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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
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Ohr.
    »Hallo?«
    Kate beobachtete verblüfft, wie sich seine erwartungsvolle Miene in der gleichen Sekunde verfinsterte.
    »Ach du bist's«, sagte Nick, als er die Stimme der Sekretärin hörte.
    »Schöne Begrüßung. Hör mal, hier ist eine junge Dame, die einen gewissen Dr. Nick Sears sprechen ...« Weiter kam sie nicht.
    »Ich bin unterwegs«, rief er ins Telefon, während er aufsprang und ins Gebäude stürmte. Kopfschüttelnd widmete sich Kate wieder ihrem Berg von Coco-Damia Eis.
    Als er ihr schwarzes Kraushaar beim Empfang erblickte, war seine Welt wieder in Ordnung. Julie begrüßte ihn freudestrahlend, als wären sie alte Bekannte.
    »Habe ich sie aus dem Labor geholt, Herr Doktor?«, fragte sie spöttisch und deutete auf den weißen Mantel, den er immer noch trug.
    »Oh, verzeihen Sie, nein«, stammelte er peinlich berührt. Schon wieder hatte sie es geschafft, ihn zu verunsichern. Als hätte ihre atemberaubende Erscheinung nicht schon genügt, ihn aus der Bahn zu werfen. Sie berührte seinen Arm leicht, sah ihm in die Augen und sagte ernst:
    »Wir müssen reden. Haben Sie kurz Zeit für mich?«
    »Natürlich«, beeilte er sich zu versichern. »Ich wollte eben den gleichen Vorschlag machen. Reden.« Schweigend führte er sie zu einer kleinen Cafeteria, wo sie sich ungestört unterhalten konnten.
    »Ich muss mich entschuldigen«, begann sie zögernd. »Ich muss Sie verletzt haben, als ich plötzlich verschwand, nachdem Sie mich so gastfreundlich aufgenommen haben.« Nick schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen sich doch nicht entschuldigen. Im Gegenteil, ich bin froh, dass ich Ihnen helfen konnte. Ich habe ...« Sie unterbrach ihn:
    »Nein, ich hätte das nicht tun sollen. Ich wollte das unbedingt klarstellen. Das wollte ich Ihnen nicht einfach am Telefon sagen. Ich bin sonst nicht so, aber ich bekam plötzlich Angst.«
    »Angst?«, fragte Nick entsetzt, und beinahe hätte er sein Glas fallen lassen. »Angst vor mir?«
    »Nein«, lachte sie. Nach kurzem Zögern sagte sie leise: »Eher Angst vor mir selbst.« Nick verstand gar nichts mehr, doch bevor er nachhaken konnte, sprach sie weiter: »Um das zu erklären, muss ich Sie zuerst etwas sehr Persönliches fragen.«
    »Nur zu, ich habe keine Geheimnisse«, sagte er unsicher lächelnd.
    »Ich habe die Fotos gesehen.«
    »Welche Fotos?«
    »Von Ihnen und Ihrer Freundin. Die Fotos neben dem Badezimmer.« Es dauerte einige Sekunden, bis es in Nicks Hirn klickte. Obwohl er täglich daran vorbeiging, hatte er die Bilder wohl schon Monate nicht mehr angeschaut. Das war es also, ein simples Missverständnis. Es war, als ob er plötzlich wieder frei atmen könnte. Er lehnte sich zurück und lachte laut.
    »Julie, die Frau auf dem Bild - das ist meine Schwester. Wir albern gerne herum, wenn wir uns sehen. Das sind alte Familienfotos.«
    »Aber - ich dachte - die Umarmung ...« Sie schüttelte den Kopf, senkte den Blick und murmelte: »Ich dumme Gans.« Er war außer sich vor Erleichterung, hätte ihr um den Hals fallen können. Ein Bann war gebrochen. Er konnte wieder normal mit ihr kommunizieren, reden, wie Menschen üblicherweise miteinander redeten.
    »Sie ahnen gar nicht, wie erleichtert ich bin. Ich dachte schon, ich hätte etwas falsch gemacht.«
    »Sehen Sie, also habe ich Sie doch verletzt«, sagte sie traurig.
    »Nein, das wollte ich nicht damit sagen. Ich war eher - verunsichert. Und bevor es wieder Missverständnisse gibt: ich bin wirklich solo.« Sah er sie leicht erröten? Schwer zu sagen bei ihrer karibischen Hautfarbe. Nick war entschlossen, heute mehr über die Frau zu erfahren, die ihn seit Wochen fesselte. Er setzte sein einnehmendstes Lächeln auf und sagte: »So, jetzt wissen Sie alles über mich, und nun möchte ich gerne erfahren, wer die bezaubernde Frau ist, die mir um den Hals gefallen ist.« Sie schloss die Augen, als müsste sie intensiv über dieses Ansinnen nachdenken. Schließlich nickte sie und antwortete entschieden:
    »Das bin ich Ihnen wohl schuldig. Ich versuch's ebenso kurz zu machen wie Sie.« Sie warf ihm einen neckischen Blick zu, bevor sie weiterfuhr. »Ich bin Julie Picard, habe zwei Brüder und eine Schwester, die über die ganze Welt verstreut sind, lebe und arbeite in Los Angeles, und ja, ich bin auch solo.« Nick machte große Augen. Sie hatte zwar nicht viel gesagt, aber das Wichtigste für ihn war dabei - sie war noch zu haben. Er konnte kaum fassen, dass sie das gesagt hatte, doch diesmal schaltete sich sein Verstand nicht
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