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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod
Autoren: Petra Busch
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begriffen, dass sie nie wieder herumrennen und lachen würde.«
    »Sie haben Annika getötet? Zu dritt?«
    »Ich habe nur noch Panik gespürt. Die ganze heiße, ungestillte Sehnsucht ist in Sekunden aus mir herausgetropft, und statt dieser hat sich Angst in mich ergossen. Kalt und lähmend. Als die Tür der Villa aufgegangen ist und Günther mit der toten Kleinen in den Armen herauskam, bin ich die Einfahrt hinuntergerannt. Ich bin hingefallen, hab mir die Knie aufgeschlagen, bin weitergerannt bis zum Auto, und auf dem Heimweg habe ich eine halbe Schachtel Zigaretten geraucht. Uwe ist erst viele Stunden später gekommen.« Sie blickte auf den Tisch. »›Es ist etwas Schreckliches passiert‹, hat er gesagt und mich nur kurz am Oberarm berührt. ›Annika ist verschwunden.‹«
    »Und was genau war passiert?« Krenz stand auf, nahm ein Glas, das neben der Spüle stand, füllte es mit Hahnenwasser und stellte es vor Edith auf den Tisch. »Sie auch?«, fragte er Uwe. Der schüttelte den Kopf.
    »Ich habe es bis vor einigen Tagen selbst nicht gewusst«, sagte Edith. »Ich hatte nie mit jemandem über den Abend gesprochen. Und die drei, also Uwe und Lene und Günther, haben mir nie erzählt, was in der Nacht passiert ist.«
    Krenz rieb sich mit Zeigefinger und Daumen über den Schnauzbart. »Sie sind eine kluge Frau, Sie haben damals immer behauptet, Sie wüssten nicht, wo Annika sei. Das stimmte also?«
    Sie trank einen Schluck. »Ich habe Sie nie belogen. Auch dich nicht, Uwe. Ich habe nur nicht alles gesagt. Aber ich habe Günther belogen.«
    Mich nie belogen!
Aber schön fein die Tatsache weggelassen, dass es immer einen anderen Mann gegeben hat. Als ob das besser wäre! »Annika war in ein diabetisches Koma gefallen«, sagte Uwe ganz ruhig, so, wie er es immer war. »Eine sogenannte Hyperglykämie. Sie hatte heimlich Kuchen gegessen. Als ich gekommen bin, hatte Lene sie bereits in die stabile Seitenlage gebracht. Sie war ohnmächtig, hat laut gekeucht, aber ihr Bauch war schon hart wie ein Stein. Ihren Puls konnte ich auch kaum noch tasten.« Er verstummte. Wollte das alles nicht noch einmal durchleben. Und vor allem nicht mit Edith neben sich. Er wollte allein sein. Sich um die Tiere kümmern. Bei den Wesen sein, denen er helfen konnte, die treu waren und seine Zuneigung erwiderten. Auch wenn nur wenige Menschen dies verstehen konnten und fühlten wie er.
    »Sie konnten ihr nicht helfen.«
    »Nein. Ich war doch nur Heilpraktiker. Und selbst ein Schulmediziner hätte das Kind sofort in die Klinik bringen müssen.«
    »Warum hatten die Assmanns nicht gleich den Notarzt gerufen?«
    »Lene konnte es nicht. Sie wusste von Annikas Krankheit, seit Monaten. Die Symptome sind ihr ja nur zu vertraut. Aber sie hat es verdrängt, als helfe ein Ignorieren gegen das, was Annika bevorgestanden hätte. Als sei die Krankheit wegzudenken.« Uwe musterte Krenz’ faltige Stirn. »Sie wollte dem Kind die Tortur ersparen mit der Essenskontrolle und den Spritzen.«
    »Das ist unlogisch! Sie musste doch wissen, was passieren kann.« Der Kommissar setzte sich wieder.
    Uwe fragte sich, ob der Mann auch in seiner Lederjacke schlief, die er schon damals Tag und Nacht getragen hatte. »Das hat sie auch, vom Kopf her. Aber nicht emotional. Es gibt nicht nur einen Fall, in denen Eltern diabeteskranker Kinder genau so gehandelt haben wie Lene und Günther. Fragen Sie mal Ihren Rechtsmediziner. Erst vor drei Jahren ist ein Junge aus genau dem Grund gestorben, und nur die Obduktion hat es an den Tag gebracht. Das ging lange durch die Presse.«
    »Und damit Sie keine Probleme mit der Justiz oder sogar ein Verbot der Berufsausübung bekommen, haben Sie die ganze Sache sozusagen – begraben?«
    Uwe ließ den Kopf sinken. Krenz wusste genau, was er sagte. Und er hatte recht. Die Wahrheit hätte ihn den Job und Assmann die Karriere gekostet. Wer wollte schon einem Schauspieler applaudieren, der sein eigenes Kind hatte sterben lassen? Oder einen Heilpraktiker konsultieren, der im Ernstfall nicht einmal den Notarzt rief? »Ich habe den Beruf freiwillig aufgegeben. Mit Menschen … das war nicht mein Ding. Heute weiß ich das.«
    »Warum haben Sie Ihren Mann und die Assmanns nie gefragt, was in der Nacht passiert ist?«, wandte Krenz sich an Edith. »Und warum haben Sie Assmann belogen, wie Sie vorhin sagten?«
    »Ich hatte es genau berechnet und die Unschuldige gespielt. Damit ich für Günther da sein konnte. Ich habe ihn getröstet in seinem Leid um
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