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Selina - Liebesnaechte in Florenz

Selina - Liebesnaechte in Florenz

Titel: Selina - Liebesnaechte in Florenz
Autoren: Mona Vara
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und all diese Orte sehen zu können, hatte sie dazu getrieben, diese Komödie zu spielen.
    Am Abend versammelte sich die Familie meist in der sala , speiste gemeinsam, besprach die Ereignisse des Tages, die Männer diskutierten wichtige Vorhaben und geschäftliche Belange, und dann saßen alle zusammen, bis es Zeit war, sich zur Ruhe zu begeben. Ihre Tante und Francoise arbeiteten an Nähsachen, sie selbst mühte sich gelegentlich ebenfalls mit einem Stückchen Stoff oder einer Stickerei ab. Die beiden Männer und der älteste Sohn spielten Schach und manchmal las Fiorina, die eine angenehme Stimme hatte, aus einem Buch vor – meist die Bibel, die der alte Patriarch neben seinen Geschäftsbüchern als lehrreichste Lektüre betrachtete.
    Selina mochte dieses abendliche Zusammensitzen sehr gerne. Sie hatte lange mit Francoise und ihrer Tante alleine gelebt, nur von Dienstboten umgeben. Hier jedoch war die Zuneigung zwischen den vielen, auch nicht im Haus lebenden Familienmitgliedern fühlbar und sie erstreckte sich nicht nur auf Francoise, sondern sogar auf deren Gesellschafterin, die vielleicht nicht gerade gleichgestellt war, aber doch respektiert und geschätzt wurde.
    Ihre angeblich dienende Position verschaffte ihr Freiheiten, die eine Enkelin des Bene Santini nicht gehabt hätte. Im Gegensatz zu Francoise konnte sie sich frei bewegen und ungestört in der Stadt herumlaufen, meistens in Begleitung eines der halben Kinder, die sich als Dienerinnen verdingt hatten oder mit einem der Bauernmädchen, die froh waren, der Arbeit im Haus für einige Stunden zu entkommen. Ihre arme Freundin hatte es da wesentlich schwerer. Es war undenkbar für ein unverheiratetes Mädchen aus gutem Hause alleine auf die Straße zu gehen, und in ihrem Fall wachte der Großvater mit besonderer Strenge darüber, dass sie nichts tat, was sie kompromittieren und den heißersehnten Ehemann seiner Enkelin veranlassen könnte, sich eine Frau unter den anderen reichen Familien zu suchen, die – wie Fiorina ihr heimlich zugeflüstert hatte – sich ebenfalls sehr bemühten, ihn für sich zu gewinnen.
    Francoise und Selina wichen zwar dem alten Santini so gut wie möglich aus, mochten den Rest der Familie jedoch sehr gerne. Wie es üblich war, hatte der Großvater die Gewalt über die ganze Familie und deren Güter und regierte wie ein kleiner König über seinen Sohn, seine Schwiegertochter und die Enkelkinder. Das entsprach ganz dem Recht und der hier herrschenden Sitte, und es war auch in ihrer Heimat so üblich, dass Frauen und Kinder sich dem Willen des Vaters zu fügen hatten. Selina jedoch, die es gewohnt war, ihre eigene Herrin zu sein und frei schalten und walten zu können, empfand diesen Zustand als beklemmend. Niemals, so schwor sie sich, würde sie es einem Mann durch sein eheliches Recht erlauben, über sie und ihren Besitz zu verfügen.
    Sie hatte, nachdem sie ins heiratsfähige Alter gekommen war, genügend Anträge bekommen und jeden abgelehnt. Dabei hatte sie auch ihr Stiefvater Louis unterstützt, allerdings aus nicht ganz selbstlosen Gründen, weil er sich anfangs von dem heranwachsenden, durchaus nicht ganz reizlosen Mädchen nicht hatte trennen wollen und später, weil er sich nach dem Tod ihr Mutter erhofft hatte, Selina als neue Gattin zu gewinnen.
    Der ihr nun zugedachte Ehemann, Alessandro di Barenza hielt sich immer noch in Venedig auf, wie sie von Fiorina erfuhren. Einem Ort des Lasters, wie diese ihnen mit Entrüstung und vor Vergnügen funkelnden Augen erzählte. Sie schien diesen Gecken sehr zu bewundern, schilderte ihn in den glühendsten Farben und obwohl sie jeder dieser Aussagen pflichtschuldigst ein Lob für ihren liebenswerten und guten Mann hinzufügte, zweifelte Selina nicht mehr daran, dass sie den gutmütigen, aber langweiligen Onkel Giovanni sehr schnell gegen den offenbar so interessanten Alessandro eingetauscht hätte.

Alessandro di Barenza
    S elina und Francoise waren unter der Aufsicht einer älteren Tante von Fiorina, eines Dieners und einer Magd am Markt gewesen und kamen nun mit prall gefüllten Körben wieder zurück. Sie hatten Obst und Gemüse eingekauft und sich, weil Selina das bunte Treiben am Markt so sehr gefiel, länger als beabsichtigt dort aufgehalten. Als sie das Haus erreichten, stand Fiorina schon am Tor und winkte ihnen zu.
    „Gut, dass ihr endlich hier seid! Schnell, der Vater ist schon ganz ungeduldig! Alessandro di Barenza ist angekommen!“
    Francoise ließ vor Schreck den Korb
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