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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse
Autoren: Voosen Jana
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Prolog
    »Irgendetwas ist in letzter Zeit gründlich schiefgelaufen«, fährt es mir durch den Kopf, als ich plötzlich einen Stoß im Rücken spüre, der mich zu Boden reißt. Jemand drückt mir sein Knie unsanft in den Rücken. Er hält mich mit seinem ganzen Körpergewicht am Boden, sodass mir die Luft aus den Lungen gepresst wird.
    »Gregor«, versuche ich mich ihm zu erkennen zu geben, doch es kommt nur ein heiseres Flüstern aus meiner Kehle. Jetzt dreht er mir mit einer schnellen Bewegung beide Arme auf den Rücken, sodass ich einen Schmerzenslaut von mir gebe.
    »Hab ich dich«, herrscht er mich an und ich komme mir vor wie in einem wirklich schlechten Film. »Anna«, ruft er dann mit erhobener Stimme in Richtung des oberen Stockwerkes, »ich habe ihn. Ruf die Polizei.«
    »Nein, bitte nicht«, presse ich hervor. Das fehlt mir gerade noch.
    »Halts Maul«, fährt er mich an und drückt meine Handgelenke noch ein Stückchen weiter in Richtung Schulterblätter. Gequält gebe ich meinen Widerstand auf und lege mein Gesicht auf das kühle Holz des Parkettfußbodens. Mein Blick fällt auf das Gemälde an der gegenüberliegenden Wand. Bis vor einer Minute räkelte sich dort noch eine nackte Schöne mit wallender, dunkler Lockenmähne auf einem Diwan. Jetzt sind von ihr nur noch ein Paar wohlgeformte Füße und ein schlanker, weißer Arm zu erkennen. Fasziniert beobachte ich die rubinrote Farbe, die zähflüssig über die zwei Meter breite Leinwand läuft und träge auf das darunterstehende, schwarzlackierte Klavier tropft.
    »Ich habe angerufen. Ist alles in Ordnung, Liebling?«, ertönt eine weibliche Stimme aus dem Nebenraum und es läuft ein Adrenalinstoß durch meinen Körper.
    »Ja,«, antwortet Gregor und lockert seinen Griff ein kleines bisschen. »Bleib lieber, wo du bist, vielleicht ist der Kerl bewaffnet.«
    »Ist gut«, zwitschert Anna verschreckt und findet ihren Ehemann gerade wahrscheinlich sehr heldenhaft. Und er sich auch. Ich ziehe empört die Luft ein. Mir reicht es nämlich langsam. Gut, das Zimmer mag ja nicht gerade hell erleuchtet sein, aber im Mondlicht, das durch die gläserne Fassade hereinscheint, hätte er nun wirklich langsam erkennen können, dass es sich bei »dem Kerl« um eine Frau handelt. Eine kaum einen Meter siebzig große Frau mit langen blonden Haaren. Um mich, Luzie Kramer. Die Wut mobilisiert meine Kräfte, ungeachtet seines Polizeigriffs bäume ich mich auf und drehe mich unter seinem Körper auf die Seite. Sehe ihn an. Gregor zuckt zurück.
    »Der Kerl ist nicht bewaffnet«, zische ich ihn an, »aber vielleicht sollte deine Frau trotzdem besser bleiben, wo sie ist. Oder was meinst du? Liebling?« Mit offenem Mund starrt mein Freund mich an.
    »Was zum Teufel machst du denn hier?«, stammelt er hilflos, während ich mich nun vollends seinem Griff entwinde.
    »Das wollte ich dich auch gerade fragen«, erwidere ich wütend und reibe mein schmerzendes Handgelenk.
    »Ich wohne hier«, verteidigt er sich.
    »Du weißt ganz genau, was ich meine«, fauche ich ihn an und will gerade damit beginnen, ihm so richtig die Meinung zu sagen, als es an der Tür klingelt. Wir fahren beide erschrocken zusammen, während von draußen ein erleichterter Aufschrei Annas zu hören ist, gefolgt von dem Tapsen nackter Füße auf dem Holzfußboden.
    »Da sind Sie ja schon. Das ging aber wirklich schnell.«
    »Ich war gerade mit meinem Einsatzfahrzeug in der Nachbarstraße, als Ihr Notruf einging«, antwortet eine tiefe Männerstimme.
    »Was für ein Glück! Bitte kommen Sie herein. Mein Mann hat den Einbrecher im Wohnzimmer überwältigt.« Hilflos lauscht Gregor nun den Schritten, die sich der angelehnten Wohnzimmertür nähern. Mein Blick fällt erneut auf das ruinierte Bild an der Wand. Der Schwerkraft gehorchend fließt die Farbe weiterhin munter in Richtung Boden und hat mittlerweile die Tastatur des Klaviers erreicht. Wer lässt denn auch so ein Instrument einfach offen rumstehen? Mir ist alles andere als wohl in meiner Haut und ich verfluche mal wieder mein überschäumendes Temperament.
    »Sag kein Wort. Lass mich reden«, flüstert Gregor mir hektisch zu und packt erneut mein Handgelenk.
    »Aua«, sage ich empört.
    »Du lässt mich reden, verstanden? Verstanden?«, wiederholt er in drängendem Tonfall und sieht mich fast flehend an. »Bitte«, fügt er hinzu und legt seine Hand kurz an meine Wange. Sein Gesicht ist jetzt ganz nah an meinem, sein geschwungener Mund Millimeter von meinem
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