Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerstörte Seelen

Zerstörte Seelen

Titel: Zerstörte Seelen
Autoren: Chris Mooney
Vom Netzwerk:
steckte die Waffe wieder ins Halfter, hakte den Riemen ein, lehnte sich an die Wand und wartete auf Trents Antwort.
    Der Transporter kam holpernd zum Stehen.
    Darby rührte sich nicht. Keiner stand auf. Alle warteten auf Trents Entscheidung.
    Schließlich öffnete er den Mund.
    «Keiner rückt vor oder schießt, solange McCormick nicht den Befehl dazu gibt.»
    Darby glaubte, ein Aufblitzen von Bewunderung in Trents Augen gesehen zu sehen, bevor er sich seinen Männern zuwandte. «Verstanden?»
    Alle nickten.
    «Wenn ich ‹Blau› sage, ist das das Signal zum Vordringen ins Haus», sagte Darby. «Bei ‹Rot› soll der Scharfschütze Charlie ausschalten. Noch Fragen?»
    Es gab keine.
    Darby öffnete die Hecktüren. Kalte Luft strömte in den Transporter, die blauen und weißen Lichter der Streifenwagen blitzten.

4. Kapitel
    Darby trat hinaus in das Getümmel an der Polizeiabsperrung. Sie sah weder Häuser noch Straßenlaternen, nur ein langes, breites Asphaltband, das sich in beiden Richtungen meilenweit durch ein ansonsten undurchdringlich scheinendes Waldgebiet erstreckte. Landleben pur. Als Großstadtmensch fragte sie sich immer, wie jemand freiwillig in einer so entlegenen Gegend wohnen konnte.
    Die Luft war erfüllt vom Knacken und Rauschen der Polizeifunkgeräte. Dicht hinter Trent schlängelte Darby sich zwischen blau Uniformierten und Detectives in Zivil hindurch. Fast alle telefonierten. Ein kräftiger Wind rüttelte an den Ästen der Bäume und ließ die Herbstblätter tanzen, die sich bereits tief orange, gelb und rot verfärbten. Wenn sie über die Straße stoben, leuchteten sie in den blinkenden Lichtern der Streifenwagen auf.
    «Ist die Presse schon da?», fragte Darby.
    «Noch nicht», sagte Trent. «Aber wenn sie kommen – und bei Gott, das werden sie –, lassen wir sie auf keinen Fall bis hierher vor. Wir haben Patrouillen in jeder Straße. Die ganze Gegend ist abgeriegelt.»
    Der Luftraum nicht
, dachte Darby. Sobald sich die Sache herumsprach, was sicher bereits passierte, würden Hubschrauber mit Kameraleuten und Reportern über dem Haus der Rizzos kreisen.
    Die Einsatzzentrale, ein schlichter weißer Anhänger aus Kunststoff, war am Straßenrand zwischen zwei Polizeiabsperrungen geparkt. Trent stieg die ausklappbaren Metallstufen hinauf und hielt ihr die Tür auf.
    Das Innere des Containers war überraschend geräumig, strategisch konzipiert und aufgeteilt. In den Regalen standen Überwachungsgerätschaften aller Art, ein Mikrowellenempfänger für die Kamera auf dem Dach der Einsatzzentrale, Abhörvorrichtungen und ein Stereo-Beschleunigungsmesser, mit dem man Stimmen durch Fenster, Wände und Fußböden hindurch auffangen konnte. Die warme, abgestandene Luft roch nach Kaffee und weckte in Darby Erinnerungen an lange Labornächte. Wie oft hatte sie mit brennenden Augen gegen den Schlaf angekämpft, sich fieberhaft durch Aufzeichnungen, Akten und Beweismittel gearbeitet. Immer in der Hoffnung, etwas zu finden, was bislang übersehen worden war – den entscheidenden Hinweis, die richtige Spur. Darby kannte das Gefühl, von Adrenalin getrieben dieses Rennen gegen die Zeit aufzunehmen. Und das Gefühl von Frustration und Verzweiflung, wenn ihr die Zeit zwischen den Fingern zerrann.
    Unwillkürlich musste sie an Coop denken. Wie sehr sie ihn vermisste und wie gern sie ihn nun an ihrer Seite gehabt hätte. Im Augenblick lebte er in London und arbeitete für eine Firma, die neue Technologien für die Auswertung von Fingerabdrücken entwickelte. Das war sein Spezialgebiet. Aber anstatt mit ihr gemeinsam Tatorte zu analysieren und Spuren auszuwerten, beriet er nun die britische Ausweis- und Passbehörde beim Aufbau eines neuen Abgleichsystems für Fingerabdrücke. Es sollte sich in die größte biometrische Datensammlung der Welt einbinden lassen – das vom FBI betriebene integrierte automatisierte Fingerabdruckidentifizierungssystem IAFIS .
    Der Mann, von dem Darby annahm, dass er der Chefunterhändler war, saß an einem Arbeitstisch an der Wand zum Führerhaus. Trent stellte ihr den schmächtigen Menschen mit den kantigen Zügen knapp als Billy Lee vor. Darby schätzte ihn auf irgendwo jenseits der fünfzig. Er trug einen gutsitzenden anthrazitfarbenen Anzug, hatte sein graues Haar akkurat gekämmt und gescheitelt und wirkte wie jemand, der normalerweise in einem Verwaltungsrat saß. Darby schüttelte ihm die Hand und spürte seinen trockenen festen Griff. Lee und Gary Trent hatten offenbar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher