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Zärtliche Wildnis

Zärtliche Wildnis

Titel: Zärtliche Wildnis
Autoren: Mary Scott
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dir die Vorstellung, ein Aschenputtel zu heiraten, mehr behagte.«
    Das kam der Wahrheit sehr, sehr nahe, und tief im Innern wußte er das auch genau. Er hatte sich nicht nur deshalb von ihr angezogen gefühlt, weil er sie für arm gehalten hatte, aber er hatte es als gegeben angesehen, daß sie arm war, und war froh darüber gewesen. Er war ein Mann, der immer der Gebende zu sein wünschte, doch was er zu geben hatte, das brauchte sie nicht.
    »Hör doch auf, von deinen idiotischen Gefühlen zu reden«, fuhr er sie ärgerlich an. »Du weißt genau, daß ich mich weder des Geldes wegen noch des Mangels an Geld wegen in dich verliebt habe. Aber jetzt...«
    Sie wartete, doch er vollendete den Satz nicht.
    »Ich könnte das Geld ja der Heilsarmee schenken«, rief sie verzweifelt. »Meine Kleider habe ich auch dort hingeschickt, als Mutter gestorben war.«
    Aber gleich nachdem sie das gesagt hatte, wußte sie, daß es ein Fehler gewesen war. Es hatte schnippisch geklungen, obwohl das nicht in ihrer Absicht gelegen hatte. Er faßte ihre Worte dann auch falsch auf.
    »Natürlich«, rief er wütend, »wenn du das alles so komisch findest. Du lachst ja immer gern über ernste Dinge, aber ich bin da nicht so. Und ich habe unsere Liebe sehr ernst genommen.«
    »Und jetzt nicht mehr?«
    Ihre Stimme war voller Angst, doch er beeilte sich nicht, sie zu beschwichtigen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er statt dessen nur. »Alles hat sich geändert.«
    »Gar nichts hat sich geändert. Wie kann Geld die Dinge verändern? Hältst du es denn für so wichtig? Ich nicht.«
    Sie waren jetzt beide zornig. Andrew nahm sich nur mit Mühe zusammen und erwiderte: »Ich will jetzt nicht mehr davon sprechen. Ich brauche Zeit, um nachzudenken.«
    Liz glaubte, nun wäre alles aus, und sie sagte: »Wenn du Zeit brauchst, wenn dir danach zumute ist — dann hast du mich nie richtig geliebt. Dann war es von Anfang an ein Fehler.«
    Er widersprach ihr nicht. Er blickte sie nur mit einem Ausdruck seltsamer Traurigkeit an, drehte sich um und ging.
     
     
     

13
     
    Während dieses langen, trostlosen Tages hatte Liz Zeit, sich darüber zu wundern, daß sie sich in den Jahren der Krankheit ihrer Mutter für unglücklich gehalten hatte. Gewiß, sie war einsam und deprimiert gewesen, doch niemals hatte sie diesen heftigen Schmerz verspürt, der alle Gefühle zu töten schien. Sie dachte an die Zukunft, an die kalte, dunkle Straße, die vor ihr lag. Wie konnte sie hier bleiben, so nahe bei Andrew und doch für immer von ihm getrennt? Wie aber konnte sie andererseits den Kindergarten aufgeben, die Menschen im Stich lassen, die ihr mit soviel Freundlichkeit begegnet waren und ihr beinahe die Tür zu einem neuen Leben geöffnet hatten? Sie mußte selbstverständlich dableiben; es bestand ja keine Notwendigkeit, Andrew häufig zu sehen. Er hatte nur selten die untere Straße benutzt, die durch das Tal führte. Erst nachdem er sie kennengelernt hatte, hatte er die Benutzung der unteren Straße zum Vorwand genommen, um sie zu besuchen. Jetzt würde er auf die obere und direktere Straße nach Southville zurückkehren, und sie brauchten einander in den Monaten, die wie eine Endlosigkeit vor ihr lagen, kaum je wieder zu begegnen.
    Nachdem sie mit ihren Überlegungen so weit gekommen war, schloß sie die Tür ab, sperrte Pirate ins Wohnzimmer, warf sich auf ihr Bett und weinte. Pirate war den ganzen Morgen hin und her gerissen gewesen; er hatte das Drama gespürt, das in der Luft lag, als sie gestritten hatten, und hatte leise winselnd immer wieder seinen großen Kopf von einem zum anderen gewandt. Jetzt merkte er, daß Liz Kummer hatte, und er war entschlossen, an ihrer Seite zu bleiben. Dieses Ziel im Auge, stieß er mit aller Kraft die Tür auf, trottete ins Schlafzimmer und hockte sich neben das Bett, den Kopf auf die Decke gelegt. Ab und zu streckte Liz die Hand nach seinem Kopf aus und fühlte sich getröstet.
    Depressionen waren ihr nicht fremd, doch bisher hatte sie ihnen nie nachgegeben. Als das Telefon läutete, ignorierte sie es einfach. »Ich habe das Gefühl«, sagte sie zu Pirate, »daß es nicht Andrew ist, und mit anderen kann ich jetzt nicht sprechen.« Sie wollte sich ganz ihrem Kummer hingeben.
    Am späten Nachmittag hatte sie sich völlig ausgeweint und ein gewisses Maß an Vernunft wiedergefunden, als Schutz gegen ihren großen Kummer. Sie wollte sich nicht mehr benehmen wie ein verwöhntes Kind, dem man etwas weggenommen hatte, was es sich
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