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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
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ihrer braunen Haut und den eleganten italienischen Stilettos beherrschte sie die Situation von dem Augenblick an, als sie zur Tür hereinkam. Alle hingen an ihren Lippen, folgten jeder ihrer Bewegungen. Zumindest die Männer in Nicks Team hätten wohl auf der Stelle Männchen gemacht und gebellt, wenn sie es verlangt hätte. Bevor die Stille peinlich werden konnte, ergriff sie Nicks Arm und fragte: »Nun, wo backen Sie denn ihre Nanoteilchen?« Die unerwartete Berührung löste seine Zunge.
    »Gleich hier, ein Stück den Korridor hinunter, kommen Sie bitte.« Er führte sie hinaus während er die stechenden Blicke seines Teams im Rücken spürte. »Die Produktion der Nanotubes kann ich Ihnen nicht direkt zeigen, denn sie findet in einem Clean Room statt, den man nur mit Schutzanzug und durch eine Schleuse betreten kann. Hier, sehen Sie.« Er zeigte auf eine dicke Glaswand, hinter der sich eine Reihe mannshoher Apparate befand, die sie an überdimensionierte Kaffeemaschinen erinnerten. ›Class 100 Clean Room‹ stand über dem Eingang nebenan. »Einer der besonders peinlich sauberen Räume. Class 100 heißt, dass höchstens hundert Staubteilchen in jedem Kubikfuß Luft enthalten sein dürfen.«
    »Nicht sehr viele, was?«, murmelte sie, offenbar beeindruckt. Er entspannte sich ein wenig.
    »Nein, aber bedenken Sie, dass ein einziges Staubkorn oft zehnmal oder hundertmal größer ist als eines unserer Nanoteilchen. Solche Verunreinigungen können ganze aufwändige Versuchsreihen unbrauchbar machen.«
    »Wie sehen Sie denn überhaupt, was sie hier produzieren?«
    »Dafür gibt's heute zum Glück fantastische Maschinen. Ein beträchtlicher Teil unserer Arbeit hat tatsächlich mit optischer und elektronischer Beobachtung zu tun. Imaging nennen wir das. Die Bilder werden dann im Computer aufbereitet und meist zu dreidimensionalen Modellen zusammengesetzt. Zuerst müssen wir aber solche Bilder produzieren, zum Beispiel mit diesem Ungetüm hier.« Er zeigte auf einen raumhohen, silbergrauen Kasten mit einer Art schwarzem Tank in der Mitte.«
    »Noch eine zu groß geratene Kaffeemaschine«, spottete sie. Er lachte.
    »Ja, sieht wirklich ein wenig danach aus. Das ist ein Kryoelektronenmikroskop der neusten Generation, der ganze Stolz des Electron Imaging Center hier. Das Ding wird mit flüssigem Stickstoff gekühlt und schießt Bilder mit einer Auflösung von weniger als einem Ångström.« Ihr Gesicht war ein einziges Fragezeichen. »Ach so, entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen diese Fremdwörter an den Kopf werfe. Ein Ångström ist noch zehnmal kleiner als ein Nanometer.« Es war höchste Zeit für den Höhepunkt der Tour. Bob erwartete sie im SAIF, der Small Animal Imaging Facility mit ihren hochauflösenden Licht- und Röntgenmikroskopen, mit denen man lebende Kleinstlebewesen, ja sogar einzelne Zellen hautnah beobachten konnte. Das hatte zwar nur indirekt mit Nicks Arbeit zu tun, aber die Facility galt als sicherer Wert für alle Besucher.
    »Vielen Dank, Bob«. Nick bedeutete seinem Kollegen diskret, dass er verschwinden sollte. Widerwillig zog er sich zurück und brummte:
    »Ist ja gut.« Nick führte seinen Gast zu einem Gerät, das aussah wie ein normales Stereomikroskop.
    »Hier beobachten unsere Mediziner und Biologen die Wirkung unserer Erfindungen im lebenden Organismus«, und geheimnisvoll forderte er sie auf: »Werfen Sie einen Blick hinein!« Erwartungsvoll verfolgte er, wie Julie sich über das Gerät beugte. Er rechnete damit, dass sie im nächsten Augenblick entsetzt aufspringen würde, erschreckt durch die enormen Fresswerkzeuge des tausendfach vergrößerten Tierchens unter dem Objektiv; die übliche Reaktion bei dieser Vorführung. Nichts geschah. Sie schaute lediglich interessiert ins Mikroskop, lehnte sich dann entspannt zurück und dozierte betont sachlich:
    »Ich vermute eine Dermatophagoide, könnte allerdings auch eine verfärbte Rostmilbe sein, ist aber eher unwahrscheinlich. Auf jeden Fall eine Milbe.« Amüsiert betrachtete sie Nicks verblüfften Gesichtsausdruck. »Oder liege ich falsch?«, fragte sie unschuldig. Er schloss seinen Mund und schluckte leer.
    »Nein, sie haben die Hausstaubmilbe auf Anhieb erkannt. Ich bin platt.« Wieder hatte sie ihn vollkommen überrumpelt. Er dankte dem Schicksal, dass das keiner seiner Kollegen mitbekommen hatte. »Sie kennen den wissenschaftlichen Namen der Viecher«, stellte er beinahe bedauernd fest. Sie erhob sich lachend, streckte im die Hand zur
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