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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
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nochmals begegnete, doch ihr überstürzter Abgang verhieß gar nichts Gutes. Der steife Drink hatte wenigstens das flaue Gefühl in seinem Magen vertrieben. Er beruhigte sich allmählich und setzte sich mürrisch an den Computer, als das Telefon klingelte. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und war mit einem Satz am Apparat.
    »Hallo?«, rief er atemlos.
    »Mensch, hast du getrunken?«, fragte eine tiefe, sonore Stimme.
    »Bob«, sagte er enttäuscht. Bob Turnbull, sein Kollege von der UCLA, wunderte sich und kommentierte trocken:
    »Danke, mir geht's auch gut. Was ist dir denn über die Leber gekrochen?«
    »Nichts wichtiges, war nur ein Scheißtag, entschuldige.«
    »Wird bestimmt besser, wenn du hörst, was ich zu sagen habe.«
    »Es kann nur besser werden«, antwortete Nick griesgrämig. »Schieß los!«
    »Du hattest recht mit deiner Vermutung. Wie du weißt, haben wir die Resultate deiner Simulation mit unseren Nanotubes nachgebaut. Die Messung der elektrischen Felder hat deine Vermutung hundertprozentig bestätigt. Die Zwerge kommunizieren.« Eine ganze Weile war es still in der Leitung. Nick hatte stets so etwas erwartet, doch der experimentelle Nachweis, dass die nur wenige milliardstel Meter großen Kohlenstoffmoleküle gleichzeitig als Empfänger und als Sender von Radiosignalen funktionierten, war ein fundamentaler Durchbruch in ihrer Forschungsarbeit. Nick und sein Team von Wissenschaftlern aus Physik, Mathematik, Medizin und Biologie führten die Arbeit von Kollegen aus Berkeley weiter, die kürzlich einen kompletten Radioempfänger aus einem einzigen Kohlenstoffmolekül, einem Carbon Nanotube, demonstriert hatten. Das Teilchen, 10'000 mal dünner als ein menschliches Haar, funktionierte gleichzeitig als Antenne, Tuner, Verstärker und Modulator. Der neuste Erfolg von Nicks Team war nun eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung von Nanorobotern, kleinsten Teilchen, die höchst interessant waren für medizinische Anwendungen. Man stellte sich vor, dass solche Nanobots im Blutkreislauf eines Menschen, die unter einander und mit der Außenwelt kommunizieren konnten, eine genaue und gezielte Diagnose etwa von Krebserkrankungen ermöglichen würden.
    Die höchst erfreuliche Nachricht hatte Nick einigermaßen sanft auf den Boden der Realität zurückgeholt. Erleichtert sagte er schließlich:
    »Genial, wir sind die Größten. Danke, dass du mich gleich angerufen hast. Morgen bringe ich den Champagner mit.«
    »Genau das wollte ich hören. Man sieht sich.«
University of California, Los Angeles
     
    Zwei Tage waren vergangen seit der kurzen und intensiven Begegnung mit Julie. Nick hatte sich wie besessen in die Arbeit gestürzt. Das erfolgreiche Kommunikationsexperiment hatte das Team einen wesentlichen Schritt weiter gebracht, und er wollte den Schwung der momentanen Begeisterung ausnutzen. Langsam jedoch kehrte die Katerstimmung zurück, sein Appetit ließ nach, die Rollerblades blieben im Schrank. Unlust machte sich breit, und die Kollegen wunderten sich über seine unübliche Empfindlichkeit. Er hatte den Morgen im Clean Room des California Nano Science Instituts, CNSI, verbracht, um die Produktion einer neuen Generation von Nanotubes zu überwachen. Nun gönnte er sich den ersten Kaffee des Tages auf der Terrasse des futuristischen Gebäudes.
    »Von einer Backstube in die andere, was?«, grinste Kate, die Medizinerin seines Teams, als sie sich zu ihm setzte. Tatsächlich war die Luft hier oben selbst am Schatten glühend heiß, doch er mochte jetzt nicht im klimatisierten Bereich eingesperrt sein.
    »Abwechslung muss sein«, antwortete er müde lächelnd.
    »Alles O. K. bei dir?« Kate war beunruhigt. Sie kannte seine Tendenz, Probleme zu verdrängen, statt darüber zu reden. »Du hast ein Problem. Willst du darüber reden?« Nick zuckte die Achseln und brummte schließlich:
    »Allerdings habe ich ein Problem. Ich bin ein Idiot.«
    »Das bist du bestimmt nicht. Das hätte ich gemerkt«, lachte sie. Doch als sie sah, dass er nicht scherzte, glaubte sie zu verstehen. »An der Arbeit kann's nicht liegen, also ist es privat.«
    »Genau, und ich möchte eigentlich nicht darüber reden, aber danke für dein Angebot. Wenn ich psychologischen Rat brauche, werde ich gerne darauf zurückkommen.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen«, antwortete er ernst. »Du musst dir wirklich keine Sor...« Das zirpende Klingeln seines Telefons unterbrach ihn. Wie der Blitz hatte er das Gerät am
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