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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
Autoren: Timothy Zahn
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seiner Tochter auf dem Spiel steht?«, fragte Antoniewicz ebenso höflich wie ungläubig.
    »Nein«, sagte Tera nur und nahm eine fast hochmütige Haltung an, während für einen Moment Stolz die Oberhand über die Angst und Unsicherheit gewann, die sie vielleicht verspürte. Ich konnte mir vorstellen, dass der wahre Adel der alten Zeit sich dem Bauernpöbel mit dem gleichen Mut und Verachtung entgegengestellt hatte.
    Und mit dem gleichen Ergebnis. »Schade«, mümmelte Antoniewicz. Er klang fast bedauernd. »In diesem Fall haben Sie überhaupt keinen Wert für mich.« Er sah auf den Mann, der rechts hinter mir stand, und hob matt die Hand.
    Und plötzlich verschwand der Druck der Mündung der Waffe von meinem Rücken, und aus dem Augenwinkel sah ich, dass er die Waffe schwenkte und auf Teras Gesicht richtete.
    Ich weiß nicht, wieso ich es tat. Antoniewicz bluffte, und ich wusste , dass er bluffte. Er würde nie eine potenzielle Geisel töten, von deren Nutzwert er sich noch nicht überzeugt hatte – nicht einmal dann, wenn sie ihm auf diese Art und Weise verbal ins Gesicht gespuckt hatte. Ich wusste, dass ich eine Show brachte, und wenn ich noch einen Sekundenbruchteil länger darüber nachgedacht hätte, wäre mir auch klar gewesen, dass ich ihm damit direkt in die Hände spielte.
    Aber ich hatte Cameron versprochen, dass ich auf seine Tochter aufpassen würde, und ich handelte reflexartig. Mit der rechten Hand schlug ich gegen die Waffe des Gangsters, um sie vom Ziel abzubringen, und dann wirbelte ich auf dem rechten Absatz herum und rammte ihm den rechten Ellbogen in den Solarplexus. Zugleich griff ich mit der linken Hand nach der Waffe.
    Einen solchen Fehlschlag hatte ich in meinem ganzen Leben wohl noch nicht erlebt. Der Ellbogen traf auf eine unnachgiebige Platte der Körperpanzerung, und der Griff nach der Waffe ging ins Leere, als er sie blitzschnell wegdrehte. Und bevor ich das Gleichgewicht noch wiedererlangt hatte und etwas anderes ausprobieren konnte, war er schon mit einem weiten Schritt zurückgewichen und sah mich mit einem Ausdruck an, mit dem man vielleicht ein exotisches Insekt studierte. Dass die Aktion kein kompletter Reinfall wurde, war nur dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass ich dabei nicht noch auf die Schnauze flog.
    Ich schloss mit dem Leben ab und wartete auf die Feuersalven und den höllischen Schmerz, der sie begleiten würde. Und wieder war mein reflexartiger Gedanke nicht mit der Realität synchronisiert. »Interessant«, sagte Antoniewicz mit ruhiger Stimme und löste die plötzliche Spannung auf. »Sie hatten Recht, Ryland. Er ist eher der heroische Typ, nicht wahr?«
    »Und er scheint außerdem zarte Gefühle für Miss Cameron zu haben«, pflichtete Bruder John ihm bei. Er freute sich nun unverhohlen, wie ich sah – obwohl ich nicht wusste, ob die Freude meiner Niederlage oder seiner Klugheit geschuldet war.
    »Wenn ich überhaupt Gefühle für sie habe, können Sie sie bestimmt nicht verstehen«, knurrte ich mit dem Verdruss von jemandem, der sich gerade total erniedrigt hatte. »Loyalität, zum Beispiel. Oder andere empathische Regungen, die menschliche Wesen füreinander empfinden. Wobei ich den Begriff ›Mensch‹ in Ihrem Fall im weitest möglichen Sinn benutze. Du bist nämlich noch viel weniger menschlich als die meisten Aliens, die ich kenne.«
    Die Schadenfreude verschwand aus Bruder Johns Gesicht, und das eigentlich attraktive Gesicht verzerrte sich plötzlich zur hässlichen Fratze. »Hör zu, McKell …«
    »Genug«, unterbrach Antoniewicz ihn und betrachtete mich mit dem gleichen wissenschaftlichen Interesse wie sein Leibwächter. »Welche charakterlichen Defizite auch immer er im Einzelnen hat – es ist nun klar: McKell wünscht nicht, dass die Dame zu Schaden kommt.« Er wölbte leicht die Augenbrauen. »So ist es doch, oder?«
    Ich schaute auf Tera. Es lag zwar noch immer etwas von diesem früheren Trotz in ihrem Blick, aber sie war nun ziemlich blass im Gesicht. Die Aura des Todes und des Bösen, die Antoniewicz umgab, erfasste jetzt auch sie. »Was soll das denn heißen?«, fragte ich. Ein letzter Versuch in Sachen »Tarnen und Täuschen«.
    Ich hätte mir das auch schenken können. »Stellen Sie sich doch nicht dumm, McKell«, rügte mich Antoniewicz. »Das passt nicht zu Ihnen. Heben Sie nun die Sperren in den Systemen der Ikarus auf? Oder sollen meine Männer Miss Cameron wieder in den Maschinenraum bringen?«
    Ich wurde mir vage bewusst, dass es
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