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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Autoren: Stephen Baxter
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worden, mutmaßte das Schiff.
    Jedoch widmete es dem Theoretisieren nicht allzu viel Rechenzeit. Spekulation war schließlich nicht die primäre Funktion des Schiffs; und selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte es niemanden gegeben, an den es die Ergebnisse zu melden vermocht hätte.
    Also wies das Universum große Ähnlichkeiten mit dem auf, das Menschen und Xeelee sich einst geteilt hatten. Mit einem großen Unterschied.
    Es war viel jünger.
    Seit der Singularität waren weniger als eine Milliarde Jahre vergangen. Es brannten noch keine Sterne. Es gab praktisch kein Eisen, keinen Kohlenstoff, kein Silizium – und keinen Sauerstoff. Außer Helium und Spuren komplexerer Elemente, die aus der Singularität hervorgegangen waren, gab es nur Wasserstoff. Die ganze Palette der schweren Elemente würde erst viel später entstehen, nachdem die Sterne gezündet worden waren und komplexe Fusionsprozesse in den Kernen eingesetzt hatten.
    Es gab keine Planeten, auf denen die Menschen zu landen vermocht hätten, keine Luft zum Atmen und kein Metall zum Schürfen.
    Das Schiff entfaltete die nachtschwarzen Schwingen und tauchte in die Wasserstoffwolken ein. Rote Sternzertrümmerer-Strahlen stachen aus dem Schiff; die Gravitationswellen walkten Milliarden Kilometer große Konvektionszellen durch und erzeugten einen Zylinder aus turbulentem Wasserstoff und Helium. Innerhalb des Zylinders stieg die Temperatur um ein paar Millionen Grad an, und komplexe Fusionsketten, die mit denen in den zukünftigen Sternen vergleichbar waren, wurden initiiert.
    Ein kaskadenartiger Schwall schwerer Elemente wurde von den Fusions-Feuern ausgespien, und schließlich entstanden die ersten Eisenatome.
    Für ein Vierteljahr durchstreifte das Xeelee-Schiff die Schöpfungsgeschichte und filterte mit den Schwingen die schweren Elemente aus dem Sternenkern-Zylinder.
    Schließlich war das Xeelee-Schiff bereit, eine Erde zu erbauen.
    Das Herz war ein siebentausend Meilen durchmessender Kern aus Eisen. Und um den Kern, dessen Temperatur der Oberflächenhitze eines Sterns entsprach, legte das Schiff einen Mantel aus Silikatgestein, das es aus den angelegten Mineralbänken synthetisiert hatte. Beschichtet wurde das Ganze mit einer Kruste aus Sauerstoff und Silizium. Dann legte es – wobei Milliarden Jahre der Planetenentwicklung zu Wochen komprimiert wurden – an leicht zugänglichen Stellen Eisen-, Bronze-, Zinn- und Methanlagerstätten an und garnierte das Arrangement mit etwas Uran. Zum Schluss wurden Flussläufe, Meeresböden und Schluchten ausgefräst.
    Es war ein schöpferischer Prozess, der dem Schiff beinahe Freude bereitete.
    Nach einem halben Jahr stand der ›Rohbau‹ des Planeten.
    Das Schiff landete an verschiedenen Punkten auf der Oberfläche und kühlte die Kruste um ein paar tausend Grad herunter, indem es kalte Teilchenstrahlen in den glühenden Himmel schoss.
    Dann wurde die Oberfläche mit Eis-Asteroiden, Ladungen aus gefrorenem Sauerstoff und Stickstoff bombardiert. Das Eis schmolz und floss in die ausgehobenen Senken, und Gase stiegen auf und hüllten den Planeten in einen Mantel.
    Nachdem weitere zwei Monate vergangen waren, breitete das Schiff schließlich nachtschwarze Schwingen über klare Meere und frischen blauen Sauerstoff.
    Die ersten Wolken bildeten sich. Regen fiel.
    Nun war es an der Zeit, ein Ökosystem einzurichten.
    Das Schiff hatte die Erde nie gesehen und kannte nicht einmal das Innere der Kasten-Welt, welche die Xeelee-Konstrukteure für die Menschen erschaffen hatten. Mit den grundlegenden Prinzipien war es jedoch vertraut.
    Der Lehm des Schiffs war das genetische Material der menschlichen Besatzung und ihrer mannigfaltigen Parasiten und Symbionten. Winzige, in die Schiffshülle integrierte Laboratorien arbeiteten für viele Tage.
    Höchste Priorität hatte eine sauerstofferzeugende Flora. Das Schiff wählte Melanin, das in menschlichen Melanozyten enthaltene Pigment als Basis für einen photosynthetischen Prozess. Das erwies sich in Verbindung mit Extrapolationen der menschlichen Darmflora als ausreichend.
    Regenwälder schossen auf den neuen Kontinenten wie Pilze aus dem Boden. Sie bestanden aus Banyan-artigen Bäumen, deren Wachstum vom Schiff forciert wurde. Eine Art von Plankton breitete sich als braune Flecken über die Meere aus. Energie- und Materieflüsse wurden durch die neue Biosphäre initiiert: Leben, Klima und Geologie vereinigten sich zu einem einzigen großen Organismus und verwandelten den jungen
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