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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid
Autoren: Card Orson Scott
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damals zu Männern und Frauen gesprochen, und viele standen in ihren Diensten. Einige erinnerten sich wieder an Qing-jao, nicht als Verrückte, sondern als einzige Treue unter den Gottberührten. Die Nachricht verbreitete sich unter den Frommen: »Im Haus des Han Fei-tzu wohnt die letzte der Gottberührten.«
    Sie suchten sie auf, zuerst ein paar, dann immer mehr. Besucher, die mit der einzigen Frau sprechen wollten, die sich noch der Mühe ihrer Reinigung unterzog. Zuerst empfing sie einige; wenn sie damit fertig war, die Linien auf einem Brett zu verfolgen, trat sie in den Garten hinaus und sprach mit ihnen. Doch ihre Worte verwirrten Qing-jao. Sie meinten, ihre Bemühungen galten der Reinigung des gesamten Planeten. Sie sagten, Qing-jao rufe die Götter um des gesamten Volkes von Weg willen. Je mehr sie sprachen, desto schwerer fiel es ihr, sich auf ihre Worte zu konzentrieren. Sie konnte es bald kaum erwarten, wieder ins Haus zurückzukehren, um eine weitere Linie zu verfolgen. Begriffen diese Leute denn nicht, daß es falsch war, sie jetzt zu loben? »Ich habe noch nichts erreicht«, sagte sie zu ihnen. »Die Götter schweigen noch. Ich muß arbeiten.« Und dann kehrte sie zu ihren Holzmaserungen zurück.
    Ihr Vater starb als sehr alter Mann. Er wurde mit viel Ehre für seine vielen Taten bedacht, obwohl nie jemand von seiner Rolle beim Auftreten der Seuche der Götter erfuhr, wie sie jetzt genannt wurde. Nur Qing-jao verstand. Und als sie ein Vermögen an echtem Geld verbrannte – für ihren Vater hätte kein falsches Beerdigungsgeld genügt –, flüsterte sie ihm so leise zu, daß kein anderer es hören konnte: »Nun weißt du es, Vater. Nun begreifst du deine Fehler, und wie sehr du die Götter verärgert hast. Aber fürchte nichts. Ich werde mit den Reinigungen fortfahren, bis alle deine Fehler berichtigt sind. Dann werden dich die Götter in Ehren aufnehmen.«
    Sie selbst wurde auch sehr alt, und die Reise zum Haus der Han Qing-jao war nun die berühmteste Pilgerfahrt auf Weg. In der Tat gab es viele, die auf anderen Welten von ihr gehört hatten und nur nach Weg kamen, um sie zu sehen. Denn es war auf vielen Welten wohlbekannt, daß wahre Heiligkeit nur an einem Ort gefunden werden konnte – und nur in einer Person, der alten Frau, deren Rücken nun ständig krumm war und deren Augen nichts anderes sahen als die Linien in den Fußböden im Haus ihres Vaters.
    Heilige Jünger, Männer und Frauen, kümmerten sich nun um das Haus, wo einst Bedienstete für sie gesorgt hatten. Sie polierten die Böden. Sie bereiteten ihre einfachen Mahlzeiten vor und legten sie dorthin, wo sie sie finden würde: an die Zimmertüren, denn sie aß und trank nur, wenn sie mit einem Zimmer fertig war. Wenn jemand, ein Mann oder eine Frau, irgendwo auf der Welt eine große Ehre erlangte, begab er sich zum Haus der Han Qing-jao, kniete nieder und verfolgte mit den Blicken eine Holzmaserungslinie; so wurden alle Ehrungen behandelt, als seien sie bloße Verzierungen der Ehre der Heiligen Han Qing-jao.
    Schließlich, nur ein paar Wochen, nachdem sie ihr hundertstes Jahr vollendet hatte, fand man Han Qing-jao auf dem Fußboden des Zimmers ihres Vaters zusammengekrümmt. Einige behaupteten, sie habe an genau der Stelle gelegen, an der ihr Vater immer saß, wenn er seine Arbeit leistete; doch man konnte es nicht genau wissen, da alle Möbel des Hauses schon vor langer Zeit entfernt worden waren. Die heilige Frau war nicht tot, als man sie fand. Sie lag noch mehrere Tage da, murmelte vor sich hin, stöhnte und fuhr mit den Händen über ihren Körper, als verfolge sie Linien auf ihrer Haut. Ihre Jünger saßen abwechselnd bei ihr, lauschten ihr, versuchten, ihr Gemurmel zu verstehen, und schrieben ihre Worte nieder, so gut sie sie verstanden. Sie wurden in dem Buch mit dem Titel Der Gott flüstert von Han Qing-jao festgehalten.
    Am wichtigsten von all ihren Worten waren diese, die sie ganz zum Schluß sprach: »Mutter«, flüsterte sie. »Vater. Habe ich es richtig gemacht?« Und dann, sagten ihre Jünger, lächelte sie und starb.
    Sie war noch keinen Monat tot, als in allen Tempeln und Schreinen in jeder Stadt und jedem Dorf auf Weg die Entscheidung bekanntgegeben wurde. Endlich gab es eine Person von solch überwältigender Heiligkeit, daß Weg sie als Schützer und Hüter der Welt erkoren konnte. Keine andere Welt hatte solch einen Gott, und sie gestanden es freimütig ein.
    Weg ist über alle anderen Welten hinaus gesegnet, sagten
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