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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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opfern, damit der schreckliche Saladin die schöne Prinzessin heiraten kann, die sich derweil im goldenen Käfig ihrer Gemächer in Liebe nach einem jungen, edlen Krieger verzehrt.
    2.25 Uhr. Das Video ist fertig. Mastino, Perro und Sottile setzen Refat in ein anderes Auto, ebenfalls mit zivilem Kennzeichen, und fahren in Richtung Kaufhaus. In einer Tasche transportieren sie Attentatspläne, Skizzen, Mappen, den Briefwechsel zwischen den beiden Brüdern und einem jungen Angehörigen der albanischen Mafia, der sich bereit erklärt hatte, gegen entsprechende Bezahlung eine gewisse Menge „noch funktionstüchtiges“ Tritol abzugeben. Papierfetzen, die man gefunden hatte, als die Jungs in der improvisierten Moschee der Refat-Brüder aufgeräumt hatten. Im Inneren des Wagens sitzend ruft Mastino Corvo an. Die zweite Mannschaft bezieht Stellung.
    Die beiden verrückten Refats hatten tatsächlich diesen Plan. Sie wollten sich in einem gut besuchten Kaufhaus gleich nach der Öffnung in die Luft sprengen. Doch selbst wenn Salah der Affe ihnen keinen Tipp gegeben hätte, wäre es ihnen nicht gelungen, denn der Albaner besaß, wie sie im Verlauf eines altmodisch geführten Verhörs herausgefunden hatten, kein einziges Gramm Sprengstoff. Er hatte vor abzukassieren und dann zu verschwinden. Die Refats waren einfach zwei Einfaltspinsel. Aber die Idee war zugleich einfach und genial. Und vor allem kam sie zur rechten Zeit. Und hier kam der
Prince of Persia
ins Spiel. Zwei Aspekte des Spiels faszinierten den Kommandanten nämlich in besonderer Weise. Erstens: Jordan Mechner bringt sein geniales Produkt 1989 auf den Markt, im Jahr des Mauerfalls. Seit diesem Augenblick ist nicht länger der russische Bär, der schon aufgrund seines Scheiterns zahm geworden war, der Feind, sondern der anmaßende, schreckliche Araber. Ein hervorragendes Gespür für Zeitgeist. Zweitens: Auf einer cleveren Datei, die der ersten Ausgabe des Videospiels beigelegt war, wurden Tricks demonstriert, wie man einen billigen Sieg feierte, indem man die Levels übersprang und die Feinde massenweise ausrottete. Ein wunderbares Gespür für die wahre Natur des Spiels: Betrug.
    2.45 Uhr: Die beiden Mannschaften treffen sich. Mastino bespricht noch einmal die letzten Details der Operation. Mit einer einvernehmlichen Geste bereiten sich die fünf Polizisten und der Gefangene auf die Inszenierung vor.
    Betrug. Also Wahrheit. Die Agentur, die den Job in Auftrag gegeben hatte, hatte Interesse daran, die Diffamierungskampagne gegen das iranische Regime zu unterstützen. Die Regierung zögerte, wie es Politiker für gewöhnlich immer tun. Es bedurfte eines präzisen Signals, um sie in die Knie zu zwingen. Die Italiener galten als zuverlässige Partner. Zum Teil war der Krieg gegen Saddam einem gefälschten Dokument zu verdanken über Uranlieferungen aus dem Niger, das von entschlossenen Fälschern im Herzen Roms hergesellt worden war. Betrug als Wahrheit. Obwohl die Agenten der Geheimdienste ihr Bestes gegeben hatten, wussten viele neutrale Beobachter – die UNO und die Franzosen, um nur ein paar zu erwähnen – sowie umsichtige Vertreter der öffentlichen Meinung von Anfang an, dass es sich um eine Fälschung handelte … und obwohl es auch an Beweisen und leidenschaftlichen Protesten nicht fehlte … hatte der Betrug letzten Endes funktioniert. Es war wie beim Videospiel
Prince of Persia:
Man musste die Zwischenlevels überspringen und geheime Informationen nützen.
    Die wahren Spieler verachteten derartige Abkürzungen. Die Sieger bildeten sich was darauf ein. Schließlich, als alle wussten, dass Saddam gar keine strategischen Waffen besaß und schon gar keine Bombe, war der Irak besetzt worden. Es gab keine glaubwürdigen Beweise, dass der Iran Selbstmordattentate im Westen in Auftrag gegeben hatte. Also musste man sie erfinden. Es würde funktionieren, genauso wie es im Fall von Bagdad und Basrah funktioniert hatte. Denn auch das war eine Möglichkeit, eine Wahrheit, die tatsächlich existierte, in einem freundlicheren Licht erscheinen zu lassen. Das Massaker war im Herzen des Islam. Es hatte keinen Sinn, Zeit mit Zwischenlevels zu vergeuden. Man musste das Herz finden und es herausreißen, bevor es zu spät war. Und vor allem erwies sich die Sache auch in ökonomischer Hinsicht als sehr vielversprechend. Vor allem in dieser Hinsicht.
    Die vorerst letzte und gelungenste praktische Umsetzung der theoretischen Lehren Professor Wisniaskis war der Alarm, der von den
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