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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4
Autoren: Andrew Lane
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überragen.
    »Du erbärmlicher Narr!«, spie sie ihm entgegen. Sie streckte eine Hand aus und packte sein Kinn zwischen Daumen und Finger. Sherlock, der die Szene entsetzt aus den Schatten heraus verfolgte, konnte die Einbuchtungen erkennen, die ihre Finger auf Sherrinfords Wangen hinterließen. »Du sitzt hier rum, Tag für Tag, und schreibst bedeutungslose Worte für ebenso erbärmliche und verblendete Idioten im Land wie du einer bist, damit sie sie wie Papageien nachplappern. Und du denkst – du denkst tatsächlich –, dass du etwas Lobenswertes machst. Es bedeutet
gar
nichts, alter Mann. Ich sollte alles um dich herum zum Einsturz bringen, nur um dir zu demonstrieren, wie wenig es die Welt scheren würde, wenn all das endet. Ich könnte es, weißt du. Mit dem, was ich weiß, könnte ich diese Familie ruinieren.«
    »Worauf warten Sie dann noch?«, fragte Sherrinford, die Stimme durch die Finger gedämpft, die sich in sein Gesicht krallten.
    Mrs Eglantine zögerte, öffnete den Mund, brachte aber keine Antwort heraus.
    »Sie können es eben nicht«, fuhr Sherrinford Holmes fort. »Wenn Sie enthüllen würden, was Sie wissen, dann ja, dann wäre meine Familie ruiniert. Aber in dem Fall wäre Ihnen der Zugang zu diesem Haus verwehrt. Und was hätten Sie dann erreicht? Sie haben ein Jahr oder länger damit verbracht, nach etwas zu suchen. Vom Dachboden bis zum Keller. Ich habe keine Ahnung, wonach Sie suchen. Aber ich weiß, wie wichtig es für Sie sein muss, und ich weiß, dass Sie niemals etwas unternähmen, was Ihre Suche gefährden könnte.«
    »Ich glaube, du weißt sehr wohl, wonach ich suche«, sagte sie spöttisch und entließ ihn aus ihrem Griff. »Und ich glaube, es ist hier, in der Bibliothek. Deswegen sitzt du auch Tag für Tag hier herum, wie eine alte Henne, die auf einem Haufen Eier brütet, aus denen nie etwas schlüpfen wird. Ich habe überall sonst gesucht, und ich weiß, dass es hier sein muss. In diesem Raum.«
    »Raus mit Ihnen«, sagte Sherrinford. »Oder ich
werde
Sie entlassen, und Gott möge mich vor den Konsequenzen schützen. Ich werde Sie entlassen, nur um diesem Albtraum ein Ende zu bereiten. Und um gewiss zu sein, dass ich Sie gehindert habe, welch erbärmlichen Schatz auch immer zu finden, der sich Ihrer Meinung nach hier befinden soll.«
    Mrs Eglantine stolzierte an ihm vorbei auf die Tür zu. Als sie das Ende der Regalreihe erreicht hatte, wandte sie sich zu ihm um. Ihre grell blitzenden Augen leuchteten wie glühende Kohle in ihrem ansonsten gletscherweißen, maskenhaften Gesicht. »Du kannst mich nicht ohne Folgen loswerden«, zischte sie. »Genauso wenig wie ich dich. Die Frage ist nur: Wer fürchtet sich am meisten vor den Folgen?« Sie wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber noch einmal um. »Ich verlange von dir, dass du deinen armseligen Neffen loswirst«, fügte sie hinzu. »Werd ihn los. Schick ihn weg.«
    »Jagt er Ihnen etwa Angst ein?«, fragte Sherrinford. »Fürchten Sie, dass er hinter Ihre wahre Stellung in diesem Hause kommen und etwas dagegen unternehmen wird?«
    »Was kann er schon tun? Er ist nur ein Junge. Schlimmer noch, er ist nur ein Holmes.« Damit wandte sie sich um und ging. Wenige Augenblicke später hörte Sherlock, wie sich die Tür zur Bibliothek öffnete und gleich darauf wieder schloss.
    »Sie hat tatsächlich Angst vor dir«, sagte Sherrinford leise. Es dauerte einen Moment, bevor Sherlock begriff, dass sein Onkel mit ihm sprach. Irgendwie musste er gewusst haben, dass er noch im Raum war.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Sherlock und trat auf dem Gang ins Licht hinaus.
    »Es gibt keinen Grund, warum du das solltest.« Sein Onkel schüttelte müde den Kopf, als wäre dieser plötzlich überaus schwer geworden. »Vergiss, was du gesehen hast. Tilge es aus deinem Gedächtnis. Tue, ebenso wie ich, einfach so, als gäbe es in diesem Haus keine Probleme und als liefe alles in heiter-ruhigen, gottgefälligen Bahnen. Tue so, als hätte sich diese Schlange, diese Verkörperung des Satans, nicht in unsere Mitte geschlängelt.«
    »Aber Onkel …«
    Sherrinford runzelte die Stirn und erhob seine dürre Hand. »Nein«, sagte er entschieden. »Ich werde nicht länger darüber diskutieren. Das Thema wird nie wieder zur Sprache kommen.« Er seufzte. »Ich würde dich ja fragen, wie weit du mit dem Katalogisieren der Predigten vorangekommen bist, aber ich merke, wie müde ich auf einmal bin. Ich werde mich eine Weile ausruhen, hier in der Ruhe meines
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