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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens
Autoren: Cecelia Ahern
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schon wieder ausrücken wollte, an seinen pummeligen Beinchen zu packen. Er zog ihn über den Teppich zu sich, und Pud quiekte vergnügt wie ein Ferkel.
    »Und wir alle geben acht auf Daddy!«, jubelte Lucy und tanzte wild durchs Zimmer.
    »Ach, um den braucht ihr euch keine Sorgen zu machen«, meinte Lou leise, während er rätselte, wie die Windel funktionierte. Schließlich begriff er das Prinzip, handelte entsprechend und knöpfte dann schnell die Knöpfe des Stramplers zu. »Heute lassen wir ihn ohne Pyjama schlafen«, verkündete er und versuchte, selbstsicher zu klingen.
    »Mummy macht immer das Licht aus, damit er besser einschläft«, flüsterte Lucy.
    »Oh, okay, gute Idee«, flüsterte Lou und knipste das Licht aus, so dass nur noch das Nachtlicht mit Pu dem Bären an der Decke zirkulierte.
    Zufrieden vor sich hin gurgelnd – nachdenkliche Nicht-Wörter, die nur er verstand –, beobachtete Pud die Lichter.
    Lou kauerte sich auf den Boden und zog Lucy zu sich, und so saßen sie eng aneinandergeschmiegt auf dem Teppich und sahen zu, wie Pu – ein Bär von geringem Verstand – an der Zimmerdecke einem Honigtopf nachjagte. Nun war der Moment gekommen, es ihr zu sagen.
    »Lucy, du weißt ja, ganz gleich, wo Daddy ist, ganz gleich, was in deinem Leben passiert, egal, ob du dich fröhlich oder traurig oder einsam oder verloren fühlst – ich bin immer für dich da. Selbst wenn du mich nicht siehst, musst du daran denken, dass ich da drin bin« – er berührte ihren Kopf –, »und hier.« Er legte die Hand auf ihr Herz. »Und ich seh dich und bin stolz auf dich und auf alles, was du tust. Und wenn du jemals über meine Gefühle für dich unsicher bist, dann erinnere dich an diesen Moment, erinnere dich an das, was ich dir jetzt sage und wie sehr ich dich liebe, mein Schatz. Daddy liebt dich, okay?«
    »Okay, Daddy«, sagte sie nachdenklich. »Aber was ist, {353 } wenn ich böse bin? Liebst du mich auch noch, wenn ich böse bin?«
    »Wenn du böse bist«, begann er und dachte einen Moment nach, »dann vergiss nicht: Dein Daddy glaubt immer fest daran, dass du versuchst, so gut zu sein, wie du kannst.«
    »Aber wo bist du dann?«
    »Wenn ich nicht hier bin, dann bin ich woanders.«
    »Aber wo ist das?«
    »Das ist ein Geheimnis«, flüsterte er, und er musste sich anstrengen, die Tränen zurückzuhalten.
    »Ein Geheimnis-Woanders«, flüsterte sie zurück, und er spürte ihren süßen, warmen Atem auf seinem Gesicht.
    »Ja, genau.« Er umarmte sie fest und bemühte sich, keinen Laut über seine Lippen kommen zu lassen, während dicke, heiße Tränen über seine Wangen rollten.
    Unten im Esszimmer hörten die anderen das Gespräch in Puds Zimmer über das Babyfon, und keiner der hier versammelten Sufferns konnte die Tränen zurückhalten. Aber es waren Freudentränen – darüber, dass ein Sohn, ein Bruder und ein Ehemann endlich zu ihnen zurückgekehrt war.
    An diesem Abend liebten sich Lou Suffern und seine Frau. Danach hielt er sie im Arm und streichelte ihre seidenweichen Haare, bis er eindöste, und selbst im Halbschlaf glitten seine Fingerspitzen noch sanft über die Konturen ihres Gesichts, über die kleine Himmelfahrtsnase, die hohen Wangenknochen, die Kinnspitze, wanderten den Unterkiefer entlang und von dort hinauf bis zum Haaransatz – als wäre er blind und würde sie zum ersten Mal sehen.
    »Ich werde dich immer lieben«, flüsterte er, und sie lächelte, schon halb im Traum.
    Mitten in der Nacht drang das Geräusch der Klingel unten am Tor in ihre Traumwelt, und Ruth erwachte. Verschlafen stand sie auf, zog ihren Bademantel über und öffnete die Haustür für Raphie und Jessica. Auch Quentin und Lous Vater waren aufgestanden und begleiteten Ruth, denn sie fanden beide, dass es ihre Aufgabe war, das Haus und seine Bewohner vor nächtlichen Gefahren zu beschützen. Aber vor dem, was Ruth bevorstand, gab es keinen Schutz.
    »Es tut mir sehr leid, Sie zu dieser nachtschlafenden Zeit stören zu müssen«, sagte Raphie ernst, als sich alle im Wohnzimmer versammelt hatten.
    Ruth musterte die junge Polizistin neben ihm: dunkle, fast schwarze Augen, deren Blick kalt und traurig schien, Stiefel und Hose mit Gras und Schlamm verklebt, unzählige Schrammen im Gesicht, eine Schnittwunde, mehr schlecht als recht unter den Haaren versteckt.
    »Was ist los?«, flüsterte Ruth, und die Worte blieben ihr fast im Hals stecken. »Sagen Sie mir, was los ist, bitte.«
    »Mrs Suffern, ich glaube, Sie sollten sich
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