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Selina - Liebesnaechte in Florenz

Selina - Liebesnaechte in Florenz

Titel: Selina - Liebesnaechte in Florenz
Autoren: Mona Vara
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Florenz um 1480
Ankunft in Florenz
    „ D as geht niemals gut!“ jammerte Francoise und zerknüllte verzweifelt ein feines Tuch in der Hand. „Niemals! Ich weiß wirklich nicht, weshalb ich mich darauf eingelassen habe, Selina. Ich hätte niemals nachgeben sollen! Die Idee ist toll! Sie werden uns sofort durchschauen!“
    „Aber nein“, wiederholte Selina nun schon zum hundertsten Mal. Sie liebte Francoise, ihre Gesellschafterin und Vertraute, wie eine Schwester, aber in diesem Moment hätte sie sich eine charakterlich stärkere Begleiterin gewünscht. „Wie sollen sie uns durchschauen, Francoise? Sieh doch, meine Liebe, ich habe es dir schon so oft erklärt: Mein Großvater kennt mich so wenig wie der Rest der Familie meiner Mutter. Sie haben mich noch nie gesehen – abgesehen von einem Bild, das Mutter vor fast zehn Jahren nach Florenz geschickt hat. Damals war ich fünfzehn – wie soll man da noch eine Ähnlichkeit erkennen? Und außerdem“, sie musterte ihre Freundin mit kritischem Blick, „finde ich, siehst du diesem Bild ohnehin viel ähnlicher. Du hast fast dasselbe Haar wie ich, ungefähr die gleichen dunkelbraunen Augen und wir sind gleich groß. Deine Nase ist hübscher als meine und dein Mund etwas zierlicher, aber auf diese Kleinigkeiten wird niemand achten.“ Es gab auch noch andere Ungleichheiten zwischen Selina und Francoise, aber auf die mochte sie im Moment nicht eingehen. Da war zum Beispiel Francoises Haar, das in der Sonne golden leuchtete, während ihres ein gleichmäßiges haselnussbraun aufwies. Und dann noch gewisse Unterschiede in der Figur. Selina streifte die zarte Figur ihrer Freundin mit einem wehmütigen Blick. Sie selbst war zwar ebenfalls schlank, was daher kam, dass sie ihre Tage lieber zu Pferd oder auf der Jagd verbrachte als im Zimmer, aber sie hatte es oft bedauert, dass sie so weit vom Schönheitsideal entfernt war, das kleine runde Brüste als Merkmal der Vollkommenheit bezeichnete. Ebenso wie einen kleinen Mund. Selinas Mund war eindeutig zu breit und zu voll, ihre Hüften dagegen nicht breit genug und ihre Hände ein wenig zu groß. Nein, sie war bei weitem nicht so schön anzusehen wie Francoise, aber keiner dort in Florenz würde den Unterschied bemerken. Wie sollte der Großvater auch auf die Idee kommen, dass seine Enkelin nicht als diejenige auftrat, die sie war? Er würde gewiss keinen Verdacht schöpfen. Und vor allem konnte sie sich in Ruhe in der Stadt aufhalten, ohne von diesem unerwünschten...
    „Frag mich noch einmal“, unterbrach Francoise ihre Gedanken.
    „Also gut. Wie heißt du?“
    „Ich bin Selina Giovanna Arabelle de Valière“, leierte ihre Freundin herunter. „Gut. Und wer sind deine Eltern?“
    „Mein Vater war der Comte de Valière, er starb als ich zwölf Jahre alt war. Meine Mutter war Giovanna Santini, die Tochter von Bene Santini, dem florentinischen Kaufmann. ....Oh Gott“, jammerte Francoise, „ich bin sicher, wenn ich dort ankomme, werde ich alles vergessen haben!“
    „Du wirst nichts vergessen“, erwiderte Selina freundlich. „ Wenn du nämlich einen Fehler machst und wir entdeckt werden, dann schneide ich dir die Ohren ab.“ Francoise sah ihre Freundin zuerst entsetzt an, dann kicherte sie.
    „Lach nicht, ich meine es ernst“, sagte Selina finster, musste dann jedoch selbst kichern. Sie wollte es vor Francoise nicht zugeben, aber sie war ebenfalls aufgeregt. So sehr sogar, dass sie fast wünschte, die Fahrt durch die liebliche Landschaft der Toskana wäre noch lange nicht zu Ende. Dabei waren sie jedoch, wie ihnen der von hier stammende Kutscher versichert hatte, schon bald am Ziel. Ihr Großvater hatte ihn gesandt, zusammen mit einigen bewaffneten Knechten, die über die Reise seiner Enkelin wachen sollten. Sie hatten sich diesseits der Alpen getroffen und Selina hatte ihre eigenen Begleiter zurück nach Burgund geschickt. Zu diesem Zeitpunkt jedoch hatten die beiden jungen Frauen bereits die Rollen getauscht gehabt.
    „Vielleicht ist er gar nicht so unangenehm wie du denkst“, sagte Francoise plötzlich. Sie sprach ebenso wie ihre Freundin in ihrem heimatlichen Dialekt, damit die florentinischen Begleiter sie nicht verstehen konnten.
    „Wer?“
    „Nun, dieser Mann mit dem dein Großvater dich verheiraten will! Möglicherweise, wenn du ihn näher kennen lernst...“
    „Es genügt mir schon, was ich von ihm weiß“, erwiderte Selina abfällig. Sie zog den Brief des Großvaters aus ihrer Kleidertasche, öffnete
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