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Zarias Sehnsucht

Zarias Sehnsucht

Titel: Zarias Sehnsucht
Autoren: Victoria Hanley
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Das Klopfen an meiner Tür war knapp und präzise – ein Klopfen voller Autorität.
    Ich beachtete es nicht und konzentrierte mich auf die goldene Teetasse meiner Mutter. Es war ihre Lieblingstasse gewesen, aber sie hatte sie seit über fünf Jahren nicht mehr angerührt. Ich drehte sie in meiner Hand und bewunderte traurig ihre schlichte Eleganz.
    Draußen vor meinem Fenster war die Sonne von Elfenland untergegangen und hatte den Himmel in ein lilafarbenes Licht getaucht, in das sich ein immer dunkler werdendes Blau mischte. So ein friedvoller Anblick. Wenn ich doch nur ein wenig von diesem Frieden in mir spüren könnte.
    »Öffne die Tür, Kind!«, rief jemand.
    Kind . Offenbar vergaßen mächtige Elfen jedes Mal, wenn sie mich belügen wollten, dass ich Zaria hieß, und nannten mich stattdessen Kind . Auch wenn ich erst vierzehn war, war ich kein Kind. Ganz und gar nicht.
    Das Klopfen wurde lauter.
    Ich seufzte und stellte die Tasse zurück an ihren Stammplatz, ganz hinten im Zinnschrank. Mein Blick fiel auf das untere Regal, auf dem eine hohe indigoblaue Glasflasche stand. Sie war mit einem feinen, dunkel glänzenden Pulver gefüllt, das von einer unbekannten und so furchterregenden Magie durchdrungen war, dass ich die Flasche noch nie geöffnet hatte.
    Erneutes Klopfen. Ich schloss den Schrank mit einem Klicken und glitt zur Tür.
    Magistria Magnetit, Oberstes Mitglied des Hohen Rates von Elfenland, schwebte wenige Zentimeter über dem kleinen, mit Steinen gepflasterten Hof vor meinem Haus. Ihre schwarzen Flügel hoben sich von ihrer blendend weißen Haut ab.Um den Hals trug sie einen Rubin Oberons, Symbol ihrer Macht, der in der Dämmerung glitzerte.
    Sie war in Begleitung der Ratsmitglieder Wolframit und Zirkon, die ebenfalls Rubine Oberons trugen; ihre waren jedoch in schwere Armbänder eingefasst. Ich mochte sie beide nicht und war mir sicher, dass sie mich auch nicht mochten. Zirkon lächelte nicht, als er mich sah, obwohl sein Sohn Meteor einer meiner besten Freunde war. Er starrte mich einfach nur aus grünen Augen an, die so tief lagen, dass man den Eindruck hatte, sie steckten in ihren Höhlen fest. Wolframits Nase zuckte, als versuche er, ein Problem aufzuspüren.
    »Guten Abend, meine Liebe«, sagte die Magistria.
    Jetzt war ich ihre Liebe .
    Obwohl ich sie nicht hereinbat, glitten sie und Wolframit auf mich zu. Seine Nase stieß als Erstes gegen die magische Schranke, mit der ich mein Haus umgeben hatte. Er prallte im gleichen Augenblick rücklings mit Zirkon zusammen, als eine Flügelspitze der Magistria mit meinem Zauber in Berührung kam. Die stämmige Elfe zuckte zusammen.
    »Zaria, ein Schutzzauber gegen uns ?«, fragte sie.
    Ach. Sie konnte sich also doch an meinen Namen erinnern.
    Ich antwortete nicht. Es bestand kein Grund, sie darüber aufzuklären, dass mein Haus dank meines Zaubers jedem den Zutritt verwehrte, der mir nicht wohlgesinnt war. Es überraschte mich nicht, dass die anwesenden Ratsmitglieder nicht hereinkommen konnten.
    Zirkon berührte den Rand meines Zaubers mit der Spitze seines Zauberstabs. Sein Gesicht zeigte keine Gefühlsregung, doch er wich zurück. »Was ist das für ein Zauber?«
    Ich schwieg.
    Magistria Magnetit seufzte. »Das ist eine schwierige Zeit für dich, Zaria. Du bist gewiss sehr bekümmert.«
    Bekümmert . Das beschrieb nur zum Teil, wie ich mich fühlte. Noch zutreffender wäre rasend vor Wut .
    »Ganz gleich, welchen Zauber du benutzt hast, du solltest ohne die Anleitung eines Mentors keine Magie ausüben«, fuhr die Magistria fort.
    Bei dem Wort »Mentor« funkelte ich sie böse an.
    »Zaria.« Wolframits Granataugen sahen aus wie Perlen, die ihm jeden Moment aus dem Gesicht zu fallen drohten. »Du darfst nicht zulassen, dass deine Verbitterung die Oberhand gewinnt. Wir möchten dir helfen.«
    Ich blickte ihn fest an. »Sie glauben, ich bin verbittert?«
    Seine Nase zuckte ununterbrochen. »Du lebst seit Tagen allein in dem Haus, in dem dein Vormund gestorben ist. Und wie es scheint, hast du irgendeinen merkwürdigen Zauber angewandt, um andere von dir fernzuhalten. Das sieht dir nicht ähnlich, Kind.«
    »Ach, nein?« Was weißt du schon von mir?
    »In den Berichten deines Vormunds stand, du wärst ruhig und gehorsam«, erklärte die Magistria.
    »Beryl«, stieß ich wütend hervor. »Ihr Name war Beryl Danburit.«
    Sie blinzelte. »Natürlich, Beryl Danburits Berichte über dich …«
    »Waren positiv. Ja. Und was hat mir das eingebracht? Man hat mir
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