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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
Autoren: Robin Hobb
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Wind, den ihre Flügel machten, und die Erde schleuderten Reyn und Selden hin und her, und ihre kleine Insel neigte sich gefährlich zu dem Drachen hin. Reyn hielt sich verzweifelt an der glatten Oberfläche fest, damit sie nicht unter ihre gewaltigen Füße rutschten.
    Die Drachenkönigin setzte zu einem neuen Sprung an. Reyn und Selden hielten sich fest und versuchten, auf den schwankenden Trümmern zu bleiben. Sie sprang hoch. Diesmal drang ihr ganzer Kopf durch das Loch in der Decke. Mit den Vorderklauen packte sie den Rand der Öffnung. Ihr gewaltiger Körper baumelte einen Moment in dem Loch. Mit ihren Hinterbeinen trat sie aus, und ihr peitschender Schwanz verfehlte Reyn und Selden nur knapp. Ihre Flügel stießen gegen die Decke und hinderten sie daran hinauszukriechen. Mit einem knirschenden Geräusch brach ein weiteres Stück von der Decke ein. In einer Lawine aus Trümmern und Erde rauschte das Drachenweibchen zu Boden. Ein großes Stück Erde folgte ihr, einschließlich eines gewaltigen Baums, der bis auf den Boden stürzte und mit der Krone am Rand der Kuppel hängen blieb. Der Drache landete geräuschvoll auf der Seite im Schlamm.
    Selden wehrte sich gegen Reyns Griff. »Wenn wir zu diesem Baum kommen, könnten wir hinaufklettern!«, rief er. Er deutete auf den Baum und die Zweige, die eine Brücke zur Oberfläche boten.
    »Nicht, solange sie herumtrampelt. Wir könnten zertreten werden.«
    »Wenn wir hier bleiben, stampft sie uns auch so ein!«, schrie Selden. »Wir müssen es versuchen!«
    »Bleib unten!«, befahl Reyn und verlieh diesem Befehl mit seinem Körpergewicht Nachdruck. Der Junge wimmerte an seiner Brust, als die Kristallscherbe sich noch stärker neigte.
    Die Drachenkönigin sprang erneut, schlug den Baum mit ihren Klauen aus dem Weg und erreichte den Rand des vergrößerten Lochs. Sie verdunkelte den Raum, als sie dort oben hing, um sich trat und nach Halt suchte. Reyn fühlte, wie ihre Schwanzspitze ihn berührte. Sie zerriss den groben Stoff seiner Hose und verletzte die Haut seiner Wade. Er schrie vor Schmerz auf, hielt Selden aber weiter fest. Erdklumpen, Wurzeln und Deckentrümmer regneten auf sie herunter, während die Drachenkönigin versuchte, aus ihrer Gruft zu entkommen. Etwas Licht drang bis zu ihnen hindurch, und es beleuchtete die Umrisse ihres Körpers. Der Schwanz peitschte wieder und traf die beiden Wesen am Boden. Reyn und Selden segelten von ihrer Kristallinsel in den Schlamm, schlugen klatschend auf die dünne Wasserschicht und spürten sofort, wie der Schlamm sie nach unten zog. »Verteile dein Gewicht!«, befahl Selden dem Jungen. Er legte sich gespreizt auf den Schlamm und hoffte, so ein bisschen länger oben zu bleiben.
    »Sie wird fallen und uns zerschmettern!«, jammerte Selden. Er hielt sich an Reyn fest und versuchte instinktiv, auf ihn zu klettern. Reyn schob den Jungen weg. »Leg dich gespreizt auf die Oberfläche und bete!«, schrie er.
    Noch mehr Decke brach herunter. Zwischen die Trümmer mischte sich Erde. Kleine Bäume, Farne und Gräser segelten herunter. »Sie schafft es!«, schrie Reyn, als die Drachenkönigin bereits ihren Brustkorb über den Rand schob. Er hörte ihr triumphierendes Trompeten. Die Freude, die er in seinem Herzen empfand, überraschte ihn. Ein letzter Schauer von Erde und Steinen fiel herunter, und dann durchflutete das Sonnenlicht die zerstörte Kammer. Ihr langer Schwanz glitt über den Rand der Kuppel und verschwand. Reyn hörte, wie sie brüllte, und fühlte den Wind ihrer heftig schlagenden Flügel. Er konnte zwar nicht sehen, wie sie sich in den Himmel erhob, aber er fühlte es mit seinem Herzen. Plötzlich kehrte Ruhe ein. Sie war fort.
    Tränen liefen Reyn übers Gesicht. Er starrte durch das kleine Fenster in den blauen Sommerhimmel. Vielleicht war sie die Letzte ihrer Art, aber wenigstens würde sie fliegen, bevor sie starb.
    »Reyn! Reyn!« Seldens Stimme klang wütend. Reyn drehte sich um und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Der Junge hatte sich auf ein großes Stück begraster Erde gerettet, das im Schlamm gelandet war. Er stand auf und deutete auf ein baumelndes Geflecht von Wurzeln, die von der Decke herunterhingen. »Ich glaube, wir können so viel Zeug aufeinander türmen, dass ich diese Wurzeln zu fassen bekomme. Ich könnte hinaufklettern und Hilfe holen.« Er sah sich hoffnungsvoll um. Zusätzlich zu den restlichen Stücken der Kristallkuppel lagen jetzt auch alte Holzstücke, Gras und
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