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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4
Autoren: Andrew Lane
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ändern, wüssten sie, dass seine Familie zum Landadel gehörte. Er fand es schlichtweg dumm, dass etwas so Simples wie ererbter Grundbesitz einen von den anderen Menschen abheben konnte. Wenn er erst einmal erwachsen war, würde er schon dafür sorgen, dass er niemals derartige soziale Unterschiede zwischen den Menschen machte.
    Der Karren rumpelte ungefähr noch zwanzig Minuten auf der Straße dahin, als Sherlock schließlich herabsprang und dem Kutscher ein fröhliches »Danke« über die Schulter hinterherrief.
    Er warf einen prüfenden Blick auf seine Uhr. Vor dem Mittagessen hatte er noch eine halbe Stunde: gerade genug Zeit, sich zu waschen und vielleicht das Hemd zu wechseln.
    Das Mittagessen war – wie gewöhnlich – eine stille Angelegenheit. Sherlocks Onkel, Sherrinford Holmes, war damit beschäftigt, gleichzeitig zu essen, ein Buch zu lesen und mit seinem gewaltigen Bart dabei möglichst weder den Speisen noch seinen Texten in die Quere zu kommen.
    Sherlocks Tante Anna hingegen gab einen fortwährenden Monolog zum Besten, in dem es zunächst um ihre Pläne für den Garten, diversen Klatsch über den lokalen Landadel und ihre Freude darüber ging, dass die beiden Zweige der Holmes-Familie wieder miteinander redeten, bevor sie dann schließlich der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass das Wetter im nächsten Jahr besser sein möge als das des gerade vergangenen. Ein- oder zweimal stellte sie Sherlock eine Frage, was er gerade so tat und wie es ihm ging. Aber als er zu antworten versuchte, stellte er fest, dass sie einfach weiterplapperte, ungeachtet dessen, was er antworten mochte. Also alles, wie gehabt.
    Allerdings fiel ihm auf, dass Mrs Eglantine – die stets finster dreinblickende Hauswirtschafterin des Anwesens – durch ihre Abwesenheit glänzte. Die Dienstmädchen servierten das Essen mit der üblichen wortlosen Ehrerbietung. Doch der schwarz gekleidete Schemen, der normalerweise kaum auszumachen im einfallenden grellen Sonnenlicht am Fenster lauerte, fehlte. Er fragte sich kurz, wo sie wohl stecken mochte, bevor ihm in einem plötzlichen Freudengefühl bewusst wurde, dass es ihm schlicht und einfach egal sein konnte.
    Sherlock beendete sein Mahl vor seiner Tante und seinem Onkel und bat schließlich, den Tisch verlassen zu dürfen.
    »Das sei dir in der Tat gestattet«, erwiderte sein Onkel, ohne von seinem Buch aufzublicken. »Ich habe einen Stapel alter Predigten auf meinem Schreibtisch in der Bibliothek deponiert. Ich wäre dir dankbar, junger Mann, wenn du ihn in weitere Stapel nach Autoren sortierst und diese wiederum nach ihrem Entstehungsdatum ordnest. Ich will mich nämlich daranmachen«, erklärte er und hob kurz den Blick, um Sherlock unter seinen buschigen Brauen hervor zu mustern, »das Ausmaß und die Entwicklung des Schismas innerhalb der christlichen Kirche zu katalogisieren, unter besonderer Berücksichtigung der Kirche der Heiligen der letzten Tage in Amerika. Diese Predigten sollten sich für dieses Unterfangen als sehr nützlich erweisen.«
    »Danke«, sagte Sherlock und verließ den Tisch.
    In Onkel Sherrinfords Bibliothek roch es nach alten, vergilbten Büchern, Schimmel, Ledereinbänden und Pfeifentabak. Als sich die Tür hinter ihm schloss, empfand Sherlock die Stille, die hier herrschte, beinahe als etwas Physisches: ein regelrechter Druck, der sich auf die Ohren zu legen schien.
    Auf Sherrinfords Schreibtisch türmten sich riesige Stapel loser Blätter verschiedenster Größe und Stärke. Bei einigen handelte es sich um mit Maschine geschriebene Texte, andere hingegen waren mit den verschiedensten Handschriften bedeckt, und ein Großteil war an der Seite mit Schleifen oder Schnüren zusammengebunden. Als er sich, nicht ohne ein leichtes Schaudern, auf Sherrinfords knarzendem Ledersessel niederließ, stellte Sherlock beklommen fest, dass die Stapel größer waren als er selbst und die Sicht auf den Rest der Bibliothek versperrten. Dies hier würde eine lange und mühselige Aufgabe werden. Er machte sich an die Arbeit. Auf den ersten Blick erschien der ganze Vorgang ziemlich simpel: Man nehme ein Manuskript vom nächstbesten Stapel, finde heraus, wer es wann geschrieben hat, und platziere es auf einem der Einzelstapel hinter sich auf dem Fußboden. Aber natürlich war es nicht so einfach wie gedacht. Einige der Predigten wiesen nirgends einen Autorennamen auf, andere waren nicht datiert, und wiederum auf anderen war weder ein Datum noch ein Name verzeichnet. Rasch wurde
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