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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit
Autoren: Stephen Baxter
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Universum, bei Gott, es war ein großartiges Konzept gewesen. Die Vorstellung, daß finite, längst zu Staub zerfallene Menschen es wagen konnten, solche riesige Zeitspannen umfassende Projekte in Angriff zu nehmen…
    Er beendete sein Mahl und stellte den Teller vorsichtig auf dem Boden ab. Dann trank er ein Glas Wasser, ging in die Duschkabine und wusch sich in einem Sprühnebel heißen Wassers. Danach versuchte er, alle Sinne zu öffnen und jedes Wahrnehmungsfragment zu genießen. Für alles gab es ein letztes Mal, sogar für die profansten Erlebnisse.
    Er erwog, Musik zu hören und ein Buch zu lesen. Etwas, das zu der Situation gepaßt hätte.
    Die Lichter gingen aus. Sogar die vertrauten Lichtreflexe der Drohnen erloschen.
    Soviel zum Bücherlesen.
    Im trüben Licht der Sterne suchte er halb tastend den Weg zur Couch zurück.
    Es alterte; er stellte sich vor, wie die Wärme der Lebenskuppel in die gewaltige Wärmesenke des schwarzen, alten Himmels entwich. Was würde ihn zuerst erwischen? – die Kälte oder der Sauerstoffentzug?
    Er fürchtete sich nicht. Auf eine seltsame Art fühlte er sich wie neugeboren: jung, zum erstenmal seit einem Relativjahrhundert schien der Druck der Zeit nicht mehr auf ihm zu lasten.
    Vielleicht fand er diesen Frieden des Todes, die Bereitschaft, die Sorgen eines zu langen Lebens abzustreifen, welche sein Vater schon vor ihm entdeckt hatte. Und schließlich überkam ihn die Zufriedenheit, daß er lange genug gelebt hatte, um so viel gesehen zu haben.
    Er verschränkte die Arme vor der Brust. Er begann zu zittern, und die Luft stach ihm scharf in die Nase. Er schloß die Augen.

    Etwas wie Neugier, ein Funke seines Bewußtseins, bewegte das Anti-Xeelee.
    Da war ein Artefakt.
    Wie war dieses sich abkühlende Wrack hierher gelangt, zu diesem Ort und dieser Zeit?
    Und es war etwas in seinem Innern. Ein einzelnes, wie eine Kerze flackerndes Bewußtsein…
    Das Anti-Xeelee holte aus.

    Ein Schiff, ein anderes Schiff, hing über der Lebenskuppel.
    Der sterbende Michael starrte es mit einem Gefühl des Wunders an.
    Es sah wie eine pechschwarze Platane aus. Kein Licht war in der kleinen walzenförmigen Hülle zu sehen. Nachtschwarze Schwingen, die eine Spannweite von mehreren hundert Meilen haben mußten, wölbten sich sachte kräuselnd über dem Wrack der Crab.
    Die Freunde von Wigner hatten Michael schon von Schiffen wie diesem berichtet. Es war ein Night-fighter, dessen Tragflächen Schichten-Diskontinuitäten in der Struktur der Raumzeit darstellten.
    Xeelee.

    Die Kälte grub sich wie Klauen in seine Brust; die Halsmuskeln verkrampften sich abrupt, und dunkle Wolken kreisten sein Blickfeld ein.
    Nicht jetzt, flehte er still, wobei sein brechender Blick auf das Xeelee-Schiff geheftet war. Seine ganze elegische Gottergebenheit war schlagartig verschwunden. Nur noch ein bißchen mehr Zeit. Ich muß wissen, was das bedeutet. Bitte…

    Das Anti-Xeelee drückte die verwehende Flamme der Kerze aus.
    Die letzte Wärme entwich aus dem zerstörten Schiff; die Luft in der transparenten Kuppel legte sich vereisend über die Kommunikationspulte, die Couches, die Bordküche und den leblosen Körper.
    Das Anti-Xeelee erstickte die Flamme, fast amüsiert von ihrer winzigen Angst, dem Gefühl des Wunders und der hilflosen Sehnsucht, zu überleben.
    Die Flamme verging in einem Netz aus Quantenfunktionen, akausal und nonlokal.

    Michael war – körperlos; es war, als ob das Juwel des Bewußtseins, das hinter seinen Augen gelegen hatte, aus dem Körper gerissen und in den Weltraum geschleudert worden wäre.
    Es gab nicht einmal mehr einen Herzschlag, den er hätte zählen können.
    Aber er spürte, daß da etwas hier bei ihm war: irgendeine – Entität. Es war wie ein großes Dach, unter dem er insektengleich schwebte und summte. Er spürte eine große, zufriedene Müdigkeit, die Zufriedenheit eines Reisenden am Ende einer langen und schwierigen Straße. Für eine lange Zeit blieb er in dem schützenden Glühen dieses Daches.
    Dann begann es sich aufzulösen.
    Michael wollte aufschreien, wie ein kleines Kind, das seine Eltern sucht. Er fühlte sich völlig zerschlagen. Es war, als ob ein Gletscher aus Erinnerungen und Emotionen kalbte und Hunderte von Eisbergen um ihn herum gebar; und jetzt zerplatzten diese Eisberge ihrerseits in Trümmer, die mit der Oberfläche eines wie wartend daliegenden Meeres verschmolzen…
    Und er war allein.

    Es war unmöglich, die Zeit zu messen, außer durch die langsame
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