Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
zerbrechliche, verletzliche Struktur über ihm und bot nicht mehr Schutz als eine Segeltuchplane bei seinem Sturz durch diese Raumzeit-Verwerfung; und er versuchte, die Fassung zu bewahren und angesichts des sich über ihm erstreckenden Himmels nicht den Kopf zwischen die Schultern zu stecken.
    »Warum hat er mir nichts gesagt?«
    Harrys Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Er wußte nicht, wie er es dir sagen sollte. Er wollte unbedingt vermeiden, dir Schmerzen zuzufügen – ich hoffe, du nimmst mir das ab. Aber der eigentliche Grund war der, daß es zwischen euch keinen einzigen Augenblick von Nähe und von… von Intimität… mehr gegeben hat, seit du zehn Jahre alt warst. Das ist der Grund.« Er blickte zu Michael hinunter. »Was hattest du denn erwartet? Er hat sich seinen Freunden zugewandt, Michael.«
    »Tut mir leid.«
    »Mir auch«, meinte Harry ernst. »Und er hat es auch bedauert. So war es eben.«
    »Das ist eben das Problem, wenn man so verdammt lang lebt«, philosophierte Michael. »Verunglückte Beziehungen dauern fürs Leben.« Er schüttelte den Kopf. »Aber trotzdem… ich hätte niemals auch nur davon gehört, wenn du nicht aufgetaucht wärst und mich zur Rückkehr aus der Oort-Wolke überredet hättest.«
    »Sie – das Multi-Regierungs-Komitee, das zur Untersuchung dieses Zwischenfalls eingesetzt worden ist – glaubten, daß meine Chancen, dich zu überreden, besser stehen würden, wenn du es nicht wüßtest; wenn ich dir Harrys Tod verschweigen würde.«
    Michael mußte fast lächeln. »Warum, zum Teufel, haben sie das angenommen?«
    »Was wissen Multi-Regierungs-Komitees denn schon über das Verhältnis zwischen Vätern und Söhnen?«
    Die Wand des Wurmlochs schien sich wie ein Schlund zu verengen. Noch immer leuchteten die blitzähnlichen Lichttupfer durch sie hindurch. »Ich glaube, daß es Zeit ist«, sagte Michael. »Kümmerst du dich um den Hyperantrieb?«
    »Klar. Ich schätze, daß du keinen Countdown brauchst… Michael. An dich ist eine Nachricht eingegangen.«
    »Wovon redest du? Wer, zum Teufel, könnte jetzt noch Kontakt mit mir aufnehmen?«
    »Es handelt sich um einen Vertreter der aufständischen Antikörper-Drohnen. Sie sind nicht unintelligent, Michael; irgendwie haben sie sich in einen Translator zugeschaltet. Sie wollen, daß ich sie mit dir sprechen lasse.«
    »Was wollen sie?«
    »Sie haben den Hyperantrieb umstellt. Die Drohnen betrachten ihn als… äh… eine Geisel.«
    »Und?«
    »Sie sind zu Friedensverhandlungen bereit. Der Harmonie zwischen den Völkern zuliebe. Aber sie haben eine lange Liste von Bedingungen.« Harry schaute zu Michael hinunter und runzelte die Stirn. »Willst du dir anhören, was sie zu sagen haben? Zuerst…«
    »Nein. Sag mir nur eins. Hast du noch die Kontrolle über den Hyperantrieb?«
    »Ja.«
    Michael spürte, wie seine Nackenmuskeln sich zum erstenmal seit Tagen wieder entspannten; eine friedvolle Stimmung ergriff von ihm Besitz. Er lachte. »Sag ihnen, daß sie sich ihre Liste sonstwohinstecken können.«
    Harrys Kopf blähte sich auf. Er lächelte, jung und zuversichtlich. »Ich glaube, daß es soweit ist. Auf Wiedersehen, Michael.«
    Der Hyperantrieb wurde angefahren. Das Spline-Kampfschiff wand sich in einem Krampf.
    Bannen aus blauweißem Licht strömten durch die bröckelnden Wände der Raumzeit; Michael konnte die Photonen fast spüren, wie sie durch die absurde Fragilität der Lebenskuppel drangen.
    Ein vergessener Winkel von Michaels Bewußtsein begann zu analysieren und sogar zu staunen. Er beobachtete, wie die titanischen Scherkräfte der verzerrten Raumzeit in Strahlungsenergie umgewandelt wurden, als das Wurmloch kollabierte. Der Schutzschirm der Lebenskuppel mußte jetzt jeden Moment zusammenbrechen; das Fleisch des Spline war sicher schon am Verdampfen. Die Kenntnis der Vorgänge half natürlich nur wenig – eine Entdeckung, die, wie Michael fand, etwas zu spät kam.
    Harrys Projektion implodierte schließlich unter dem Druck der überirdischen Helligkeit über der Kuppel.
    Vor der Crab schienen Stücke des Wurmlochs buchstäblich abzufallen. In der Raumzeit entstanden Risse wie sich verzweigende Tunnels, die sich in der Unendlichkeit verloren.
    Michael war sich nicht sicher, ob die Entwicklung überhaupt auf diese Art ablaufen sollte. Vielleicht verlief die Sache hier nicht so ganz nach Plan…
    Die Raumzeit erbebte. Michael schrie auf und preßte die Fäuste auf die Augen.

    Die Darstellung des Interface-Portals glitzerte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher