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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod
Autoren: Petra Busch
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Scheinwerfern angeleuchtet war. »Wow«, murmelte er.
    Die Villa glich einem riesigen, weißen Betonkubus, an den drei kleinere Kuben angedockt waren. Hinter der Fensterfront, die die Vorderseite des Hauptkubus dominierte, brannte Licht, doch dunkle Vorhänge verdeckten den Blick auf das Innere. Rechts, auf der Südwestseite, ragte ein quadratischer Balkon auf Stahlträgern über eine Terrasse. Links der Villa erstreckte sich ein Park, den Ehrlinspiel nur auf die ersten Meter einsehen konnte. Auch dort war das Gebüsch sauber getrimmt: Kegel, Kugeln, flaschenförmige Gebilde.
    »Das reinste Raumschiff«, murmelte Ehrlinspiel, als ein grelles Licht über dem Eingang aufflammte und ein Mann heraustrat. »Extravaganz besitzen die Assmanns auf jeden Fall.«
    »Und das nötige Kleingeld.« Freitag zupfte an seinem Hemdkragen, der unter einem gefütterten Sakko hervorragte.
    »Du bist fein genug.« Der Hauptkommissar sah an sich hinab. Jeans im Used-Look. Dockers, auf denen Streusalz weiße Flecken hinterlassen hatte. Gleichgültig hob er die Schultern.
    Sie stiegen die hellen Marmorstufen zum Eingang hinauf. Ehrlinspiel stutzte. Die markanten Falten um die Augen des Mannes, die hohe Stirn und der große Mund, der in seiner Symmetrie an eine griechische Statue erinnerte, begegneten ihm heute nicht zum ersten Mal. Bloß die Frisur wollte nicht zu dem Bild passen, das der Hauptkommissar in seinem Hinterkopf suchte.
    »Ehrlinspiel, Kripo Freiburg.« Er zog seinen Dienstausweis aus der Umhängetasche und nickte zu seinem Kollegen. »Mein Partner, Herr Freitag. Sind Sie Günther Assmann?«
    Der Mann nickte. »Endlich.«
    Assmann war wie Ehrlinspiel etwa eins achtzig groß und hatte auch sandfarbene Haare, jedoch mit Grau darin. Er schätzte ihn auf Ende vierzig, rund zehn Jahre älter, als er selbst war. »Ihre Frau hat uns angerufen.«
    »Kommen Sie bitte herein.«
    Assmann führte die Polizisten durch eine großzügige Diele, ausgelegt mit grau glänzenden Fliesen. Ein weißer Garderobenschrank und zwei Spiegel mit silbernem Rahmen verliehen dem Raum eine kühle Atmosphäre. Willkommen fühlte der Kommissar sich nicht.
    Aus einer angelehnten Tür drang abgestandener Essensgeruch. Tomatensoße vermutlich, was so gar nicht in dieses Ambiente passen wollte, ihn aber daran erinnerte, dass er nachher noch eine fleischliche Leckerei für seine Kater Bentley und Bugatti besorgen musste.
    Das Wohnzimmer war nicht weniger modern und mindestens so groß wie Ehrlinspiels gesamte Wohnung. Ein ausladender Glastisch und Lederstühle auf grazilen Chrombeinen standen auf mokkafarbenem Parkett. Weiter hinten im Zimmer nahmen ein cremeweißes Ledersofa und zwei Sessel die gesamte Raumbreite ein. Eine silberne Bogen-Stehlampe warf ein kühles Licht auf die purpurfarben gestrichenen Wände, die farblich exakt auf die raumhohen Vorhänge abgestimmt schienen. Fünf Plakate schmückten die Wand gegenüber des Sofas.
    Ehrlinspiel trat näher, bemüht, nichts anzufassen, so sehr fühlte er sich wie in einem Museum für moderne Kunst. Menschen in bunten Kostümen waren auf den Plakaten abgebildet, einige mittelalterlich gekleidet, andere in Schleiern und Nadelstreifenanzügen, wieder andere in zerrissenen Mänteln oder fast nackt. Unter allen prangte der Schriftzug des Freiburger Stadttheaters. Jetzt erkannte Ehrlinspiel den Mann: Assmann war Schauspieler! Sein Konterfei zierte derzeit jede Litfaßsäule und zahlreiche Schaufenster.
    »Nehmen Sie Platz.« Assmann nahm den beiden die Mäntel ab und wies auf die Sitzgruppe, als eine hochgewachsene, schlanke Frau durch eine zweite Tür trat. Ihr helles Haar war zerzaust, die Augen verquollen und leicht gerötet. Sie trug Jeans und einen eierschalenfarbenen Rollkragenpullover. Ihr Gesicht war oval, und auf den kräftigen Wangenknochen hatte sie Sommersprossen in demselben goldbraunen Ton wie ihre Augen. Auf ihrem Oberschenkel prangte auf der Jeans ein rotbrauner Fleck. Die Tomatensoße, dachte Ehrlinspiel und fragte sich, ob sie die Köchin war.
    »Frau …?« Er ging zu ihr.
    Sie bewegte die Lippen, doch es drang nur ein erstickter Laut aus ihrem Mund.
    »Lene!« Günther Assmann warf die Mäntel auf das Sofa und führte sie zu einem der Sessel, in dem sie klein und verloren wirkte. Er kniete sich vor sie und strich ihr über das Haar. »Meine Frau«, sagte er zu den Ermittlern.
    Sie bebte am ganzen Körper, und Assmanns Blick schien traurig und hilflos. »Lene, bitte! Sie kommen bestimmt bald zurück!
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