Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
Vom Netzwerk:
völlig ab. Geistesgegenwärtig warf er ein:
    »Alles klar, aber Los Angeles ist groß, wie soll ich Sie da je wieder finden?« Sie schmunzelte und griff ihm kurzerhand an die Brusttasche, nahm seinen Kugelschreiber und notierte ihre Telefonnummer auf den Kassenzettel.
    »Hier, so finden Sie mich am einfachsten.« Er starrte den unscheinbaren Papierfetzen wie eine Tausend Dollar Note an. Amüsiert beobachtete sie, wie er den kostbaren Zettel behutsam faltete und einsteckte. »Nun, da alles zwischen uns geklärt ist und ich schon mal hier bin, könnten Sie mir doch etwas von Ihrem geheimnisvollen Reich zeigen.« Er schrak auf.
    »Wie bitte? Ach ja, natürlich, sehr gerne. Kommen Sie.« Laien seine Arbeit und die Labors zu zeigen war sonst nicht sein Ding. Solche Pflichttermine überließ er wenn immer möglich Kate oder den Praktikanten, die sich nicht dagegen wehren konnten. Mit Julie aber war das natürlich etwas ganz anderes. Er würde ihr eine V. I. P. Tour bieten, die sie schwer beeindrucken sollte. Auf dem Weg durch die von raffiniert gedämpftem Sonnenlicht durchflutete, weite Lobby rief er Bob an, um seinen Leuten den Besuch anzukündigen. »Und kannst du bitte die SAIF vorbereiten?«
    »O. K. Boss«, krächzte sein Kollege mit imitierter Fistelstimme. »Dein Besuch muss ja wichtig sein.«
    Unvermittelt blieb Julie stehen und schaute in die Höhe. »Diese Architektur gefällt mir. Ziemlich gewagt, die frei hängenden Übergänge und Treppen.« Eine gigantische Skulptur aus verwirrend sich kreuzenden, elegant geschwungenen Metallbrücken durchquerte das mächtige, mehrstöckige Atrium des CNSI-Gebäudes. Julie liebte solche großzügigen, ungewöhnlichen Ideen.
    »Sie sollten mal nachts hier sein. Dann wird die Struktur in farbiges Licht aus warmen Braun-, Gelb- und Grüntönen getaucht. Das ist ziemlich eindrücklich.« Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und sagte mit gespielter Entrüstung:
    »Nachts, wenn brave Mädchen schlafen.« Er grinste und führte sie weiter am Auditorium vorbei zu den Aufzügen.
    »Dieser ganze Gebäudekomplex ist ausschließlich für Forschung und Entwicklung im Bereich der Nanowissenschaft reserviert«, erklärte er. Ihr fragender Blick sagte ihm, dass er weiter ausholen musste. »Nano ist die Bezeichnung für ein Milliardstel. In unserem Fall bedeutet es, dass wir uns mit Strukturen von der Größe einiger Milliardstel Meter, eben Nanometer, befassen. Interessant ist, dass bekannte Materialien plötzlich ganz neue Eigenschaften zeigen, wenn man in diesen Bereich vorstößt. Sie haben sicher schon von Fenstern gehört, die sozusagen nicht mehr verschmutzen können. Eine transparente Schicht aus Nanoteilchen sorgt dafür, dass Schmutzpartikel nicht mehr an der Glasoberfläche haften können.«
    »Habe ich gelesen«, bemerkte sie abwesend, während sie sich interessiert umschaute. Überall verstreut sah man einzelne und kleine Gruppen von Leuten um kleine Stehbars versammelt oder auf bequemen Sesseln mit Laptops arbeiten. »Gibt's hier keine Büros?« Nick lachte.
    »Doch, natürlich, jede Menge, und Labors, doch es gibt auch ausgiebig Platz für informelle Begegnungen, Platz für ungezwungenen Gedankenaustausch. Das ist in unserem Forschungsbereich besonders wichtig. Wir arbeiten meist interdisziplinär. Mein Team besteht zum Beispiel aus Physikern, einer Mathematikerin, einem Biologen und zwei Medizinern.«
    »Medizin?«
    »Ja, unser Ziel ist es, Nanoroboter zur Diagnose und letztlich zur Therapie von Krebserkrankungen zu entwickeln. Aber Sie werden das besser verstehen, wenn sie sehen, was wir machen.« Sie hatte ihm wieder aufmerksam zugehört. Ein gutes Zeichen, denn er wollte sie auf keinen Fall langweilen oder mit allzu vielen Details aus seinem Spezialgebiet verwirren. Sie waren in seinem Reich angekommen. Bob, der schlaksige Bohemien mit Pferdeschwanz und sonorer Bassstimme, begrüßte Julie mit einem galant angedeuteten Handkuss und unverhohlener Neugier. Zu Nicks Erstaunen war sein ganzes Team in diesem Büro versammelt.
    »Habt ihr nichts Besseres zu tun? « zischte er leise in Bobs Ohr, doch der schüttelte nur grinsend den Kopf. Julie hatte sehr wohl verstanden, was die Versammlung bedeutete und konnte es nicht lassen, Nick noch etwas mehr in Verlegenheit zu bringen.
    »Einen netten Chef haben Sie«, sagte sie mit entwaffnendem Lächeln zu seinen Leuten. Mit ihrer umwerfenden Erscheinung, dem wilden Haar, dem hauchdünnen, gewagt kurzen gelben Kleidchen auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher