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Wunder

Wunder

Titel: Wunder
Autoren: R.J. Palacio
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»Au-ggie! Au-ggie! Au-ggie!« Ich schaute zurück und sah, dass Jack mit der Faust in der Luft diesen Chor anführte, grinste und mir ein Zeichen gab, dass ich weitergehen sollte, und ich hörte, wie Amos durch seine Hände rief: »Wuu-huu, kleiner Mann!«
    Dann fiel mir auf, wie Summer lächelte, als ich an ihrer Reihe vorbeikam. Und als sie sah, dass ich sie anschaute, hob sie heimlich den Daumen und sagte unhörbar »ultracool« zu mir. Ich lachte und schüttelte den Kopf, als könne ich es nicht glauben. Ich konnte es auch nicht glauben.
    Ich glaube, ich lächelte. Vielleicht strahlte ich sogar, ich weiß es nicht. Als ich den Mittelgang entlang zur Bühne ging, sah ich nur noch eine verschwommene Masse aus glücklichen Gesichtern, die mich anschauten, und Hände, die für mich applaudierten. Und ich hörte, wie die Leute mir Sachen zuriefen wie: »Das hast du verdient, Auggie!, »Gut so, Auggie!« Ich sah alle meine Lehrer auf ihren Plätzen, Mr. Browne und Miss Petosa und Mr. Roche und Mrs. Atanabi und Schwester Molly und all die anderen: Und sie jubelten mir zu, johlten und pfiffen.
    Ich hatte das Gefühl, ich würde schweben. Es war so verrückt. Als würde mir die Sonne direkt ins Gesicht scheinen und mir der Wind entgegenwehen. Als ich näher zur Bühne kam, sah ich, wie Miss Rubin mir von der ersten Reihe aus zuwinkte, und direkt neben ihr saß Mrs. G., die hemmungslos heulte – ein glückliches Heulen – und dabei die ganze Zeit lächelte und klatschte. Und als ich die Treppe zur Bühne hinaufging, passierte das Erstaunlichste: Alle standen auf. Nicht nur die ersten Reihen, sondern das ganze Publikum erhob sich plötzlich von den Sitzen, jubelte und klatschte wie verrückt. Es waren Standing Ovations. Für mich.
    Ich ging über die Bühne zu Mr. Pomann, der mit beiden Händen meine Hand schüttelte und mir ins Ohr flüsterte: »Gut gemacht, Auggie.« Dann legte er mir die Goldmedaille um den Hals, so wie das bei den Olympischen Spielen gemacht wird, und drehte mich Richtung Publikum. Ich kam mir vor, als würde ich mich selbst in einem Film sehen, beinahe, als wäre ich jemand anders. Es war wie in der Schlussszene von Star Wars Episode IV: Eine neue Hoffnung , wenn Luke Skywalker, Han Solo und Chewbacca zugejubelt wird, weil sie den Todesstern zerstört haben. Ich konnte fast die Star-Wars- Titelmusik in meinem Kopf hören, als ich dort oben auf der Bühne stand.
    Ich wusste eigentlich nicht einmal, warum ich diese Medaille bekam.
    Nein, das stimmt nicht. Ich wusste, warum.
    Es gibt ja Leute, die man manchmal sieht und von denen man sich nicht vorstellen kann, wie es sein muss, sie zu sein, jemand, der im Rollstuhl sitzt zum Beispiel, oder jemand, der nicht sprechen kann. Ich weiß: Für andere Leute bin ich eben dieser Mensch, vielleicht sogar für jeden Einzelnen in der ganzen Aula.
    Für mich bin ich bloß ich. Ein normaler Junge.
    Aber, hey, wenn sie mir eine Medaille dafür geben wollen, dass ich einfach ich bin, ist das okay. Ich nehm sie. Ich hab keinen Todesstern zerstört oder so was, ich hab’s bloß durch die fünfte Klasse geschafft. Und das ist nicht leicht, selbst wenn man nicht zufällig August Pullman ist.

Fotos
     
    Anschließend gab es unter einem riesigen weißen Zelt hinter der Schule einen Empfang für die Fünft- und Sechstklässler. Alle Kinder liefen zu ihren Eltern, und mir machte es überhaupt nichts aus, als Mom und Dad mich wie verrückt umarmten oder Via ihre Arme um mich legte und mich bestimmt zwanzig Mal hin und her schwenkte. Dann drückten mich Poppa und Tata und Tante Kate und Onkel Porter und Onkel Ben – und alle hatten irgendwie glitzernde Augen und feuchte Wangen. Aber Miranda war am lustigsten: Sie weinte mehr als alle anderen und drückte mich so fest an sich, dass Via sie mit Gewalt von mir loseisen musste, was beide zum Lachen brachte.
    Alle fingen an, Fotos von mir zu machen, und dann stellte Dad mich, Summer und Jack zu einem Gruppenfoto auf. Wir legten uns die Arme um die Schultern und, soweit ich mich erinnern kann, dachte ich zum ersten Mal kein bisschen an mein Gesicht. Ich lächelte bloß ein dickes, fettes, glückliches Lächeln in all die verschiedenen Kameras, die auf mich gerichtet waren. Blitz, Blitz, Klick, Klick : Ich lächelte, als die Eltern von Jack und Summers Mom auf den Auslöser drückten. Dann kamen Reid und Maya herüber. Blitz, Blitz, Klick, Klick. Und dann tauchte Charlotte auf und fragte, ob sie ein Foto mit uns machen könne, und
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