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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4
Autoren: Andrew Lane
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eines Landschaftsbildes an der Wand sowie einer Bibel, die auf einem Regal neben dem Bett lag, war der Raum bar jeglicher Dekoration. Das Zimmer strahlte etwas so Unpersönliches aus, dass es schwer vorstellbar war, dass hier tatsächlich jemand tagtäglich lebte und schlief. Mrs Eglantines Unnahbarkeit, ihre fast widernatürliche stoische Reglosigkeit vor Augen, stellte sich Sherlock vor, wie sie spät am Abend, am Ende ihres Arbeitstages, den Raum betrat und einfach nur dastand … unbeweglich wie eine Statue, bis die Sonne aufging und es Zeit wurde, wieder an die Arbeit zu gehen. Ihre vorgetäuschte menschliche Natur einfach abschaltend, bis sie sie wieder brauchte.
    Er schüttelte den Gedanken ab. Sie war schließlich keine übernatürliche Kreatur, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut wie er – nur viel gemeiner.
    Sherlock lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür. Für einen Moment blitzte die Vorstellung in ihm auf, dass Mrs Eglantine genauso in seinem Zimmer gestanden haben könnte, bevor sie es durchstöbert hatte, und der Gedanke machte ihn wütend. Wenn sie, wie sie gesagt hatte, das Haus durchsucht hatte, dann musste sie auch in
seinem
Zimmer gewesen sein. Verdammtes Weibsstück! Wonach zum Teufel suchte sie überhaupt, und was machte sie bloß so unverletzlich?
    Rasch prägte er sich die Lage aller Gegenstände ein, die zu sehen waren: die Haarbürste, die Bibel, ja selbst den Winkel, in dem der Druck leicht schief an der Wand hing, sowie die Distanz zwischen der Oberdecke auf dem Bett und den Kissen. In Anbetracht von Mrs Eglantines Auge für Details würde sie seinem Gefühl nach garantiert merken, wenn etwas nicht genau an Ort und Stelle war. Er musste sichergehen, dass sich alles wieder exakt an seinem Platz befand, ehe er das Zimmer verließ.
    Er fing mit der Kommode an und durchstöberte rasch die Wäsche in sämtlichen Schubladen. Er unterdrückte das aufkeimende Schuldgefühl, indem er sich sagte, dass Mrs Eglantine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dasselbe mit
seinen
Sachen gemacht hatte. Als er nichts fand, tastete er unter der Kommode mit der Hand auf den Dielenbrettern herum, nur für den Fall, dass etwas daruntergerutscht war. Immer noch nichts.
    Er wandte sich ab, drehte sich dann aber erneut zur Kommode um, als ihm plötzlich ein Gedanke kam. Schnell zog er sämtliche Schubladen heraus und betastete deren Unterseite nach Zetteln oder Briefumschlägen, die womöglich dort fixiert waren. Dann schaute er noch in den von den entfernten Schubladen hinterlassenen Aussparungen nach, ob dort vielleicht irgendetwas hineingeschoben worden war. Aber abgesehen von Staub, Spinnweben und einem alten Spitzentaschentuch fand er nichts.
    Noch ein letzter prüfender Blick, um sicherzugehen, dass alles so aussah wie zuvor, und er wandte sich wieder von der Kommode ab. Er wollte sich gerade die Garderobe vornehmen, als ein Geräusch von draußen ihn plötzlich erstarren ließ.
    Angestrengt lauschte er, während ihm das Herz bis zum Hals klopfte. War es etwa eine knarrende Bodendiele gewesen? Oder stand vielleicht jemand draußen vor der Tür und lauschte? Ebenso wie er hier auf der anderen Seite stand und das Gleiche tat? Hatte Mrs Eglantine ihre Besprechung mit Cook beendet und war aus irgendeinem Grund zu ihrem Zimmer zurückgekehrt?
    Wieder war das Geräusch zu hören: ein kratzender Laut, der schwer zu lokalisieren war. Fieberhaft blickte sich Sherlock nach einem Platz um, wo er sich verstecken könnte. Unter dem Bett vielleicht? Oder in der Garderobe? Fast gelähmt vor Angst, dass ein Brett unter seinen Füßen knarren und ihn verraten würde, machte er einen zögernden Schritt auf das Bett zu. Noch bevor er sich daraufhin erneut in Bewegung setzen konnte, hörte er das Geräusch ein drittes Mal. Eine Welle der Erleichterung durchströmte ihn, als er erkannte, was es war. Der Laut kam aus den Rauchabzügen und stammte von einer Schaufel, mit der unten im Haus in einem der Kamine Asche und Ruß vom Mauerwerk gekratzt wurden. Er entspannte sich und löste die zur Faust geballten Hände.
    Nun, da seine Aufmerksamkeit auf den Kamin gerichtet war, trat Sherlock darauf zu. Er fuhr mit den Händen durch die kalte Asche für den Fall, dass irgendetwas darin versteckt worden wäre, und verdrehte den Hals, um den Rauchabzug emporzuspähen. Aber es war nichts zu sehen.
    Daraufhin setzte Sherlock die Durchsuchung des Zimmers fort und sah unter dem Bett nach. Doch außer einem leeren Koffer
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