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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux
Autoren: Stephen Baxter
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kriechenden Menschenschwärme wie Egel vorkommen, sagte sie sich, wie Parasiten, die den Zerfall eines riesigen Kadavers beschleunigten, der in der Luft des Pols schwebte. Viele der ehemaligen Einwohner waren nach Parz zurückgekehrt, um ihre Besitztümer zu bergen und beim Wiederaufbau mitzuhelfen. Dabei war es auch zu Plünderungen gekommen. Mittlerweile waren es zu viele Leute, welche die Ruinen einer Stadt durchstreiften, deren Wiederaufbau noch viele Jahre dauern würde.
    Doch im großen und ganzen schien Horks Anweisung, daß nicht zu viele Leute in die Stadt zurückkehren sollten, befolgt zu werden. Ein großer Teil der Bewohner der Stadt hatte sich auf die Decken-Farmen im Hinterland verteilt und half den Farmern bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln, um eine Hungersnot abzuwenden. Überhaupt war der Wiederaufbau in vollem Gang. Die Dynamos, die den Störfall überstanden hatten, waren bereits gefunden worden. Die großen Aggregate, die früher die Ströme in den Anker-Bändern induziert hatten, waren von Trümmern befreit und gereinigt worden. Nun trieben die Dynamos im freien Raum, wobei die Kernstoff-Verkleidungen matt im purpurnen Licht des Quanten-Meers schimmerten.
    Aber noch waren sie nicht über den Berg, sagte Dura sich unbehaglich. Die durch den Xeelee-Störfall destabilisierte Gesellschaft konnte immer noch auseinanderfallen und in einen selbstmörderischen Kampf um die schwindenden Ressourcen und Schätze von Parz eintreten, deren Wert durch das Desaster indes auf Null reduziert worden war.
    Allerdings bestand keine unmittelbare Gefahr. Fürs erste schienen die Leute – die meisten zumindest – zur Zusammenarbeit bereit. Das bot immerhin Anlaß zur Hoffnung.
    Dura freute sich über den Muskelkater und den steifen Rücken; daran ließ sich nämlich ihr bescheidener Beitrag für die mantel umspannende Aufbauarbeit ermessen. Sie fühlte eine Aufwallung von Optimismus und Energie; die nächste Zeit würde bestimmt die glücklichste ihres Lebens werden.
    Ein paar Mannhöhen vom Wagen entfernt hatte das Menschliche Wesen Mur der ehemaligen Surferin Lea gezeigt, wie man Netze aus der Rinde von Krusten-Bäumen anfertigte. Die beiden wurden von einer Wolke halbfertiger Stricke und Netzteile eingehüllt. Der wieder mit seinem Vater vereinigte Jai glitt lachend durch die Luft. Lea fuchtelte mit einem Strick vor Murs Gesicht herum. »Ja, aber ich verstehe nicht, weshalb ich es noch einmal machen soll.«
    Im Vergleich zum Mädchen war Mur noch immer ein Hänfling, sagte Dura sich. »Weil es so falsch ist«, sagte er mit zorniger Stimme. »Du hast es schon wieder falsch gemacht! Und ich…«
    »Und ich wüßte nicht, weshalb ich mir noch länger dein Geschwätz anhören sollte, Oberströmler.«
    Toba legte dem Mädchen die Hand auf die Schulter. »Lea, Lea. So darfst du aber nicht mit unseren Freunden sprechen.«
    »Freunde?« Dann erging das Mädchen sich in einem eindrucksvollen Repertoire von Flüchen. Mit bleichem Gesicht wich Toba vor ihr zurück.
    Dura ergriff das Seil, das Gegenstand der Auseinandersetzung war. »Vielleicht hat Mur es dir nicht gesagt«, sagte sie ruhig. »Du mußt das Seil doppelt flechten, damit es belastbarer wird.« Sie zog daran, um die Reißfestigkeit zu demonstrieren.
    »Aber sein Ton…«
    »Dieses Seil ist gut geflochten.« Sie sah Lea an. »Ist das von dir?«
    »Ja, aber…«
    Dura lächelte. »Die meisten Menschlichen Wesen müssen dieses Handwerk jahrelang erlernen, und du beherrschst es fast aus dem Stand.«
    Lea, der durch dieses Lob der Wind aus den Segeln genommen worden war, bemühte sich sichtlich, ihre Wut am Kochen zu halten; sie schob sich das gefärbte Haar aus der Stirn.
    Dura gab ihr das Seil. »Ich werde später noch einmal vorbeischauen. Komm, Toba, machen wir eine Pause; ich möchte mir ansehen, wie Adda vorankommt.«
    Dura vermied es, sich noch einmal umzudrehen, doch sie erkannte auch so, daß Mur und Lea sich zusammenrauften und wieder an die Arbeit gingen.
    Die Entschärfung dieses kleinen Konflikts bescherte ihr ein Gefühl der Selbstzufriedenheit, zumal dieser Vorfall ein Beleg dafür war, daß die Menschlichen Wesen sich mit den Gegebenheiten am Pol arrangierten, und zwar besser als mancher ehemalige Bewohner von Parz. Eigentlich hatte Dura damit gerechnet, daß die Menschlichen Wesen nach ihrer Reise schockiert und enttäuscht gewesen wären, weil sie bei der Ankunft am Pol nichts außer einer expandierenden Trümmerwolke vorgefunden hatten. Statt
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