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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux
Autoren: Stephen Baxter
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Wurzeln der an der Unterseite der Kruste wachsenden Bäume versammelt hatten. Vielleicht handelte es sich um Rochen, eine Herde wilder Luft -Schweine oder andere Pflanzenfresser. Die Tiere waren zu weit entfernt, als daß Dura alle Einzelheiten hätte erkennen können, doch die Amphibien machten einen verwirrten Eindruck und wirbelten umeinander, wobei es immer wieder zu Zusammenstößen kam; fast glaubte sie, ihre Schreie zu hören.
    Weit unter ihr bildete das purpurne Quantenmeer den Boden der Welt. Das amorphe und tödliche Meer war von einer Dunstschicht überzogen. Das Meer selbst war von dem Störfall nicht betroffen worden, wie sie erleichtert feststellte. Bisher existierte in Duras Erinnerung nur ein einziger Störfall, der so gravierend gewesen war, um ein Seebeben auszulösen. Beim Gedanken an dieses schreckliche Ereignis zitterte sie wie das Magfeld; sie war wohl so alt wie Farr gewesen, als die Neutrino-Geysire ausgebrochen waren und die Hälfte der Menschlichen Wesen – einschließlich Phir, Duras Mutter und Logues erster Frau – in den geheimnisvollen Raum jenseits der Kruste gespült hatten.
    Die stahlblau glühenden Feldlinien umgaben sie wie ein Käfig. Die in einem Abstand von etwa zehn Mannhöhen verlaufenden Feldlinien füllten den Raum in einer hexagonalen Struktur aus; vom Ursprung weit oben – im Norden – legten sie sich wie die Flugbahnen riesiger Tieren um den Stern und vereinigten sich schließlich am pastellrot schimmernden Südpol, Millionen von Mannhöhen entfernt.
    Sie hielt die Hände vors Gesicht und versuchte, wie mit einem Sextanten die aktuellen Abstände und Struktur der Feldlinien zu bestimmen.
    Zwischen den Fingern sah sie das Lager, eine Insel quirligen Lebens – umherstreifende, ängstliche Luft -Schweine, geschäftige Menschen, das vibrierende Netz – inmitten der aufgewühlten Luftmassen. Farr mit seinem zappelnden Luft-Schwein glich einem Staubkorn, das an den unsichtbaren Feldlinien entlanggezogen wurde.
    Dura versuchte, die kleine, chaotische Bastion der Menschheit zu ignorieren und sich auf das Feld zu konzentrieren.
    Normalerweise war die Drift des Felds so gleichmäßig und berechenbar, daß die Menschen ihr Leben danach ausrichteten. Die in Richtung der Kruste wandernden Feldlinien wurden von zwei unterschiedlichen Schwingungen überlagert: spitze Amplituden, die einen Tag markierten und flachere, komplexere Oszillationen, anhand derer die Menschen die Monate zählten. In der Regel konnten die Menschen der Drift des Feldes leicht ausweichen; sie hatten immer reichlich Zeit, das Netz abzubauen und das Lager in einer anderen Ecke des leeren Himmels aufzuschlagen.
    Dura wußte sogar, wodurch die Schwingungen der Feldlinien verursacht wurden; nur daß dieses Wissen ihr nicht viel nützte: der Stern hatte nämlich einen Trabanten, der sich weit jenseits der Kruste befand – einen Planeten, eine Kugel wie der Stern, nur kleiner und leichter –, der über ihren Köpfen rotierte und mit unsichtbaren Fingern an den Feldlinien zupfte. Und jenseits dieses Planeten wiederum – der sinnlose Gedanke stahl sich wieder in ihr Bewußtsein –, jenseits dieses Planeten waren die Sterne der Ur-Menschen, unendlich weit entfernt und ihrem Blick für immer verborgen.
    Normalerweise waren sie im driftenden Feld so sicher wie in Abrahams Schoß; Menschen, Luft-Schweine und andere Lebewesen bewegten sich frei zwischen den Feldlinien, ohne daß sie irgendeiner Gefahr ausgesetzt gewesen wären…
    Aber nicht bei einem Störfall.
    Durch den aus den Fingern gebildeten Sextanten sah sie, daß die Struktur des Feldes durch die suprafluide Luft beeinflußt wurde, die danach strebte, sich an die veränderte Rotation des Sterns anzupassen. Instabilitäten – große, parallel verlaufende Wellenberge – wanderten bereits an den Feldlinien entlang und übertrugen die Nachricht vom erneuten Erwachen des Sterns vom geographischen Pol zum magnetischen Pol.
    Die von den Feldlinien emittierten Photonen rochen bitter. Ein Spin-Sturm war im Anzug.

    Dura hatte ihre Schlafstelle ungefähr fünfzig Mannhöhen vom Zentrum des Lagers der Menschlichen Wesen entfernt eingerichtet, an einer Stelle, wo das Magfeld besonders stark und sicher gewesen war. Nun schwamm sie auf das Netz zu. Durch die Bewegung wurde ein prickelnder Strom in ihrer Epidermis induziert, und sie hangelte sich wie an einer Leiter am unsichtbaren, elastischen Magfeld entlang. Wo sie nun den letzten Rest der Müdigkeit abgeschüttelt
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