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Zerstörte Seelen

Zerstörte Seelen

Titel: Zerstörte Seelen
Autoren: Chris Mooney
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einiges gemeinsam: Beide wählten ihre Worte präzise, beide waren Alphatiere – gewohnt, jegliche Art mentaler Schachzüge auszuführen und das Spiel am Ende zu gewinnen. Das beklommene Gefühl in Darbys Brust verschwand zwar nicht vollständig, ließ aber ein wenig nach.
    «Wie ist der letzte Stand?», fragte Trent. Er zog sich einen Stuhl von einem anderen Arbeitstisch heran.
    «Alles ruhig», antwortete Lee. «Aber sicher wird er jeden Moment anrufen.»
    «Sie wollen ihn nicht selbst anrufen und ihm sagen, dass wir hier sind?»
    Lee schüttelte den Kopf. «Ich habe jetzt etwas, worauf er scharf ist.» Er zeigte auf Darby. «Ich warte, bis er sich bei mir meldet.»
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Flachbildschirm eines Computers zu, auf dem die Körper von fünf Menschen in Weiß, Orange, Gelb und Rot aufglühten. Eine Person schien auf einem Stuhl zu sitzen, drei befanden sich auf dem Fußboden, eine davon lag auf der Seite. Die fünfte Person ging im Zimmer auf und ab. Charlie.
    Der Monitor neben dem Bildschirm zeigte das Haus aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Dank eines Multiplexers konnten in der Einsatzzentrale die Bilder von vier verschiedenen Objektiven gleichzeitig ausgewertet werden. Trent hatte drei ferngesteuerte Kameras aufstellen lassen – eine vor dem Haus, eine seitlich und eine dahinter –, sodass er ständig Überwachungsdaten in Echtzeit erhielt. Am Rand der Bilder war das Datum und die aktuelle Zeit eingeblendet. Darby fiel auf, dass jede Aufzeichnung von einem eigenen digitalen Rekorder aufgenommen wurde. So ging keine Sekunde verloren.
    «Beeindruckende Auflösung», sagte sie.
    «Wir benutzen Kameras mit einem 24er Paradigitalobjektiv», sagte Trent. «Wir können sie um 360 Grad schwenken und sogar Infrarotaufnahmen machen, falls …»
    Ein Telefon klingelte.
    Trent griff nach dem Kopfhörer auf dem Tisch. Lee setzte ohne Hast sein Headset auf und drehte sich zu dem Monitor auf seinem Schreibtisch.
    «Hallo Charlie.» Lee gab sich so freudig, als spreche er mit einem alten Freund. «Dr. McCormick ist gerade angekommen. Sie sitzt direkt neben mir. Möchten Sie mit ihr reden?»
    Darby konnte Charlies Antwort zwar nicht hören, aber sie konnte sie lesen, denn eine Stimmerkennungssoftware übersetzte das Gesprochene fast simultan in einen Text, der auf dem Bildschirm erschien: «Ich will im Haus mit ihr sprechen. Allein.»
    Lee blickte zu Darby auf. Sie nickte.
    «Okay, Charlie», sagte Lee. «Dr. McCormick ist einverstanden. Sie kommt zu Ihnen rein. Ohne Begleitung. Ich habe mein Versprechen eingelöst. Jetzt sind Sie an der Reihe. Lassen Sie Ihre Familie frei.»
    Charlies Antwort erschien auf dem Bildschirm.
    «Sie muss sie erst sehen.»
    Lee legte nachdenklich die Stirn in Falten, doch er schien weder beeindruckt noch beunruhigt.
    «Sie haben mir Ihr Wort gegeben», sagte der Unterhändler ohne jeden aggressiven oder ungeduldigen Unterton. «Sie müssen der Polizei zeigen, dass Sie zur Kooperation bereit sind – dass Sie nicht die Absicht haben, Ihrer Familie Schaden zuzufügen.»
    Charlie antwortete: «Ich habe Ihnen gesagt, dass ich ihnen nichts tue. Darauf habe ich Ihnen mein Wort gegeben.»
    «Ich kann mir vorstellen, dass Sie aufgewühlt sind, und ich verstehe Ihren Unmut darüber, dass Sie so lange auf Dr. McCormick warten mussten. Aber wir mussten sie erst mit einem Privathubschrauber aus Boston holen. Ich habe mein Versprechen gehalten. Jetzt sind Sie dran. Sie wollen doch nicht, dass ich vor meinem Boss dumm dastehe, oder?»
    Lee sprach ganz entspannt mit Charlie. Sein Ton war so einfühlsam, als knüpfe er Kontakt zu einem lange verschollenen Familienmitglied.
    «Ich brauche Dr. McCormick als Zeugin», antwortete Charlie.
    «Wofür denn?», fragte Lee.
    Keine Antwort.
    Darby schaute auf den Monitor mit den Wärmebildern. Der Mann, der vorgab, Charlie Rizzo zu sein, schien etwas gegen das Ohr einer Geisel zu halten. Ein Telefon? Eine Pistole?
    Sie schob sich an Trent heran und flüsterte: «Was sagt er?»
    «Keine Ahnung.» Trent sprach leise. «Wir haben kein Mikrophon im Haus. Ich wollte einen meiner Männer ein Parabolmikrophon anbringen lassen, während Sie drinnen mit dem Geiselnehmer sprechen, damit wir …»
    «Sie und Ihre Leute warten auf meine Anweisungen.» Darby drehte sich zu Lee zurück und las die Worte, die über den Bildschirm liefen.
    «Bitte», stand da. «Wir haben nicht mehr viel Zeit.»
    «Das erwähnen Sie gerade zum fünften Mal», sagte
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