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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund
Autoren: Ginna Gray
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bereit. Auf der Double R wirst du damit sowieso nichts anfangen können. Da wartet im Salon nämlich schon ein brandneuer Flügel auf dich.”
    “Ein Flügel …?” Lauren sah ihn fassungslos an und fand keine Worte.
    “Okay, Leute, schafft es rein”, rief Augustus. “Würdest du den Herrschaften zeigen, wo das Ding stehen soll?”
    “Verdammt, Dad, ich glaube, du hast ein wenig übertrieben”, murmelte Sam.
    “Unsinn. Ich warte seit Jahren darauf, dass du heiratest und ich endlich eine Tochter bekomme. Ich werde sie nach Strich und Faden verwöhnen, lass dir das gesagt sein.”
    Sam sah Lauren an. “Ich werde nichts dagegen unternehmen. Wenn es jemanden gibt, der es verdient hat, verwöhnt zu werden, dann ist es meine Frau.”
    Lauren hörte die Bemerkung und war hocherfreut. Aber sie war zu aufgeregt und zu sehr damit befasst, die Möbelpacker bei ihrer Arbeit zu überwachen, als dass sie dazu etwas hätte sagen können. Sie lief aufgeregt hin und her und war kaum in der Lage, ihre Begeisterung unter Kontrolle zu halten.
    Während sie den Männern ins Haus folgten, schüttelte Sam den Kopf. “Wie hast du das Ding hierher bekommen, ohne dass es in tausend Teile zerfallen ist? Die Straße weist mehr Krater auf als der Mond.”
    “Wir sind geschlichen”, antwortete sein Vater. “Vom Besucherzentrum bis hier haben wir vier Stunden gebraucht. Ich war fest entschlossen, dass die Kleine ein Piano bekommt.”
    Einer der drei Männer, die mitgekommen waren, war der Klavierstimmer, der sich an die Arbeit machte, nachdem das Instrument in Annies Wohnzimmer abgesetzt worden war.
    Als er mit seiner Arbeit fertig war, setzte sich Lauren ungeduldig auf die Bank und legte ihre Finger auf die Tasten. Nachdem sie die ersten Noten gespielt hatte, waren alle Anwesenden im Zimmer vor Andacht förmlich erstarrt und lauschten fasziniert der wundervollen Musik, die den Raum erfüllte.
    Larrys Frau und die beiden Söhne kamen schon bald in Annies Haus. Und als ein voll besetzter Wagen vorüberfuhr und die Insassen die Musik hörten, hielten sie an und drängten ins Wohnzimmer. Als Sam sah, dass sich rund um das Haus weitere Leute eingefunden hatten, öffnete er die Fenster, damit sie die Musik besser hören konnten. Nach über einer Stunde machte Lauren zum ersten Mal eine Pause und stellte fest, dass sich auf der Veranda und vor dem Haus eine große Menschenmenge angesammelt hatte, um ihrem Spiel zuzuhören.
    Ihr Talent sprach sich herum, und immer wenn aus Annies Haus Musik ertönte, fanden sich begeisterte Zuhörer ein, die zufällig des Weges gegangen waren. Manchmal kamen nahe Verwandte und gute Freunde ins Haus, lauschten fasziniert den bewegenden Melodien und machten sich wieder auf den Weg, wenn Lauren aufhörte.
    Nach einer Weile nannten die Navajo Lauren die Frau, die Musik für die Götter spielt, ein Name, der sie tief bewegte.
    Für Lauren war es eine Zeit des Friedens. Sie war verliebt, und auch wenn Sam es ihr nie sagte, begann sie zu vermuten -- zu hoffen –, dass er sie auch liebte. Seine Taten besagten das jedenfalls eindeutig. Jede Berührung, jeder Kuss verriet so tiefe Gefühle, dass ihre Träume immer wieder Auftrieb erhielten.
    Manchmal erwischte Lauren Sam dabei, wie er sie auf seine eindringliche Art ansah. Das besitzergreifende Leuchten in seinen Augen ließ ihr Herz einen kleinen Satz machen.
    Sie hatte Sam, sie hatte ihre Musik. Ihre Familie liebte sie, und das Volk seiner Mutter bewunderte sie. Von Zeta und Annie lernte sie Kochen, und Sams Großmutter erzählte ihr Geschichten und Legenden der Navajo und erklärte ihr die Bräuche und Kultur.
    Allerdings gab es auch Probleme im Reservat. Es gab Armut, Arbeitslosigkeit, es fehlte an vielen Dingen, die außerhalb des Reservats als selbstverständlich angesehen wurden. Alkoholismus war verbreitet und führte häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Im Ganzen betrachtet war das Leben im Reservat aber angenehm -- gemächlich, einfach und anspruchslos. Nach der Woche, die sie mit Sam auf der Flucht verbracht hatte, war die Ruhe, die hier herrschte, geradezu traumhaft.
    Carlo Giovessis schmierige Anwälte hatten es geschafft, den Prozess zweimal zu verschieben. Zweifellos sollten seine Killer mehr Zeit haben, um Lauren ausfindig zu machen. Der erste Verhandlungstag war nun für Ende Mai vorgesehen.
    Jedes Mal, wenn der Prozess verschoben wurde, kam er ihr noch ein Stück unwirklicher vor, so dass sie manchmal tagelang nicht daran dachte, aus
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