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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit
Autoren: Philip K. Dick
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Präsidentenwahl von 1987. Und gewinnen mit Wolfe. Der Sieger. Vor ihm die schlanke, schlaksige Gestalt des Rechtsprofessors aus Harvard, dann sein Vizepräsident. Was für ein Gegensatz, dachte er. Diese Verschiedenheit, verantwortlich für einen Bürgerkrieg. Gemeinsamer Wahlkampf. Bemüht, alle Stimmen zu erreichen. Aber geht das? Rechtsprofessor aus Harvard und ein ehemaliger Eisenbahner. Auf der einen Seite römisches und englisches Recht, und da ein Mann, der das Gewicht von Salzsäcken notiert.
»Erinnerst du dich an John Moraga?« fragte er Vic.
Vic sah ihn verwirrt an.
»Natürlich«, murmelte er.
»Komisch, daß ein gebildeter Mann so leicht zu übertölpeln war«, sagte Ragle. »Spielball für die wirtschaftlichen Interessen. Wahrscheinlich zu naiv. Zu isoliert.« Zuviel Theorie und zuwenig Erfahrung, dachte er.
»Ich kann dir nicht recht geben«, sagte Vic mit fester Stimme. »Ein Mann, der entschlossen war, in der Praxis seinen Grundsätzen zum Durchbruch zu verhelfen, gegen alle Widerstände.«
Ragle sah ihn erstaunt an. Der angespannte Ausdruck der Gewißheit. Parteilichkeit, dachte er. Nächtliche Debatten in Bars: ich möchte nicht tot mit einer Salatschüssel aus Mond-Erz gefunden werden. Kauft nichts vom Mond. Der Boykott. Und alles im Namen von Grundsätzen.
»Kauft Ant-Erz«, sagte Ragle.
»Kauft zu Hause«, bestätigte Vic ohne Zögern.
»Warum?« sagte Ragle. »Wo ist der Unterschied? Betrachtest du die Antarktis als Zuhause?« Er war verwirrt. »Mond-Erz oder Ant-Erz. Erz ist Erz.« Die große außenpolitische Debatte. Der Mond wird wirtschaftlich nie etwas für uns bedeuten, dachte er. Vergiß ihn. Aber wenn er nun doch etwas wert ist? Was dann?
1993 unterzeichnete Präsident Moraga das Gesetz, das die wirtschaftliche Entwicklung Amerikas auf dem Mond beendete. Hurra! Peng! Peng!
Konfettiparade auf der Fifth Avenue.
Und dann der Aufstand. Die Wölfe, dachte er.
»Gewinnen mit Wolfe«, sagte er.
»Nach meiner Meinung ein Haufen von Verrätern«, sagte Vic schroff.
Mrs. Keitelbein stand abseits, hörte zu und beobachtete sie.
»Das Gesetz stellt klar, daß bei Amtsunfähigkeit des Präsidenten der Vizepräsident an seine Stelle tritt«, sagte Ragle. »Wie kannst du da von Verrätern sprechen?«
»Es ist nicht dasselbe, als wäre er wirklich Präsident. Er sollte nur dafür sorgen, daß die Wünsche des eigentlichen Präsidenten ausgeführt wurden. Er sollte nicht die Außenpolitik des Präsidenten zerstören. Er hat die Krankheit des Präsidenten ausgenützt. Gelder für die Mondprojekte freigegeben, um einem Haufen von kalifornischen Liberalen zu gefallen, die ihren Träumen nachhingen und keinen gesunden Menschenverstand hatten ...« Vic ächzte vor Empörung. »Die Mentalität von Jugendlichen, die mit Feuerstühlen ganz schnell und ganz weit fahren wollten. Hinter die nächste Bergkette sehen.«
»Das hast du aus irgendeiner Zeitung«, sagte Ragle. »Das sind nicht deine Ideen.«
»Eine Freudsche Erklärung, sexuelle Antriebe. Warum sonst auf den Mond gehen? All das Gerede vom letzten Ziel des Lebens? Barer Unsinn.« Vic richtete anklagend den Zeigefinger auf ihn. »Und legal ist es auch nicht.«
»Wenn es nicht legal ist, spielt es keine Rolle, ob sexuelle Antriebe dahinterstecken oder nicht«, meinte Ragle. Du wirst unlogisch, dachte er. Du willst beides haben. Es ist unreif und gegen das Gesetz. Du sagst irgend etwas dagegen, was dir gerade einfällt. Warum bist du so gegen die Erschließung des Mondes? Der Geruch des Fremdartigen? Ansteckung? Das Fremde sickert durch die Mauerritzen ...
Das Radiogerät schrie: »... schwer krank durch ein Nierenleiden, erklärte Präsident John Moraga in seiner Villa in South Carolina, er werde nur nach gründlichster Prüfung und unter strikter Beachtung der nationalen Interessen beschließen ...«
Gründlichst, dachte Ragle. Der Arme. Nierenkrank.
»Er war ein verdammt guter Präsident«, sagte Vic.
Ragle sagte: »Er war ein Idiot.«
Mrs. Keitelbein nickte.
Die Gruppe der Mondkolonisten erklärte, sie werde die erhaltenen Gelder nicht zurückgeben, wie die Behörden es verlangten. Das FBI nahm sie fest. Unter Vorwänden, dachte Ragle.
    Im trüben Licht des Abends beleuchtete das Autoradio die Armaturen, sein Knie, das Knie des Mädchens neben ihm, während er und sie dalagen, verschlungen, warm, schwitzend; ab und zu griffen sie in eine Tüte Kartoffelchips. Er beugte sich einmal vor, um einen Schluck Bier zu trinken.
»Warum möchte jemand auf dem
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