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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
Autoren: Robin Hobb
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Baumstämme auf dem Schlamm.
    Ungeachtet des Schlamms und des Wassers rollte sich Reyn auf den Rücken und überlegte kurz. Die Wurzeln waren zwar nicht sehr dick, aber der Junge wog auch nicht besonders viel. »Du hast Recht«, meinte er. »Vielleicht kommen wir doch noch lebend hier heraus.« Er rollte sich wieder auf den Bauch und schob sich langsam zu Selden hinüber.
    Als er sich an dem Gras festhielt und auf festen Boden gezogen hatte, fragte ihn Selden: »Glaubst du, dass Malta auch entkommen ist?«
    »Vielleicht«, erwiderte Reyn. Er dachte, dass er log, aber als er das Wort aussprach, merkte er, dass er nicht nur hoffte, es möge die Wahrheit sein, sondern dass er es wirklich glaubte. Nach dem Flug des Drachens schien ihm alles möglich zu sein. Wie als Antwort auf seine Gedanken hörte er das entfernte Trompeten der Drachenkönigin und sah einen tiefblauen Fleck am blauen Himmel.
    »Wenn mein Bruder oder meine Mutter sie hören oder sehen, wissen sie, dass sie von mir kommt. Sie werden uns suchen und uns Hilfe schicken. Wir werden überleben.«
    Selden sah den Älteren an. »Bis dahin sollten wir vielleicht selbst versuchen, hier rauszukommen«, schlug er vor. »Nach allem, was wir hier durchgemacht haben, möchte ich nicht von irgendjemandem gerettet werden. Ich will es selbst schaffen.«
    Reyn grinste anerkennend und nickte.
    Tintaglia flog eine Schleife über das weite Tal des Regenwildflusses. Sie schmeckte die Sommerluft, die erfüllt war von den Düften des Lebens. Sie war frei, frei! Sie schlug stärker mit ihren Schwingen, als nötig war, einfach nur aus Freude an ihrer eigenen Kraft. Sie erhob sich in den blauen Sommertag und stieg auf, dorthin, wo die Luft dünn und kalt war. Der Fluss wurde zu einem funkelnden, silbrigen Faden in dem grünen Teppich unter ihr. Sie trug in ihrer Erinnerung alle Erfahrungen ihrer Ahnen, aber zum ersten Mal konnte sie ihren eigenen Flug genießen. Sie war frei, konnte jetzt ihre eigenen Erinnerungen und ihr eigenes Leben schaffen. Sie kreiste langsam über dem Land und dachte an all das, was vor ihr lag.
    Sie hatte eine Aufgabe zu erfüllen, eine Aufgabe, die nur sie allein noch ausführen konnte. Sie musste die Jungen finden und sie auf ihrer Wanderung den Fluss hinauf führen und beschützen. Sie hoffte, dass noch einige übrig waren, die geführt werden konnten. Wenn nicht, dann war sie wahrhaftig die Letzte ihrer Art.
    Tintaglia versuchte, die Menschen aus ihren Gedanken zu verbannen. Es waren keine Altvorderen, die sich in den Sitten ihrer Art auskannten und den Drachen den angemessenen Respekt entgegenbrachten. Es waren Menschen. Solchen Wesen schuldete man nichts. Es waren kurzlebige Kreaturen, die in ihrer Lebensspanne nur ans Essen und Brüten dachten. Wie konnte ihre eigene Art jemandem etwas schulden, der schneller verrottete als ein Baum? Schuldete sie etwa einem Schmetterling oder einem Grashalm etwas?
    Sie berührte sie mit ihrem Verstand, ein letztes Mal. Sie hatten nicht mehr lange zu leben. Das Weibchen kämpfte wie ein Käfer in einer Pfütze und mühte sich gegen die schäumenden Fluten ab. Reyn Khuprus war, wo sie ihn verlassen hatte, steckte im Schlamm und kämpfte dagegen wie ein Wurm. Er rang in derselben Kammer mit dem Tod, in der sie so viele Jahre geschmachtet hatte.
    Doch die Kürze des Lebens dieser Geschöpfe rührte sie plötzlich. Trotz des schnellen Verglühens ihrer Existenzen hatten sich beide bemüht, ihr zu helfen. Beide hatten sich Zeit genommen und versucht, sie zu befreien. Die armen, kleinen Käfer. Es kostete sie nur wenig, wenige Momente aus dem unerschöpflichen Vorrat an Jahren, die noch kommen würden. Sie drehte eine gemächliche Schleife in der süßen Sommerluft. Dann nahm sie mit kraftvollen, gleichmäßigen Flügelschlägen wieder Kurs auf die versunkene Stadt.
    »Ich komme!«, trompetete sie ihnen entgegen. »Fürchtet euch nicht. Ich werde euch retten!«

Epilog – Träume von Schwingen

    »Wir wissen, wohin wir gehen und auch, warum. Warum müssen wir uns so beeilen und so schnell und so lange schwimmen?« Der schlanke, grüne Sänger hing schlaff im Griff des Knäuels. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, den Griff der anderen Seeschlangen zu erwidern. Er vertraute darauf, dass sie ihn hielten, während er wie Seegras in der leichten Dünung schwankte. Shreeva bemitleidete ihn. Sie wickelte ihren Schwanz noch einmal um seinen dünnen Körper und verstärkte ihren Griff.
    »Ich glaube«, trompetete sie leise,
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