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Zärtliche Wildnis

Zärtliche Wildnis

Titel: Zärtliche Wildnis
Autoren: Mary Scott
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jahrelang Geld auf die Bank getragen. Davon hatte ich keine Ahnung, als sie noch am Leben war. Es war eine Riesenüberraschung für mich zu hören, daß ich genug Geld hatte, um ohne Arbeit leben zu können. Die Bank schickt mir die Kontoauszüge, aber ich schicke sie einfach an Mr. Dawson weiter, weil ich sie sowieso nicht verstehe und er sich in diesen Dingen viel besser auskennt. Er erledigt alle Formalitäten für mich, aber ich weiß, daß ich dieses Jahr ziemlich hohe Steuern zahlen mußte.«
    Was Andrew da zu hören bekam, gefiel ihm gar nicht. Er hatte immer geglaubt, Liz wäre so arm wie die anderen Frauen im Tal. Er hatte geglaubt, sie hätte gerade genug Geld, um einigermaßen davon leben zu können, und das Auto wäre der einzige Wertgegenstand, den sie besaß. Und so war es ihm recht gewesen. Er wollte keine Frau mit Geld. Nun ja, ein wenig Geld konnte sie ruhig haben — gerade so viel, daß sie sich hin und wieder ein hübsches Kleid oder ein Geburtstagsgeschenk — für ihn natürlich — leisten konnte, aber nicht so viel, daß sie sich völlig unabhängig von ihrem Ehemann fühlen konnte.
    »Hast du wirklich keine Ahnung, wieviel Geld du hast?« fragte er. »Das finde ich ziemlich ungewöhnlich.«
    »Ja, das ist es wahrscheinlich auch. Aber ich habe nun einmal keinen Sinn für Geschäftliches. Mutter lehnte es ab, über Geld zu sprechen und fuhr mir immer gleich über den Mund, wenn ich eine diesbezügliche Frage zu stellen wagte. Ich wuchs in dem Glauben auf, es wäre vulgär, über Geld zu sprechen. Als sie dann starb, versuchte Mr. Dawson, mir alles zu erklären, aber ich verstand überhaupt nichts und hätte vor lauter Verwirrung am liebsten geheult. Da sagte er, er würde das Geld für mich verwalten. Ich weiß noch, wie er sagte: >Für einen Winkeladvokaten wären Sie ein Gottesgeschenk, mein Kind, aber wenn es Ihnen lieber ist, werde ich mich eben um alles kümmern und jeden Monat einen Scheck an Ihre Bank schicken.<«
    »Aber du wirst doch wenigstens wissen, wie hoch diese monatlichen Schecks sind? Die Bank schickt dir doch regelmäßig Kontoauszüge, oder nicht?«
    »Doch, aber ich schicke sie einfach an Mr. Dawson weiter und lege die Abschnitte aus meinem Scheckbuch bei. Er erledigt alles Weitere. Ach, ich glaube, ein Auszug kam erst letzte Woche. Ich wollte ihn schon die ganze Zeit abschicken, aber ich habe es einfach verbummelt. Ich werde ihn dir heraussuchen, dann kannst du ihn dir ansehen.«
    Andrew besah sich den Kontoauszug. Während er das tat, verdüsterte sich seine Miene, und er zog ärgerlich die Brauen zusammen. Liz ging mittlerweile ihren Vorbereitungen für das Mittagessen nach und summte vergnügt vor sich hin. Sie dachte, wie erfreut Andrew sein würde, wenn er feststellte, daß sie nicht ganz mittellos war. Deshalb erschreckte sie sein kühler Ton und seine steife, beherrschte Art zutiefst, als er schließlich sagte:
    »Die vierteljährlichen Zahlungen scheinen stets gleich hoch zu sein. Demzufolge hast du ein Einkommen, das ungefähr genauso hoch ist wie mein Einkommen in einem schlechten Jahr.«
    »Ach, ist das nicht herrlich? Ich habe es mir nie ausgerechnet, aber ich bin froh, daß es so ist. Das bedeutet doch, daß wir nicht eisern zu sparen brauchen. Freust du dich denn nicht, daß du keine arme Kirchenmaus heiraten wirst? Weißt du, ich hatte immer schon das Gefühl, ich wäre gar nicht so arm.«
    Er konnte sich nicht länger beherrschen.
    »Hör endlich auf mit deinen verdammten Gefühlen. Du hättest dir doch nur diesen Auszug anzusehen brauchen und die anderen, die du vorher bekommen hast, um zu wissen, wie du finanziell dastehst. Oder wenn deine Rechenkünste nicht ausgereicht hätten, dann hätte ein Brief an deinen Anwalt genügt, und er hätte es dir auseinandergesetzt. Du hast die ganze Zeit das arme Aschenputtel gespielt, und wir dachten, du brächtest ein großes Opfer, um den Kindern und den Leuten hier zu helfen. Dabei war alles nur Getue.«
    Sie wollte ihren Ohren nicht trauen.
    »Getue? Andrew, was meinst du damit?«
    Ihre Augen begannen bei seinem Ton zu funkeln, doch er sah die Gefahrenzeichen nicht und fuhr unbarmherzig fort: »Ich meine, daß du uns alle getäuscht hast, daß du dich für arm ausgegeben hast, obwohl du genau wußtest, daß du das hier in petto hattest.«
    Sie war jetzt so ärgerlich wie er.
    »Wenn du mit >in petto< meinst, daß ich Geld auf der Bank hatte — natürlich, das stimmt. Wie hätte ich denn sonst leben können?
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