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zauberhafte Tierhandlung 1

zauberhafte Tierhandlung 1

Titel: zauberhafte Tierhandlung 1
Autoren: H Webb
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verlegen. »Nun ja, Sofie kennt alle Wege hier. Pass auf, dass sie sich nicht verläuft, Sofie!« Dieses Mal ließ er es wie einen Scherz klingen, aber Lotte war überzeugt, dass er es vorhin absolut ernst gemeint hatte. Sie öffnete die Ladentür, wobei sie Sofie nachdenklich musterte. Es wirkte tatsächlich, als wüsste sie genau, wohin sie gingen. Ein paar Ecken später war Lotte ziemlich sicher, dass sie hier diejenige war, die Gassi geführt wurde. Sofie ging tadellos bei Fuß, aber sobald Lotte versuchte, den falschen Weg einzuschlagen, blieb sie wie angewurzelt stehen und guckte sie vorwurfsvoll an. Lotte versuchte einmal, sie weiterzuziehen, nur ein bisschen, aber es war erstaunlich, wie fest ein so kleiner Hund seine Pfoten in den Boden stemmen konnte. Es war, als sei sie plötzlich wie aus Blei gegossen. Offensichtlich diktierte Sofie die Bedingungen für diesen Spaziergang.
    Die kleine Dackelhündin schien Lotte eine Stadtführung zu geben. Und sie hatte einen guten Geschmack. Sie brachte Lotte zu einem wirklich hübschen Park mit einem Springbrunnen und viel Gras, auf dem man in der Sonne liegen konnte. Es gab auch einen Bereich für Skateboarder, aber Sofie schnaubte voller Abscheu, als sie in die Nähe kamen, und Lotte war geneigt, ihr zuzustimmen. Dort hingen lauter halbstarke Jungs rum, die Blödsinn machten und dämliche Stunts versuchten. Sofie führte sie in einem großen Kreis um den Springbrunnen herum, sodass sie den kühlen Sprühnebel auf ihrem Gesicht genießen konnten. Dann brachte sie sie durch ein paar Gassen zurück auf die High Street. Sie blieb vor einem Straßencafé stehen, in dessen Fenster viele klebrigsüße Schokoladenkuchen feilgeboten wurden, und sah Lotte erwartungsvoll an.
    Zu ihrer eigenen Überraschung entschuldigte sich Lotte bei dem Hund. »Es tut mir leid, Sofie, ich habe meinen Geldbeutel nicht dabei. Wir holen es ein anderes Mal nach, versprochen. Die Kuchen sehen toll aus.« Dann bemerkte sie, dass ein paar Mädchen in ihrem Alter, die vor dem Café saßen, ihr komische Blicke zuwarfen. Sie starrte trotzig zurück und flüsterte: »Komm, Sofie.«
    Sie bummelten die Schaufenster der High Street englang, in Gedanken gab Lotte schon das großzügige Taschengeld aus, mit dem ihre Mutter sie ausgestattet hatte (Lotte nannte es insgeheim Bestechungsgeld), als sie hörte, wie eine Uhr vier schlug. Überrascht warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sie und Sofie waren schon fast zwei Stunden unterwegs! Die Zeit war so schnell vergegangen.
    »Wir gehen besser zurück, Sofie. Aber vielen Dank für den netten Spaziergang.« Lotte überprüfte rasch, dass niemand nah genug war, um mitzubekommen, wie sie mit einem Hund redete, als könne er sie verstehen. »Du hast dafür gesorgt, dass ich wieder richtig gute Laune habe.« Lotte nahm Sofie auf den Arm und drückte einen raschen Kuss auf eins ihrer schwarzen Samtohren. Dann setzte sie sie wieder ab und guckte sie besorgt an. Sofie war eine sehr stolze Hündin, wollte sie vielleicht nicht geküsst werden? Sie wirkte tatsächlich schockiert, und Lotte hoffte, dass sie ihr nicht zu nahe getreten war. Doch einen Moment später hob Sofie eine Lefze zu einem schiefen, etwas schüchternen Grinsen – eines, das etwa zwei Sekunden dauerte – , bevor sie munter mit den Ohren schlackerte und davongaloppierte, ohne auf Lotte zu warten.
    Onkel Jack störte es anscheinend gar nicht, dass sie so lange weg gewesen waren. Lotte hatte noch nicht mal den Eindruck, dass es ihm überhaupt aufgefallen war. Er saß mit Horaz, dem betagten afrikanischen Graupapagei, dessen Stange im Fenster hing, an der Ladentheke. Horaz verbrachte einen guten Teil seiner Zeit damit, mit hochgezogenen Schultern auf seiner Stange zu sitzen und die Passanten zu beobachten.
    Es schien ihm eine diebische Freude zu bereiten, wenn sie dachten, er sei nicht echt. Kaum hatten sie entschieden, dass es sich bei ihm um ein ausgestopftes Tier handeln musste, ließ er seinen Hals hervorschnellen und warf ihnen durch die Fensterscheibe Beleidigungen an den Kopf. An den Nachmittagen jedoch zog er es vor, durch den Laden zu wandern. Er kletterte auf die Käfige und umklammerte mit seinen mächtigen, knotigen Klauen die Gitterstäbe. Dann fuhr er plötzlich mit seinem Kopf nach unten, um die Bewohner zu inspizieren. Besonders gerne trieb er die Mäuse an den Rand eines Herzinfarkts, indem er ihnen überfallartig Schimpfworte zurief. Er spähte mit schief gelegtem Kopf an seinem
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