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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher
Autoren: Heidi Hohner
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wenn er derjenige ist, der einen lebend nach unten bringen soll! Aber ich kann nicht stoppen, was mein Kopf sich da gerade zusammenreimt: Wakeboarden in Übersee? Von wegen! In meinen Ohren klingt das eher nach einer lukrativen Nutzungsänderung, vielleicht vom Sonnfischergrund? Meinem Sonnfischergrund? Heiß wird es mir plötzlich, so heiß, und ich starre auf die Insel und habe eine schreckliche Vision: Unser Biergarten ist verschwunden, stattdessen steht da am Ufer ein hochmoderner Ableger des Outdoorcenters, ein Ungetüm aus Stahl und Glas, innen schicker Toskana-Stil, und an der Rezeption sitzt ein zufrieden grinsender Michi-Mike, der gerade meinem Vater erklärt, dass er hier im Wakeboarding-Paradies nichts mehr zu suchen hat, weil er und seine Tochter schließlich so blöd waren, an die Katzlbergers zu verkaufen.
    Wakeboarden statt Fischerei? Und ich habe wochenlang nicht mit David geredet, weil ich Angst hatte, der will irgendetwas umkrempeln! Mehr krempeln geht ja gar nicht! Weggekrempelt würde ich da werden, einfach so, und mein Vater mit dazu!
    Ich behalte diese neue, schockierende Erkenntnis erst einmal für mich, aus Angst, das Raubvogelkreisen des Gleitschirms könnte sich blitzschnell in einen Sturzflug verwandeln. Und außerdem, habe ich nicht mit meiner Schwester damals besprochen, dass wir immer zu schnell sind mit unseren Urteilen?
    Nach ein paar endlosen Minuten halte ich es nicht mehr aus und mache einen Test, obwohl ich bei einem Sturzflug wahrscheinlich direkt ins Schloss Hohenaschau krachen würde.
    »Du Mike, können wir den Pachtvertrag für mich vielleicht schon jetzt machen? Ich meine, bevor wir zum Notar gehen? Damit ich auch sicher bin, dass ihr das Haus für mich wieder aufbaut?«
    Michi-Mike beugt sich vor, um zum Antworten möglichst nah an mein Gesicht zu kommen, was der Flugbahn des Gleitschirms eindeutig nicht guttut.
    »Ach geh, Schatzi, das braucht’s doch nicht. Wir vertrauen dir und du vertraust uns!«
    Aha! Kein Pachtvertrag im Vorfeld, das bestätigt leider meine Befürchtungen. Gott, auf was habe ich mich da nur eingelassen? Ich hake nicht nach, Hauptsache, der Herr Outdoorcoach lehnt sich wieder ordentlich in seine Seile, und auch er sagt nichts mehr. Ich hoffe, er konzentriert sich voll und ganz auf seine Pilotentätigkeit und merkt nicht, dass ich zwei Viertel des zerrissenen Kuverts aus meiner Jackentasche fummle, denn ich kann mir nicht helfen – ich will, ich muss sofort wissen, was David mir da hat zukommen lassen!
    »Achtung, Steilspirale! Vom Feinsten! Das können nur die Profis!«, versucht Michi-Mike mich jetzt anscheinend auf andere Gedanken zu bringen, und während sich der Gleitschirm schlagartig zwanzig Meter nach unten schraubt, halte ich die Fetzen des Dokuments eng an den Körper gedrückt, damit er nicht sieht, was ich mache. Mein Magen rebelliert mit sofortiger Seekrankheit, als ich die ersten Zeilen entziffere, egal, ich muss es schaffen, mir darauf einen Reim zu machen.
    »Schadstoffanalyse …«
    »Ziegelproben und Putz unbedenklich …«
    Ich kann fast nicht mehr, so übel wird mir auf diesem Weg nach unten, jeder Oktoberfestlooping ist ein Spaziergang gegen dieses Absacken und den Versuch, gleichzeitig die Fragmente dieses Gutachtens zu entziffern. Ich lehne den Kopf zurück, der Wind reißt mir die Blätter aus der Hand, die nach oben sausen, nein, ich sause nach unten, so sieht’s aus, aber das letzte, was ich habe lesen können, das muss ich unbedingt noch klären, bevor ich in Ohnmacht falle:
    »… Oberhalb der normalen Konzentration wurden gesundheitsschädliche Schimmelsporen nur auf einem Stück Dampfsperrfolie …«
    »Mike, was ist denn DAMPF-SPERR-FOLIE?«, schreie ich mit letzter Kraft gegen das Sausen des Windes an.
    »Mei, des brauchst halt auf dem Bau, für unters Dach«, schreit Michi-Mike. »Der Bappa nimmt die immer zum Isolieren!«
    Ich betrachte mit Sorge die Felder und das rasant größer werdende Schloss Hohenaschau unter uns. Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wie und wo wir landen werden, und was ich tun werde, wenn Michi-Mike mich jetzt in irgendeine Klamm hineinfliegt und mich dann mit gebrochenen Beinen verhungern lässt. Er scheint nämlich allmählich auch darauf zu kommen, dass seine liebe Kati nicht mehr ganz so ahnungslos ist wie heute Morgen.
    «Warum tätst jetzt du das wissen wollen, das mit der Dampfsperrfolie?«
    »Weil die bei uns gefunden worden ist. Mit Schimmel drauf! Ich weiß aber
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