getrennt hatten. Dort hatte sie auch ein Brief ihrer damals noch in Irland weilenden Mutter erreicht, in dem sie ihnen mitteilte, sie habe sich nach den langen Jahren der Trennung entschlossen, nach Neuseeland zurückzukehren und ihre Scheidung zu betreiben. Danach wollte sie für immer nach Irland zurück und ihren Vetter Miles heiraten. Während die Familie ihre Entscheidung keineswegs bedauerte, sah sie Alicias Kommen mit einiger Besorgnis entgegen. Als durch und durch selbstsüchtige Frau besaß Alicia zwar beträchtlichen Charme, aber auch eine ungewöhnliche Fähigkeit, im Leben ihrer Umgebung Krisen zu schaffen.
    Ihr zweiter Brief war sogar noch unleserlicher und wies noch dickere Unterstreichungen auf. »Ich kann gar nicht ausdrücken, meine Lieben, wie mir diese Entscheidung das Herz zerrissen hat. Nach einem ganzen Leben, meinen Kindern gewidmeten Leben, ist der Abschied schrecklich, aber es ist der einzige Ausweg. Miles wartet schon so lange und geduldig, und sein lieber alter Vater lebt nur diesem einen Tag entgegen. Ich darf jetzt nur noch an die beiden denken.«
    Achselzuckend hatte Angela den Brief zerknüllt. »Wie kann es einem das Herz zerreißen, wenn man gar keines hat? Und ein Leben, das uns gewidmet war! Als hätte sie sich je um uns oder um irgend jemand außer sich selbst gekümmert.«
    Freddie hatte darüber nur gelacht. »Süß ist sie, wie sie >der einzige Ausweg< so riesig schreibt und noch unterstreicht. Ich habe den Eindruck, sie glaubt wirklich daran. In dem anderen Brief hat sie es auch geschrieben. Außerdem muß es herrlich sein, wenn man in Mutters Alter jemanden hat, der jahrelang wartet.«
    In ihren Worten schwang Sehnsucht mit, denn es war ihr Streben, große Leidenschaft zu erwecken. Doch hatte sie das Gefühl, daß sie bis jetzt trotz ihrer Schönheit keinen Erfolg zu verzeichnen gehabt habe.
    »Mutter ist doch gar nicht so alt«, hatte Angela widersprochen. »Vier- oder fünfundvierzig. Schließlich war sie erst achtzehn, als sie Vater heiratete.«
    »Ach, die Ärmste. Stell dir vor, mit achtzehn verheiratet! Kein Wunder, daß sie uns so satt hat — vier Kinder knapp hintereinander.«
    »Nicht ganz, in ordentlichen Abständen. Shelagh ist jetzt sechsundzwanzig und du noch nicht neunzehn. An deiner Stelle würde ich keine weiche Regung an Mutter verschwenden. Reine Zeitvergeudung.«
    Freddie war ein wenig schockiert. Seltsam, daß Angela Mutter gegenüber noch immer so bittere Gefühle hegte, denn in Tainui hatte sie Stephen Lorimer kennen und lieben gelernt. Mit der Aussicht auf eine glückliche Ehe hätte ihre Schwester ruhig für alle, auch für Mutter, freundlichere Gefühle aufbringen können. Zu Freddie war sie reizend und lieb und hatte eine Heirat abgelehnt, bis ihre jüngere Schwester mit der Ausbildung als Krankenschwester begonnen hatte. In der Zwischenzeit diente beiden die Wohnung, die ihr Vater für Angela in der Stadt gemietet hatte, als Zuhause.
    Der Monat nach ihrer Rückkehr von Tainui war glücklich verlaufen, wenn auch ohne den Glanz jener Wochen am Meer. In ihnen hatte Freddie zum erstenmal das Familienleben genossen, außerdem sich aber verliebt, und Jonathan Blake sich gut in den Kreis der Familie eingefügt.
    Jonathan war noch immer vorhanden. Die Praxis, die er übernommen hatte, lag sogar in der Stadt. Aber Jonathan nahm seinen Beruf sehr ernst, und Freddie hatte entdecken müssen, daß ein junger Mann in sorglosen Ferientagen und ein ehrgeiziger junger Arzt, der eben eine Privatpraxis eröffnet hatte, zwei völlig verschiedene Wesen waren. Während des vergangenen Monats hatte Jonathan sich nur zweimal die Zeit genommen und sie in ihrer Wohnung besucht. Freddie war zusammen mit Angela einmal in seinem Haus zu Gast gewesen, wo eine bewunderungswürdige Haushälterin den neuen Arzt umsorgte. Für Freddie, die sich daran gewöhnt hatte, ihn während
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