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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit
Autoren: Philip K. Dick
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hier?« fragte sie mit schwankender Stimme. »Liegt es an mir?« Sie sah Margo an. »Habt ihr beiden ein Verhältnis? War das die ganze Zeit über?«
Sie schwiegen beide.
»Bitte, erklärt es mir«, sagte Junie.
»Herrgott noch mal, willst du endlich verschwinden. Geh nach Haus«, sagte Black.
»Okay. Wie du meinst«, sagte sie weinerlich. »Kommst du morgen heim, oder ist das endgültig?«
»Nur für heute nacht«, sagte er.
Die Tür fiel hinter ihr zu.
»Was für ein Ekel«, sagte Bill Black.
»Sie glaubt immer noch daran«, meinte Margo. »Daß sie Ihre Frau ist.«
»Sie wird es glauben, bis sie ›umgedreht‹ ist«, sagte Bill. »Sie auch. Sie werden wieder sehen, was Sie gesehen haben. Das Training ist da, unterschwellig. Eingeprägt in euch.«
»Es ist furchtbar«, sagte sie.
»Ach, ich weiß nicht. Es gibt Schlimmeres. Es ist ein Versuch, euch das Leben zu retten.«
»Ist Ragle auch ›umgedreht‹? Wie wir anderen alle?«
»Nein«, sagte Black, als er seinen Schlafanzug auf das Sofa legte. Margo fielen die schreienden Farben auf, die grellroten Blumen und Blätter. »Ragle ist in etwas anderer Verfassung. Er hat uns die Idee für das Ganze geliefert. Er geriet in eine Klemme, und er konnte sich nur davon befreien, indem er sich in eine Psychose zurückzog.«
Dann ist er wirklich geisteskrank, dachte sie.
»Er hat sich in einen Tagtraum der Friedlichkeit und Ruhe zurückgezogen«, sagte Black und zog den Wecker auf. »In eine Zeit vor dem Krieg. In seine Kindheit. Ende der fünfziger Jahre, als er noch ein Kleinkind war.«
»Ich glaube kein Wort«, sagte sie widerstrebend. Aber sie hörte alles.
»Wir fanden also ein System, mit dem wir ihn in seiner belastungsfreien Welt leben lassen konnten. Relativ belastungsfrei, meine ich. Während er trotzdem das Abfangen der Raketen vorausberechnete. Ohne das Gefühl einer Belastung konnte er das. Er konnte aus dem Leben der ganzen Menschheit ein Spiel machen, ein Zeitungspreisausschreiben. Das war der Tip für uns.
Als wir eines Tages in seine Zentrale in Denver kamen, sagte er zur Begrüßung: ›Ich habe das heutige Rätsel fast gelöst.‹ Ungefähr eine Woche später war der Rückzug in eine Phantasiewelt komplett.«
»Ist er wirklich mein Bruder?« fragte sie.
Black zögerte.
»Nein.«
»Ist er verwandt mit mir?«
»Nein«, sagte Black widerstrebend.
»Ist Vic mein Mann?«
»N-nein.«
»Ist überhaupt jemand mit einem anderen verwandt?«
»Ich ...« Black biß sich auf die Unterlippe. »Zufällig sind wir beide verheiratet. Aber Ihre Persönlichkeit paßte besser in Ragles Haushalt. Es mußte auf praktischer Grundlage umgestellt werden.«
Danach sagten sie beide nichts mehr. Margo ging unsicher in die Küche und setzte sich an den Tisch.
Bill Black mein Ehemann, dachte sie. Major Bill Black.
Ihr Mann entrollte auf dem Sofa eine Decke, warf ein Kissen hin und bereitete sich zum Schlafen vor.
Sie ging an die Tür und sagte: »Kann ich etwas fragen?«
Er nickte.
»Weißt du, wo die Zugschnur ist, nach der Vic an dem Abend im Badezimmer gegriffen hat?«
»Vic hatte ein Lebensmittelgeschäft in Oregon. Da könnte die Zugschnur gewesen sein. Oder in seiner Wohnung dort.«
»Wie lange sind wir beide schon verheiratet?«
»Sechs Jahre.«
»Kinder?«
»Zwei Mädchen. Vier und fünf Jahre alt.«
»Und Sammy?« Sammy schlief in seinem Zimmer. »Er ist mit niemandem verwandt? Einfach ein Kind, das irgendwo verpflichtet worden ist, wie ein Schauspieler für eine Rolle?«
»Er ist Vics Junge. Er gehört Vic und seiner Frau.«
»Wie heißt seine Frau?«
»Du kennst sie nicht.«
»Doch nicht die große Texanerin im Supermarkt?«
Black lachte.
»Nein. Ein Mädchen namens Betty oder Barbara. Ich kenne sie auch nicht.«
»Was für ein Schlamassel«, sagte sie.
»Allerdings.«
Sie ging in die Küche zurück und setzte sich wieder an den Tisch. Später hörte sie, wie er den Fernsehapparat einschaltete. Er hörte sich etwa eine Stunde lang Konzertmusik an, dann schaltete er das Gerät und die Lampe aus, und sie hörte, wie er sich hinlegte. Später schlief sie am Küchentisch ein.
Das Telefon weckte sie. Sie konnte Bill Black auf der Suche danach im Wohnzimmer herumtappen hören.
»In der Diele«, sagte sie dumpf.
»Hallo«, sagte Black.
Es war halb vier Uhr, wie sie auf der Küchenuhr sah. Guter Gott, dachte sie.
»Okay«, sagte Black. Er legte auf und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie hörte, wie er sich anzog, die Sachen in seinen Koffer stopfte und das Haus verließ. Die Tür
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