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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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PROLOG
    S imon Trott stand auf dem schwankenden Deck der Cosima, als er die Flammen entdeckte, die die samtschwarze Nacht erhellten. Das Feuer loderte in der Nähe der Küste und zuckte wie eine feurige Zunge übers Wasser.
    „Das ist sie“, sagte der Kapitän der Cosima zu Trott, während beide Männer nach vorn starrten. „Die Max Havelaar. Das Feuerwerk dürfte sie nicht lange überleben.“ Er drehte sich um.
    „Volle Kraft voraus!“ rief er seinem Steuermann zu.
    „Dürfte kaum Überlebende geben“, meinte Trott. „
    Sie haben einen Notruf abgesetzt, also scheint noch jemand am Leben zu sein.“
    Als sie sich dem sinkenden Schiff näherten, schossen die Flammen plötzlich hoch wie ein Vulkan, dessen Lavaregen den Ozean zu entzünden schien.
    „Langsam! Im Wasser ist Treibstoff!“ rief der Kapitän laut nach hin ten.
    „Ich drossle die Fahrt“, antwortete der Mann am Ruder.
    Trott hangelte sich an der Reling nach vorn und starrte auf das Inferno. Die Max Havelaar sank bereits. Das Heck lag schon fast unter Wasser, der Bug ragte empor. In wenigen Minuten würde sie für immer verschwunden sein. Das Wasser war tief, eine Bergung unmöglich. Hier, zwei Meilen vor der spanischen Küste, würde die Havelaar ihre letzte Fahrt beenden.
    Eine weitere Explosion jagte Funken in den nächtlichen Himmel. In den wenigen Sekunden, bevor es wieder dunkelwurde, sah Trott, wie sich etwa hundert Meter von der Havelaar entfernt etwas bewegte. Etwas Längliches, Flaches tanzte auf den Wellen. Dann hörte er Männer rufen.
    „Hier! Wir sind hier!“
    „Das Rettungsboot“, sagte der Kapitän und richtete den Suchscheinwerfer in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. „Da sind sie. Zwei Uhr!“
    „Ich sehe sie“, antwortete der Steuermann und änderte den Kurs. Vorsichtig lenkte er das Schiff durch den Treibstoff, der brennend an der Oberfläche trieb. Als sie näher kamen, hörte Trott die freudigen Rufe der Überlebenden. Es waren Italiener, und sie schrien alle durcheinander. Wie viele mochten es sein? Fünf, vielleicht sechs. Sie wedelten mit den Armen.
    „Scheint fast die ganze Crew der Havelaar zu sein“, sagte der Kapitän und drehte sich um. „Wir brauchen hier jetzt jeden freien Mann.“
    Sekunden später war die Mannschaft der Cosima an Deck. Schweigend standen sie an der Bugreling und starrten auf das Rettungsboot.
    Im kalten Licht des Scheinwerfers konnte Trott die Überlebenden ausmachen. Es waren sechs. Er wusste, dass die Max Havelaar mit acht Mann an Bord aus Neapel ausgelaufen war. Waren die anderen beiden noch im Wasser?
    Das Boot trieb jetzt an der Steuerbordseite.
    „Hier ist die Cosima! Wer seid ihr?“ rief er hinunter.
    „ Max Havelaar! “ kam die Antwort.
    „Sind alle gerettet?“
    „Zwei sind tot!“
    „Seid ihr sicher?“
    „Die Maschine, sie ist explodiert! Ein Mann wurde unter Deck eingeschlossen.“
    „Und der achte?“
    „Wurde ins Wasser geschleudert, kann nicht schwimmen!“
    Womit er so gut wie tot ist, dachte Trott und sah zur Crew der Cosima hinüber. Sie warteten auf den Befehl zum Eingreifen.
    Das Rettungsboot war jetzt fast längsseits.
    „Wir werfen euch gleich eine Leine zu“, rief Trott nach unten.
    Als es so weit war, stand einer der Überlebenden auf, um die Leine zu ergreifen.
    Trott gab seinen Männern das Signal, auf das sie warteten, und sie gehorchten.
    Die erste Salve traf ihr Opfer, als es die Arme nach seinen vermeintlichen Rettern ausstreckte. Der Mann kam nicht einmal mehr dazu zu schreien. Der Kugelhagel von der Cosima zerfetzte das Boot und seine wehrlosen Insassen. Ihre Entsetzensschreie wurden vom Rattern der automatischen Waffen übertönt.
    Als es vorbei war und endlich wieder Stille herrschte, lagen die Leichen übereinander im Rettungsboot. Zu hören waren nur die Wellen, die gegen den Rumpf der Cosima schlugen.
    Eine allerletzte Explosion ließ Funken durch die Nacht regnen. Der Bug der Max Havelaar ragte noch steiler nach oben, dann glitt sie langsam in die Tiefe.
    Das Boot, von Kugeln durchlöchert, war schon halb untergegangen. Ein Mann von der Cosima warf einen Ersatzanker über Bord. Mit dumpfem Aufprall landete er zwischen den Leichen. Das Boot kenterte, und die Toten glitten ins Meer.
    „Unsere Arbeit ist getan, Captain“, sagte Trott gelassen und wandte sich ab. „Ich schlage vor, wir kehren nach …“
    Plötzlich erstarrte er. Was war das? Etwa fünfzig Meter vom Boot entfernt hatte sich etwas bewegt. Trott kniff die Augen
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