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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse
Autoren: Voosen Jana
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Dann lasse ich meinen Blick durch den Raum gleiten. Die meisten Gäste sind zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig und sehr hipp gekleidet. Natürlich, schließlich befinden wir uns ja auch mitten auf der Hamburger Schanze. Vor meinem inneren Auge taucht wieder Thekla, behängt wie ein Weihnachtsbaum, auf und zum ersten Mal kommen mir leise Zweifel, ob ein Café mit hauseigener Hexe wirklich eine gute Idee ist. Ich beobachte eine Gruppe junger Frauen, die gleich die riesige Couch in der Ecke mit den vergoldeten Schnitzereien mit Beschlag belegt haben. Sie liegen wie hingegossen in den weichen Polstern, nippen an ihren Getränken und rauchen eine nach der anderen. Plötzlich kann ich mir nicht vorstellen, dass diese coolen Szenetypen für Theklas Magie mehr als ein geringschätziges Lächeln übrig haben könnten. Fand ich selber unsere Aktion auf dem Dom nicht auch oberpeinlich? Vielleicht sollte ich einfach Theklas Tür verrammeln und sie erst wieder herauslassen, wenn der letzte Gast gegangen ist? Und die Hexenküche einfach nur zu einer Küche machen, ohne Hexe? In diesem Moment ertönt ein Aufschrei von Lukas, meinem Koch und ich stürze hin, um zu sehen, was passiert ist.
    »Was ist los? Was ist passiert?«, frage ich aufgeregt, während er mir wehleidig entgegensieht und sich die Hüfte reibt.
    »Hab mich gestoßen«, jammert er.
    »Du Armer«, tröste ich ihn unbeteiligt, während mein Blick kontrollierend durch die Küche fliegt. Alles scheint in bester Ordnung. Die Arbeitsplatte ist vollgestellt mit Platten appetitlich aussehender Häppchen und auf dem Herd dampfen zwei riesige Suppentöpfe vor sich hin. »Sonst alles klar?«, erkundige ich mich, was mir einen beleidigten Blick von Lukas beschert:
    »Bis auf die Tatsache, dass ich mir vielleicht die Hüfte gebrochen habe, ist alles klar«, meint er so giftig, dass ich anfangen muss zu lachen.
    »Entschuldige, ich bin einfach total nervös.«
    »Ja, schon gut.« Ich schnappe mir ein Tablett, um damit eine Runde zu machen, vielleicht mit dem einen oder anderen ein wenig zu plauschen und die Stimmung abzuchecken.
    »Wo ist denn nun die Hexe, die im Unicum angekündigt war?«, erkundigt sich ein rothaariges Mädchen mit schwarzumrandeten Augen und Nasenring bei mir.
    »Sie ist nebenan«, gebe ich, auf Theklas Tür zeigend, Auskunft, »und wird um zehn Uhr herauskommen.«
    »Bin schon voll gespannt«, meint sie und greift nach einem neuen Glas Sekt.
    »Glaubst du etwa an den Mist?«, stöhnt der Mann mit Halbglatze, der sich neben ihr auf die Couch gefletzt hat, auf.
    »Vielleicht ja, vielleicht nein«, meint sie grinsend und er stöhnt noch lauter.
    »Ich weiß, es klingt verrückt, aber Thekla ist wirklich eine Hexe«, sage ich ernsthaft.
    »Nee, is klar«, kommt es gedehnt zurück.
    »Wirklich«, beharre ich. »Ich wollte es zuerst auch nicht glauben. Ehrlich gesagt wollte sie es selber nicht glauben. Dann hat sie herausgefunden, dass sie einem uralten Geschlecht mächtiger Hexen angehört.«
    »Tatsächlich?« Die Rothaarige sieht mich so gespannt an, dass ich mein Tablett an Nina weitergebe, die gerade vorbeiläuft und mich hinsetze. Dann erzähle ich die ganze Geschichte und während der Typ mit dem schütteren Haar in schöner Regelmäßigkeit verächtliche Geräusche von sich gibt, hängt seine Nachbarin an meinen Lippen.
    »Das ist ja unglaublich«, staunt sie und macht riesengroße Kulleraugen.
    »Ja, allerdings«, betont ihr Nebenmann, woraufhin sie ihn kühl anblickt und dabei seine Hand fixiert, die in den letzten zehn Minuten auf geheimnisvolle Weise immer dichter an ihren Oberschenkel gerutscht ist.
    »Mit dieser höchst langweiligen, rationalen Einstellung wirst du bei mir jedenfalls nicht landen. Und behalt deine Flossen bei dir.« Mit schamrotem Gesicht zieht er seinen Arm zurück.
    »Vielleicht lasse ich dich von der Hexe verzaubern und dann bist du mein«, grinst er, nachdem er sich von der Demütigung erholt hat.
    »Das wird nicht funktionieren«, nehme ich ihm diese Hoffnung. »Ein Liebeszauber kann allenfalls den Weg für die Liebe frei machen, also zum Beispiel Hindernisse ausräumen. Aber wenn kein Gefühl da ist, wird kein Zauber der Welt etwas daran ändern«, halte ich meinen Vortrag, worauf die Frau ihren Möchtegern-Freund schnippisch ansieht und sagt:
    »Was für ein Pech für dich.«
    »Manchmal weiß man aber selber gar nicht, dass man Gefühle für eine Person hat«, werfe ich ein, weil mir der Vogel jetzt doch langsam
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