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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid
Autoren: Card Orson Scott
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spürte nichts. Keinen Drang, die Linien der Holzmaserungen zu verfolgen. Keinen Drang, sich zu waschen.
    Sie betrachtete ihre Hände. Sie waren schmutzig, doch sie gab nichts darum. Sie konnte sie waschen oder auch nicht, ganz, wie es ihr beliebte.
    Einen Augenblick lang verspürte sie eine gewaltige Erleichterung. War es möglich, daß Vater, Wang-mu und das Jane-Ding doch recht gehabt hatten? Hatte eine durch diese Seuche verursachte genetische Veränderung sie endlich von einem abscheulichen Verbrechen befreit, das der Kongreß vor Jahrhunderten begangen hatte?
    Fast, als habe die Nachrichtensprecherin Qing-jaos Gedanken gehört, begann sie einen Bericht über ein Dokument zu verlesen, das in allen Computern auf der ganzen Welt aufgetaucht war. Das Dokument besagte, diese Seuche sei ein Geschenk der Götter, um die Menschen von Weg von einer genetischen Veränderung zu befreien, die der Kongreß herbeigeführt habe. Bis jetzt seien genetische Verbesserungen fast immer mit einem UZV-ähnlichen Zustand einhergegangen, dessen Opfer allgemein als gottberührt bezeichnet wurden. Doch während die Seuche ihren Verlauf nahm, würden die Menschen feststellen, daß die genetischen Verbesserungen nun sämtliche Menschen von Weg betrafen, während die Gottberührten, die zuvor die schrecklichste Last getragen hatten, nun von den Göttern von der Notwendigkeit der ständigen Reinigung befreit worden wären.
    »Dieses Dokument besagt, daß die ganze Welt nun gereinigt ist. Die Götter haben uns akzeptiert.« Die Stimme der Nachrichtensprecherin zitterte. »Es ist nicht bekannt, woher dieses Dokument stammt. Computeranalysen konnten keinerlei Ähnlichkeit mit dem Stil eines anderen bekannten Schriftstellers feststellen. Die Tatsache, daß es gleichzeitig in Millionen von Computern aufgetaucht ist, deutet darauf hin, daß es von einer Quelle mit unvorstellbaren Möglichkeiten stammt.« Die Sprecherin zögerte, und nun war ihr Zittern deutlich wahrnehmbar. »Wenn diese unwürdige Nachrichtensprecherin eine Frage stellen dürfte, in der Hoffnung, daß die Weisen sie hören und mit ihrer Weisheit beantworten werden… könnte es nicht sein, daß die Götter selbst uns diese Nachricht geschickt haben, damit wir ihr großes Geschenk an die Menschen von Weg verstehen?«
    Qing-jao hörte noch eine Weile zu, und in ihr wuchs der Zorn. Es war offensichtlich Jane gewesen, die dieses Dokument geschrieben und verbreitet hatte. Wie konnte sie vorzugeben wagen, den Willen der Götter zu kennen! Sie war zu weit gegangen. Dieses Dokument mußte widerlegt werden. Janes Existenz mußte enthüllt werden, und auch die ganze Verschwörung der Menschen Lusitanias.
    Die Diener sahen sie an. Sie begegnete ihrem Blick und musterte einen Augenblick lang alle von ihnen, die sich im Kreis aufgebaut hatten.
    »Was wollt ihr mich fragen?« sagte sie.
    »O Herrin«, sagte Mu-pao, »vergebt uns unsere Neugier, aber diese Nachrichten haben etwas verkündet, das wir nur glauben können, wenn Ihr uns sagt, daß es wahr ist.«
    »Was weiß denn ich?« gab Qing-jao zurück. »Ich bin nur die törichte Tochter eines großen Mannes.«
    »Aber Ihr seid eine der Gottberührten, Herrin«, sagte Mu-pao.
    Es ist sehr gewagt von dir, dachte Qing-jao, unaufgefordert von solchen Dingen zu sprechen.
    »Die ganze Nacht über, in der ihr mit Speis und Trank zu uns gekommen seid und so viele von uns unter das Volk geführt habt, damit wir die Kranken versorgen, habt Ihr Euch nicht ein einziges Mal entschuldigt, um Euch der Reinigung zu unterziehen. Wir haben nie gesehen, daß Ihr lange verschwunden wart.«
    »Ist es dir nicht in den Sinn gekommen«, sagte Qing-jao, »daß wir vielleicht so gut den Willen der Götter erfüllt haben, daß für mich diese Zeit über keine Notwendigkeit zur Reinigung bestand?«
    Mu-pao schaute bestürzt drein. »Nein, daran haben wir nicht gedacht.«
    »Ruhe dich jetzt aus«, sagte Qing-jao. »Wir alle sind noch schwach. Ich muß gehen und mit meinem Vater sprechen.«
    Sie überließ sie dem Klatsch und den Spekulationen untereinander. Vater war in seinem Zimmer und saß vor dem Computer. Das Display zeigte Janes Gesicht. Kaum, daß sie den Raum betreten hatte, drehte sich Vater zu ihr um. Sein Gesicht strahlte triumphierend.
    »Hast du die Nachricht gesehen, die Jane und ich vorbereitet haben?« sagte er.
    »Du!« schrie Qing-jao. »Mein Vater, ein Lügner?«
    Es war undenkbar, so etwas zu ihrem Vater zu sagen. Doch noch immer verspürte sie
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